SV Pullach:Sorglos in den Winterschlaf

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Maximilian Siebald (re.) trifft gekonnt zum 2:1, letztlich triumphiert der SV Pullach mit Henri Koudossou. (Foto: Claus Schunk)

Frank Schmöllers enorm ersatzgeschwächtes Team gewinnt ein wildes Derby gegen Ismaning nach 1:2-Rückstand mit 4:3. Das geplante Kaffeetrinken mit FCI-Coach Mijo Stijepic muss jedoch ausfallen.

Von Matthias Schmid, Pullach

Mijo Stijepic schaute nicht nach rechts, als er die Treppen aus dem Souterrain des Pullacher Klubhauses hinaufeilte, er übersah also Frank Schmöller, der vor dem Wassertrog stand und zum Spiel referierte. "Mijo", rief Schmöller, der Trainer des SV Pullach, sie kennen sich schon lange, Schmöller hat Stijepic, 39, einst beim FC Ismaning trainiert, dessen Cheftrainer nun der Kroate ist. Sie sind Freunde, ehemalige Stürmer, sie verbindet vieles. "Wollen wir gleich noch einen Kaffee trinken gehen, bevor du gehst", fragte Schmöller. Stijepic schüttelte sein Haupt und entgegnete: "Wir haben noch Weihnachtsfeier und nimm' du lieber ab." Schlagfertig wie Schmöller ist, antwortete der 52-Jährige prompt: "Du weißt doch, Schraubbohrer brauchen einen dicken Akku."

Schmöller war mal wieder in Bestform, er ist ein eloquenter Mensch, der die Dinge gerne auch direkt und ehrlich auf den Punkt bringt. Am Samstagnachmittag, nach dem Bayernligaspiel gegen Ismaning, war er besonders gut drauf, seine Mannschaft, die auf etliche Stammspieler verzichten musste, hatte eine am Ende wilde und spektakuläre Partie mit 4:3 (1:0) gewonnen. "Das Spiel hatte Rasse und Emotionen", fand Schmöller, "das war beste Werbung für den Amateurfußball."

Seinen jungen Spielern hatte er mitgegeben, dass sie mutig spielen sollten. "Wir wollten 90 Minuten rennen und flitzen und lieber mit wehenden Fahnen untergehen, als uns hinten reinzustellen", hob Schmöller hervor. Die Spieler hatten dem früheren Bundesligaprofi vom Hamburger SV gut zugehört, sie rannten und flitzten und vergaßen dabei vor lauter Atemlosigkeit sogar den Sinn des Spiels nicht: Schon nach 28 Sekunden hatte Marko Tomicic das erste Mal aufs Tor geschossen. "Wir hätten in der ersten Hälfte zwei, drei Tore machen müssen", sagte Schmöller, doch tatsächlich reichte es nur zu einem Treffer, Alexander Jobst hatte in der Nachspielzeit nach einer Ecke die Führung geköpfelt. "Wir haben eine sehr gute erste Halbzeit gezeigt", schwärmte Schmöller, "weil wir auch Fußball gespielt haben."

Nach der Pause aber verließ seine Mannschaft die Courage, außerdem neigte sie plötzlich zur Sorglosigkeit. Ismaning merkte das und spielte schneller, direkter als noch in der ersten Hälfte. Nach einem feinen Solo glich Hugo da Silva Lopes zum 1:1 aus (53.). Knapp eine Viertelstunde später sah Stijepic, wie sein Kapitän Maximilian Siebald fast in Arjen-Robben-Manier am Strafraum entlang lief, dribbelte, zögerte und schließlich ins lange Eck zur 2:1-Führung schlenzte. "Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie lebt", stellte Stijepic fest, aber sie würde nicht gegen den Abstieg spielen, wenn sie nicht mit grotesken Fehlern den Gegner immer wieder zurück ins Spiel bringen würde. Der bis dahin gute Ismaninger Torhüter Sebastian Fritz ließ eine Flanke durch seine Hände rutschen, sodass der Ball vor Simon Rauscheder landete, er zögerte zunächst, bevor er den Ball ins leere Tor schob, weil er sein Glück kaum fassen konnte (78). "Ärgerlich", fand Stijepic den Ausgleich, ob der Aktion ein Foulspiel vorausging, wie Fritz monierte, wollte er nicht kommentieren.

Er musste dann noch mitansehen, wie der gerade erst eingewechselte Max Zander zwei Tore innerhalb von nur zwei Minuten köpfelte (83./85.). Schmöller war nicht nur von der Entstehung, sondern auch vom Torschützen angetan. "Ein tolles Comeback", urteilte er. Zander hatte zweieinhalb Monate wegen eines Innenbandanrisses im Knie pausieren müssen. "Das hätte nicht besser für mich laufen können", sagte der Stürmer. Das 3:4 durch Angelo Hauk (87.) kam für Ismaning zu spät. Während für Stijepic und seine Spieler nun bereits die Winterpause beginnt, würde Zander gerne noch weiterspielen. Allerdings steht für Pullach nur noch ein Spiel in diesem Jahr an, am 1. Dezember gegen Hankofen. Stijepic hofft, dass er seine Mannschaft so präparieren kann, damit sie gut genug für den Klassenverbleib ist, "wenn ich nicht daran glauben würde, könnte ich das Licht ausmachen und gehen", sagte er.

Dieses Bonmot hätte auch von seinem Lehrmeister Schmöller stammen können. Der hatte dann irgendwann keine Lust mehr, über das Spiel zu reden, viel lieber sprach er stattdessen über den offenen Brief des Fußball-Kreisvorsitzenden Bernhard Slawinski ("Pullach bringt sich kaum oder nur wenig in die Fußballfamilie ein"). Es war die Antwort auf die Pullacher Kritik in der SZ ("Ungleichbehandlung") am Bayerischen Fußball-Verband, weil der BFV dem Bayernliga-Tabellenführer Türkgücü eine Ausweichstätte für den Fall des Regionalligaaufstiegs in Aussicht stellt, die den Pullachern 2017 nach deren Meistertitel verweigert worden war. "Wenn man so viel Zeit hat, darauf zu antworten, zeigt das ja, dass wir einen Nerv getroffen haben", sagte Schmöller im ruhigen Tonfall, um dann hinzuzufügen: "Ich kann das nicht ernst nehmen."

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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