Sportschießen:Mäßig fokussiert

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Vor dem Ausstieg aus der ersten Liga verpassen die Pistolenschützen der HSG die sicher geglaubte Finalteilnahme

Von Julian Ignatowitsch, München

So einiges hat an diesem Wochenende bei der HSG München nicht gestimmt. Als die Spitzenschützin Antoaneta Boneva dann plötzlich mehrere Zentimeter von der schwarzen Zehn entfernt traf, war endgültig klar, dass das ganze Unterfangen gründlich schief gegangen war. Erstmals nach vier Jahren haben die Luftpistolen-Schützen der HSG das Finalturnier verpasst. "Das ist sehr frustrierend", sagte Schützenmeister Helmut Fischer.

Denn eigentlich waren die Münchner als klarer Favorit in die beiden abschließenden Wettkämpfe der Hauptrunde gegangen: Schon gegen Absteiger Ötlingen (3:2) tat sich die Mannschaft allerdings schwerer als erwartet. Benjamin Munkhart (367 Ringe) schoss sein schlechtestes Ergebnis dieser Saison, auch die topgesetzten Boneva (379) und Arben Kucana (376) blieben unter ihrem normalen Schnitt. Es ging trotzdem erst mal gut. Am Sonntag gegen Altheim Waldhausen (2:3) war das Glück dann aber aufgebraucht. Bei der Nummer eins Boneva lief plötzlich gar nichts mehr. Ihre Waffe hatte einen technischen Defekt. Zuerst überlegten Trainer Detlef Polter und seine Schützin noch, die Waffe zu wechseln. Aber das ist für einen Schützen eine empfindliche Sache. Schließlich dachten alle, das Problem sei behoben, und Boneva trat mit der üblichen Pistole an. Um dann im vierten Durchgang ohne Kontrolle nur noch tiefe Ringzahlen zu schießen. Sie verlor ihr Duell deutlich mit 371 zu 384 Ringen, genauso wie Kucana (371:374) und Munkhart (370:373). Das Unglückstrio hatte die Münchner ihrer sicher geglaubten Finalteilnahme beraubt.

Schützenmeister Fischer "fühlte sich fast ein bisschen bestätigt", wie er sagte. Er hatte bereits im Herbst federführend die Entscheidung getroffen, dass die HSG München ihre Bundesliga-Teams Luftpistole und Luftgewehr jeweils zum Saisonende abmeldet. Streitigkeiten über den Austragungsort des Heimwettkampfes und zu wenig Interesse bei den Mitgliedern waren die Gründe. Ein Stück weit hatte Fischer zuletzt auch die Motivation bei seinen Athleten gefehlt. In der Vorweihnachtszeit hatten die Münchner so viele Absagen von den eigenen Sportlern bekommen, dass sie mit Andreas Martin und Barbara Kutzer gleich zwei Hobby-Schützen aus der zweiten Mannschaft für die Bundesliga nominieren mussten, die erwartungsgemäß chancenlos an den Start gingen. "Da hat die absteigende Entwicklung begonnen", meinte Fischer. Die HSG verlor zwei Mal, weshalb es überhaupt noch knapp im Kampf um die Endrunde wurde. Nun ist also nicht mal mehr der Abschluss im vorerst letzten Bundesligajahr geglückt.

Einige Athleten wie Boneva oder der Nationalkaderschütze Michael Heise werden den Klub im Sommer voraussichtlich verlassen. Sie wollen auch in Zukunft Bundesliga schießen. Andere wie Munkhart oder Kucana dürften als langjährige Vereinsmitglieder, die hauptberuflich keine Sportschützen sind, wohl in die zweite Liga mitgehen. "Wir haben dann wohl sehr gute Chancen, aufzusteigen", sagte Fischer angesichts des starken Kaders und lachte zweideutig. Ob das Team überhaupt in Zukunft wieder in der Bundesliga antreten würde, ist offen. Das hänge davon ab, ob man sich mit dem Verband auf eine Lösung bezüglich des Heimrechts einigen könnte, meinte Fischer. In dieser Saison war die HSG an die Olympia-Schießanlage ausgewichen. "Dort können sie mir aber keine langfristige Garantie geben", schilderte der Schützenmeister das Problem. In München finde man keine andere adäquate Halle. In der zweiten Liga kann der Verein dagegen einfach zu Hause im Schützenheim antreten. Zukünftig möchte die HSG lieber in die Nachwuchsarbeit investieren und das Trainingsangebot für die Mitglieder ausbauen, als für die vielen Reisen in der Bundesliga zu bezahlen.

In den Reihen der Schützen hatte die Entscheidung durchaus Kritik hervorgerufen. "Ich kann das nicht verstehen", äußerte zum Beispiel Munkhart. Der ganze Unmut hat wohl auch ein wenig die Stimmung im Team beeinträchtigt. Ob sich jeder am Schlusswochenende voll reingehängt hat? Bei der HSG hat so mancher seine Zweifel.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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