SpVgg Unterhaching:821 Minuten

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Jim-Patrick Müller beendet die beinahe unheimliche Hachinger Torlosserie. Dennoch kommt die Elf von Claus Schromm gegen Fortuna Köln über ein 1:1 nicht hinaus.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Er hätte sich darüber auslassen können, dass diese schreckliche Torlosserie endlich beendet werden konnte. Auch eine Analyse der Situation im Drittliga-Abstiegskampf hätte ein Thema sein können, doch Trainer Claus Schromm zog es in der Pressekonferenz nach dem 1:1 seiner SpVgg Unterhaching bei Fortuna Köln vor, eine persönliche Sache anzusprechen, weil diese ihm offenbar gewaltig auf den Nägeln brannte: "Ich bin seit über 100 Drittligaspielen Trainer, aber ich bin noch nie von einem gegnerischen Trainer so schlecht und ohne Anstand begrüßt worden wie von dir", sagte er und wandte sich an den Kölner Coach Tomasz Kaczmarek. "Dahingehend wünsche ich dir gute Besserung", so Schromm.

"Das Tor gleicht schon einer Erlösung", sagt Müller. Es werde dem Team Selbstvertrauen geben

Es war der finale Misston in einer Partie, die zum großen Befreiungsschlag hätte werden können für das leidgeprüfte Team aus dem Münchner Vorort. Und doch blieb den Rot-Blauen nach einer vor allem in der zweiten Halbzeit starken Leistung nur ein mageres Pünktchen im zähen Kampf um den vorzeitigen Klassenerhalt. "Klar wäre ein Sieg für uns Gold wert gewesen, so müssen wir mit dem 1:1 leben. Aber das können wir immerhin besser als Fortuna Köln", sagte der Unterhachinger Trainer und spielte damit darauf an, dass zumindest der Vier-Punkte-Abstand zu den Rheinländern und damit auch zu den Abstiegsplätzen gewahrt blieb. Und doch ist sein Team nach mittlerweile neun sieglosen Spielen immer noch nicht gerettet, ein Sieg am kommenden Sonntag (13 Uhr) im Heimspiel gegen Carl Zeiss Jena würde allerdings alle Sorgen und Rechenspiele beenden.

Dass es in Köln nicht schon zum großen Befreiungsschlag reichte, war angesichts der Dominanz der SpVgg im zweiten Durchgang kaum nachzuvollziehen. "Wir müssen einfach den Deckel draufmachen, lassen im letzten Drittel viel zu viel liegen", bilanzierte der Hachinger Übungsleiter. Schon im Hinspiel war die Schromm-Elf klar besser gewesen, Endergebnis damals: 6:0. Doch nach der wochenlangen Talfahrt und wegen der noch immer komplizierten Personalsituation - neben Marc Endres, Dominik Stahl und Stephan Hain fällt nun auch noch Sascha Bigalke wegen Wadenproblemen aus - ist das Selbstvertrauen sichtlich angeknackst.

Zwei Trainer im Tunnel: Hachings Claus Schromm warf seinem Kölner Pendant mangelnden Anstand vor. (Foto: Herbert Bucco/imago)

Beim Rückspiel in Köln geriet Haching mit der ersten Chance des Gegners in Rückstand: Nachdem drei Kopfballduelle in Folge verloren gegangen waren, fiel die Kugel Fortuna-Angreifer Hamdi Dahmani auf den Fuß, der aus 25 Metern volley über Torwart Lukas Königshofer hinweg ins Netz traf (16.). Nur drei Minuten zuvor hatte Verteidiger Alexander Winkler aus mehr als 40 Metern versucht, Kölns Torwart Nikolai Rehnen mit einem Heber zu düpieren, doch dieser klaubte den Ball gerade noch aus dem Winkel. "Wir sind gut reingekommen, hatten das Spiel gut im Griff. Dann kriegen wir in meinen Augen aus dem Nichts das 0:1", sagte Schromm, der am Ostersonntag seinen 50. Geburtstag feierte. "Das war für die Jungs bitter, vor allem wenn man sieht, was uns die letzten Wochen alles widerfahren ist."

Und es hätte noch übler kommen können: Nach einem Eckball zielte der frühere Ingolstädter Moritz Hartmann knapp vorbei, kurz danach bewahrte Königshofer die Gäste mit einem starken Fußreflex gegen Dahmani vor dem 0:2 (27.). "Luki hält uns im Spiel, wenn wir da das Tor kriegen, wird es richtig schwer", sagte Schromm. Doch dann kam seine Mannschaft mit Nachdruck zurück ins Spiel - und beendete endlich die fast schon unheimliche Torflaute: Markus Schwabl und Lucas Hufnagel jagten Kölns Abu Hanna an der Außenlinie den Ball ab, Hufnagels Flanke lenkte Steven Ruprecht unfreiwillig ab, der Ball fiel direkt vor die Füße von Jim-Patrick Müller, dessen Abschluss unhaltbar im linken Eck einschlug - das erste Tor der SpVgg nach 821 Minuten, womit die längste Serie ohne Torerfolg in Liga drei beendet war. "Das Tor gleicht schon einer Erlösung und wird uns als Mannschaft Selbstvertrauen geben", sagte Torschütze Müller, der seine Rolle als Retter in den jüngsten Unterhachinger Passionsspielen sichtlich genoss: "Ich bin natürlich auch froh, dass ich wieder getroffen habe."

Alles gut? Am Montag sicher nicht mehr, da wurde Kölns Trainer Kaczmarek entlassen

Und doch blieb ein leicht fahler Nachgeschmack, weil es den Hachingern gegen die nach der Pause stark nachlassenden Kölner nicht gelang, den zweiten Treffer zu erzielen. Nach Vorarbeit von Müller schoss Christoph Greger am Pfosten vorbei (52.), auch Max Dombrowka verfehlte einmal den Kasten, sein zweiter Versuch wurde von Torwart Rehnen entschärft. Einen Kopfball von Winkler schlug Ruprecht kurz vor der Torlinie weg (61.), schließlich setzte Maximilian Krauß einen Schuss völlig freistehend drüber - er hatte sich wohl im Abseits gewähnt.

Ab in die Oberpfalz: Jim-Patrick Müller hat seinen Vertrag mit der SpVgg Unterhaching aufgelöst und geht zur DJK Vilzing. (Foto: Manfred Heyne/foto2press/Imago)

Und so saßen anschließend zwei Trainer in der Pressekonferenz, die beide nicht wirklich zufrieden wirkten. Die eingangs geschilderte Kontroverse passte also irgendwie doch ins Bild. Er begrüße Gäste immer freundlich, versicherte Schromm. "Aber wir gehen uns hier in einem zehn Meter langen Tunnel entgegen. Kein Wort, kein Nix." Kaczmarek ließ sich nicht aus der Reserve locken: "Ich habe dem Kollegen vor dem Spiel die Hand gegeben. Also alles gut." Für ihn selbst war schon am Montag nichts mehr gut. Der Fortuna-Coach wurde nach der schwachen Leistung seiner Elf entlassen.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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