SpVgg Unterhaching:Der übersehene Strohhalm

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Die SpVgg Unterhaching verschiebt mit einem 1:0-Erfolg gegen Preußen Münster die Abstiegsfrage um eine Woche. Zwar verpasst es die Mannschaft, ihre Ausgangslage noch um einige Tore zu verbessern, aber immerhin hat sich ein bisher ungeahntes Rettungsszenario ergeben

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Am vorvergangenen Wochenende, nach dem kläglichen 1:5 in Dresden, war Claus Schromm von den Dynamo-Fans noch etwas gefragt worden: Wie seine Mannschaft denn mental so drauf sei. "Ganz gut, warum?", fragte Schromm zurück. Darauf bekam er zu hören, dass man sich in Dresden sehr auf den letzten Spieltag freue. Da kommt nämlich Hansa Rostock. "Sie haben gesagt, die würden sie sehr gerne aus der Liga schießen", berichtet Schromm. Eine Woche später wurde für Schromm aus einer Ahnung, nämlich dass sein Team am letzten Spieltag dieser Drittliga-Saison Rostock noch überholen könnte, tatsächlich ein Strohhalm.

So kam es, dass der Trainer der SpVgg Unterhaching am Samstag gleich zweimal die Fäuste ballte. Einmal unmittelbar nach Abpfiff - immerhin hatte sein Team 1:0 (1:0) gegen Preußen Münster gewonnen, die Mannschaft ist also noch nicht abgestiegen. Eine Minute später dann, beim Blick auf die anderen Resultate, wirkte seine Freude zunächst unangebracht. Denn der FSV Mainz 05 II, den man ja einholen wollte, hatte ebenfalls gewonnen. Es war Präsident Manfred Schwabl, der die allgemeine Gefühlslage auf den Punkt brachte: "Ganz ehrlich, auf Rostock hatte ich überhaupt nicht mehr geschaut." Nur Schromm hatte das, trotz fünf Punkten Abstand. Und Schwabl schuldete dem Rostock-Besieger Energie Cottbus auch noch eine "Kiste Weißwürste", so zumindest wurde es in einer SMS gefordert. Ohne den eigenen Sieg gegen Münster hätte der Absturz in den Amateurfußball freilich festgestanden. Um diesen zu verhindern, wählte die Mannschaft eine Spielweise, die ein Grübeln über die aktuelle Situation unmöglich machte: "Da gibt's nur eins: Vollgas. Ab der ersten Minute", sagte Abwehrspieler Thomas Hagn, der auf der linken Seite überaus betriebsam agierte.

Einmal enteilt Dominik Widemann der Münsteraner Verteidigung und erzielt das entscheidende Tor - er ist einer von drei 18-Jährigen in Hachings Startelf. (Foto: Claus Schunk)

Die Startformation enthielt einige Überraschungen. Der 18-jährige Andreas Volk zum Beispiel kam ausgerechnet zum Höhepunkt des Abstiegskampfes zu seinem ersten Saisoneinsatz in der dritten Liga. "Das war gar nicht so mutig", behauptete Trainer Schromm. Er habe schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt, Volk einzusetzen. Jetzt war es notwendig geworden, weil Josef Welzmüller aufgrund der Erkrankung von Markus Schwabl erneut als Rechtsverteidiger ran musste - Volk spielte in der Innenverteidigung. Fast noch überraschender war, dass Yannik Öttl, ebenfalls 18 und ebenfalls ein Neuling, im Tor stand. Das war allerdings nicht geplant gewesen: Stammkeeper Felix Ruml war am Vormittag zwischen Candidtunnel und McGraw-Graben in den Stau geraten und hatte sich so zum vereinbarten Treffpunkt verspätet. Hätte Öttl sich in diesem wichtigen Spiel einen Fehler geleistet, er wäre wohl auch Ruml angelastet worden. Öttl zeigte jedoch eine gute Parade (61.) und bekam ansonsten nicht allzu viel zu tun, er strahlte Selbstvertrauen aus und war bei einigen Aktionen gedankenschnell.

Der dritte 18-Jährige auf dem Platz, Dominik Widemann, erzielte indes mit seinem achten Saisontreffer das entscheidende Tor (23.), er war von Alon Abelski mit einem Steilpass sehenswert bedient worden. Eigentlich war Schromms Fleiß-Taktik damit aufgegangen. Münster, mit dem ehemaligen Unterhachinger Verteidiger Thorsten Schulz in der Startelf, hat außer ein paar vergraulten Fans zum Saisonende nichts mehr zu befürchten und hatte deshalb auch wenig Lust, intensiv in die Zweikämpfe zu gehen. Das Problem war nur, dass Haching beste Chancen liegen ließ und so das Spiel spannend hielt. Schromm merkte später an, dass im Torabschluss oft die Kraft fehlte. "Da haben wir fünf, sechs Chancen liegen lassen. Das wäre auch für das Torverhältnis nicht so schlecht gewesen", bedauerte der Trainer.

Erleichterung ja, Jubel noch nicht: Hachings Präsident Manfred Schwabl ist die Anspannung nach dem Sieg gegen Münster deutlich anzusehen. (Foto: Claus Schunk)

Auf jeden Fall wird es jetzt noch einmal spannend werden: Auf Mainz fehlen vor dem letzten Spieltag weiterhin zwei Punkte sowie im Torverhältnis sechs Treffer. Sollte Rostock in Dresden Unentschieden spielen, benötigt Haching in Erfurt einen Sieg mit zwei Toren Unterschied. In mehreren Szenarien hätten die beiden Teams sogar das exakt gleiche Torverhältnis. Den dann heranzuziehenden direkten Vergleich hätte Haching gewonnen. Knapper könnte man die Liga nicht mehr halten.

© SZ vom 18.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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