Segeln:Bei den großen Jungs

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Die blutjunge Crew des Münchner Yacht-Clubs trotzt zum Bundesliga-Start allen Widrigkeiten. Veit Hemmeter vom Bayerischen YC gelingt eine furiose Aufholjagd, Nachbar Tutzing geht unter.

Von Thomas Gröbner

Als das Wasser dann von oben und von unten kam, in prallen Körnern, in feinen Flocken und dicken Tropfen auf die Segler einprasselte und der Wind mit 35 Knoten peitschte, da wurde es sogar in der "Fantastic View Bar" unter den Schirmen am Ufer des Starnberger Sees unruhig. "Ein Wetter für große Jungs", raunten die Zuschauer am Segelplatz des Münchner Yacht-Clubs. Draußen auf dem See lag da ein Boot schon auf der Seite. Das kundige Publikum weiß: Das Wasser kann ein Verbündeter sein im Segelsport - oder ein Gegner. "Das war an der Grenze", sagte Michael Liebl, und ausgerechnet bei diesem vermeintlichen "Männerwetter" waren seine Nachwuchssegler auf dem Wasser am ersten Spieltag der Segel-Bundesliga in Starnberg. Es konnte einem schon bange werden.

Doch die jüngste Crew im Feld überraschte alle und gewann diese Wettfahrt gegen die ausgebuffte Konkurrenz. Das Team, das mehr oder weniger aus dem Junioren-Vizemeister des vergangenen Jahres zusammengestellt ist, verblüffte beim Debüt sogar seinen Chef. "Das war Rock 'n' Roll", freute sich Teammanager Liebl, auch wenn seine Teenager-Crew mittlerweile wohl einen anderen Musikgeschmack pflegen dürfte. Angeführt von Steuermann Manuel Wunderle ("Wir sind nervös") segelten Sebastian Frenzer, Jannik Pöhlmann und Julius Neszvecsko auf Platz acht. "Die meisten anderen Teams setzen auf Erfahrung. Ist ja auch vernünftig", sagte Gastgeber Liebl, der für die Organisation der Veranstaltung verantwortlich war. Zwanzig Seglerinnen und Segler umfasst der Kader, sie sind zwischen 16 und 50 Jahre alt. Liebl hat schon für alle Spieltage die Plätze in den Booten vergeben, die verschiedenen Teams sollen sich einspielen. Apropos "große Jungs": Liebl hat auch ein reines Frauenteam nominiert. Mit dieser Mischung ist das Ziel eine Platzierung zwischen zehn und 14: bloß nicht absteigen. Mit so einem Resultat würde sich der Vizemeister Bayerischer Yacht-Club (BYC) nicht zufrieden geben. Und doch musste Steuermann Veit Hemmeter am Samstag auf Rang zwölf übernachten, weit hinter den Erwartungen. Am Sonntag lief er aber bei eiskalten Temperaturen heiß. Mit einer furiosen Aufholjagd segelte Hemmeters Crew auf Rang drei und holte in den letzten fünf Wettfahrten viermal den Sieg und einen zweiten Platz. Vor ihnen blieben nur der souveräne Sieger, der Verein Seglerhaus am Wannsee, und der vierte bayerische Vertreter, der Chiemsee Yacht-Club. Doch so richtig jubeln wollte Manager Ilja Wolf dann nicht. "Sie haben nur abgerufen, was sie können", sagte er nüchtern. Seine Gelassenheit speist sich wohl auch aus der Gewissheit, neben arrivierten Seglern auch über das beste deutsche Nachwuchsteam zu verfügen: Die BYC-Jugend feierte zuletzt den Meistertitel bei den Junioren. Anders als Liebl beim MYC will er den Nachwuchs noch warten lassen, sie "nicht verheizen", wie er es ausdrückt, "auch wenn sie schon fest an der Tür klopfen." Und weil Wolf in der Meisterschaft wieder um den Titel segeln will, muss sich die Jugend noch gedulden. "Wir wollen uns keine Ausrutscher erlauben, das ist ja anderen Klubs vom See passiert."

Juveniler Jubel: Die MYC-Crew kam gut mit den schwierigen Bedingungen zurecht. (Foto: Lars Wehrmann/DSBL/OH)

Eine schmerzhafte Spitze in Richtung des Nachbarn, Richtung Deutscher Touring Yacht-Club (DTYC). Der erlebte ein historisch mieses Wochenende - Rang 17, Vorletzter, so schlecht waren die Tutzinger noch nie in der Bundesliga. Dabei glaubte sich Teammanager Maximilian Weiss schon letztes Jahr mit Rang zwölf ganz unten angekommen. Nun dachte man, die Lehren aus der Vergangenheit gezogen zu haben. Auf eingespielte Pärchen setzen, neue Konstellationen an Bord proben, solche Überlegungen sollten die Wende bringen. Doch am Ende stand der vorletzte Platz für das erfolgsverwöhnte Team, das sich in der jüngeren Vergangenheit doch so häufig champagnernass in den Armen gelegen war und zwei Meisterschaften sowie 2016 noch den Champions-League-Titel geholt hatte.

"Es war grausam. Einfach traurig", sagte Maximilian Weiss, der selbst im Boot saß. Am Donnerstag ruft er nun die Crew zusammen, um Ursachenforschung zu betreiben. "Es muss ja jetzt etwas passieren", sagt Weiss. "Es ist eine eklige Situation, weil wir nicht wissen, woran es liegt." Keine der Maßnahmen hatte Wirkung gezeigt. Man habe ja ein Trainingslager am Gardasee angesetzt und eine Woche vorher am Hausrevier am Starnberger See den Ernstfall bei einer Regatta geprobt und dort "ganz leicht gewonnen". Auch das war vielleicht einer der Gründe, warum der DTYC am Ende unterging: luftig, allzu luftig sei man die Sache angegangen. "Letztes Jahr ist auch schon so losgegangen", sorgt sich nun Weiss. "Zum Glück geht es in zwei Wochen weiter." In Konstanz am Bodensee soll die Wende gelingen.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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