SpVgg Unterhaching:Meister in der Warteschleife

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"Wenn man mich bringt, dann scheppert's halt auch mal": Vitalij Lux (re.) feiert mit Dominic Reisner seinen ersten Saisontreffer. (Foto: imago/foto2press)

Die Elf von Claus Schromm hat sich vorzeitig die Meisterschaft gesichert: Das 2:1 gegen Memmingen gibt vor allem Zuversicht für die Aufstiegsspiele.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Plötzlich hatte Ulrich Taffertshofer ein unverhofftes Luxusproblem. "Mein Bruder wird heute 30, und wir haben die fette Party daheim auf dem Hof." Aber ja, klar, er könne ja vorher noch anrufen und fragen, ob er vielleicht die ganze Mannschaft mitbringen darf.

Seine Mannschaft, die SpVgg Unterhaching, hatte ja ebenfalls einen triftigen Grund für eine fette Party, vorsichtshalber fing sie damit gleich nach Schlusspfiff auf dem Rasen an. "So seh'n Sieger aus", schallte es aus den Boxen. Trainer Claus Schromm lief lachend und mit erhobenen Armen auf die Fans zu. Wenig später in der Kabine gab er dem Team dann auch noch den ultimativen Freifahrtschein für nächtliche Unternehmungen: "Ich habe ihnen morgen frei gegeben. Wer Meister wird, bekommt frei." Die Hachinger hatten überraschende Schützenhilfe vom Tabellenletzten Bayern Hof bekommen, der 1860 München II 2:0 besiegte. Dass die SpVgg auch kommende Saison wieder im DFB-Pokal vertreten sein würde, war indes schon vorher klar: Die so genannte Amateurmeisterschaft hatte sie bereits eingefahren, weil die Verfolger bis zu Platz vier allesamt nicht berechtigte Zweitvertretungen sind.

Den Brief vom DFB zum Thema Lizenzauflagen habe er noch gar nicht geöffnet, sagt Schwabl

Dass der Moment der rechnerischen Gewissheit irgendwann kommen würde, war lange klar gewesen. Schromm freute sich nun vor allem darüber, dass seine Mannschaft die Regionalliga-Meisterschaft in einem Heimspiel gesichert hatte - es warten nun drei Auswärtsspiele in Serie. Außerdem sagte ihm die "Art und Weise" zu. Die Mannschaft hatte das Spitzenteam FC Memmingen dominiert und dann, aus Feiersicht zum psychologisch perfekten Zeitpunkt, das Siegtor geschossen: in der Nachspielzeit. Sascha Bigalke schickte einen weiten Ball auf den zehn Minuten zuvor eingewechselten Vitalij Lux, der zog direkt ab und traf unter dem hechtenden Gästekeeper Martin Gruber hindurch zum 2:1 (0:1)-Endstand. "Es gibt nichts Besseres als die Mannschaft, den Verein zur Meisterschaft zu schießen", freute er sich, nachdem er mit dem Mikrofon des Stadionsprechers auf dem Zaun gestanden hatte.

Lux hatte nicht nur die Meisterschaft gesichert, sondern auch ein kleines bisschen Extra-Zuversicht ausgelöst mit Blick auf die eine, große, verbleibende Aufgabe: die Aufstiegsspiele. "Wenn ich mir einen hätte aussuchen dürfen, dann wäre es Vitalij gewesen", sagte Schromm über dieses entscheidende Tor. Dass auf den Startelf-Stürmer Stephan Hain Verlass ist, bewies dieser auch diesmal. Er war an zahlreichen guten Offensivaktionen beteiligt und erzielte in der 51. Minute auch den 1:1-Ausgleich per Foulelfmeter, den er selbst herausgeholt hatte. Es war sein 29. Saisontreffer. Für Lux hingegen war es der erste gewesen. Damit habe Lux signalisiert: "Wenn man mich bringt, dann scheppert's halt auch mal. Das ist schön", fand der Trainer.

Memmingen hatte es den Hachingern zunächst nicht leicht gemacht. Die Allgäuer treffen am Dienstag im Totopokal-Halbfinale auf den FC Schweinfurt, der Sieger des Wettbewerbs spielt wie Unterhaching im DFB-Pokal. Also schonten sich die Gäste, indem sie gegen den Meister nur sporadisches Angriffspressing zeigten, meist aber mit einer Vierer- und einer vorgelagerten Fünferkette den Strafraum abschirmte. Obendrein ging das Team durch einen schlauen Angriff über die rechte Seite früh in Führung: Furkan Kircicek traf mit einem Schuss aus dem Rückraum (6.). Es dauerte eine halbe Stunde, bis Haching zu Chancen kam; doch mit zunehmender Spieldauer wurde die Überlegenheit erdrückend. Pech hatte vor allem der später ausgewechselte Markus Einsiedler, der mehrere Male aus guter Position vergab.

Die Einwechselspieler Jim-Patrick Müller und Dominic Reisner zeigten, dass sie zusätzliche Impulse geben können - vor allem aber eben Lux. Er müsse seine Rolle als Edeljoker akzeptieren, sagte der Regionalliga-Torschützenkönig von 2014, "die da vorne treffen ja ohne Ende". Da müsse man eben seine Chancen nutzen.

Auch Präsident Schwabl freute sich über Lux' Auftritt zur richtigen Zeit. "Da kommst du mit elf Spielern nicht durch, da brauchst du 16, 17", sagte er mit Blick auf die Aufstiegsspiele, die in den vergangenen Jahren stets denkbar knapp entschieden wurden. Mittlerweile scheint es fast sicher, dass der Gegner aus der Südwest-Liga Mannheim oder Elversberg heißen wird: Letzteres schlug am Wochenende den Tabellendritten Saarbrücken.

Schwabl zeigte sich übrigens von der Meisterschaft vergleichsweise unbeeindruckt. "Ich freue mich für die Mannschaft und für alle, die immer im Stadion waren. Aber für mich ist das: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel." Die Relegation wird fraglos schwer. Ob seine Sorge vielleicht auch mit dem Brief des Deutschen Fußball-Bundes zu tun hat, der nun bei der SpVgg eingetroffen ist und in dem steht, welche Auflagen der Verein für die dritte Liga erfüllen muss? Schwabl verneinte. Er habe das Kuvert noch gar nicht geöffnet, sagte er. Wohl sehr bald wird er Bescheid geben, inwiefern sich der Inhalt des Schreibens auf die weitere Stimmung niederschlägt.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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