Schach:FC Bayern steigt ab

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Am Ende mit Nervenflattern: Der junge FCB-Spieler Philip Lindgren, 24, verlor das entscheidende Duell. (Foto: Claus Schunk)

In einem spannenden Saisonfinale gewinnt der MSA Zugzwang das Münchner Lokalderby und bleibt damit in der ersten Bundesliga. Der geschlagene FC Bayern kann nur noch darauf hoffen, dass andere Rivalen abwinken.

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Der letzte Akt hätte spannender nicht sein können: Mit 4,5:3,5 Punkten gewann die Münchner Schachakademie (MSA) Zugzwang beim Bundesligafinale in Berlin das Derby gegen den FC Bayern München - und sicherte sich damit als 13. in der 16er-Staffel den Klassenerhalt. Im Gegensatz zu den Bayern, die auf Platz 15 absteigen; falls nicht noch weitere Vereine aus der Liga zurückziehen oder Zweitligisten ihr Aufstiegsrecht nicht nutzen, was immer mal wieder passiert. Deutscher Meister wurde Titelverteidiger Baden-Baden vor der punktgleichen SG Solingen. Auch die MSA Zugzwang ist laut Tableau sportlich abgestiegen. Bedingt durch den Rückzug Schwäbisch Halls treten die Münchner aber im Herbst - das ist schon sicher - wieder in der ersten Liga an.

Der Sieg über den FC Bayern München stellte sich erst in der Schlussphase der sechsstündigen Spielzeit ein. "Nach drei Stunden sah es an keinem Brett nach einem entscheidenden Vorteil für Zugzwang aus", hieß es auf der MSA-Klubhomepage. Doch dann brachte Gerald Hertneck im Großmeister-Duell gegen Christian Gabriel nach einem beeindruckenden Endspiel mit den schwarzen Figuren seine Riege mit 3:2 in Front. "Gabriel hätte nach einer sehr gelungenen Eröffnung diese Partie nicht verlieren dürfen", findet Andreas Schenk, der stellvertretende FCB-Abteilungsleiter.

Dann glich aber Makan Rafiee mit einem Sieg gegen Markus Lammers zum 3:3 für den FC Bayern aus. Nach dem Remis von Noel Studer und Stefan Kindermann am zweiten Spitzenbrett musste die Partie zwischen Robert Zysk und dem jungen Schweden Philip Lindgren, 24, in Diensten der Bayern die Entscheidung bringen. Zysk - mit Schwarz - erwies sich in Zeitnot bei den finalen Zügen als der nervenstärkere Spieler. Der 51-jährige Internationale Meister mit Großmeister-Ambitionen war während der gesamten Saison an Brett fünf ein fleißiger Punktesammler für Zugzwang und damit ein wichtiger Garant für den Klassenerhalt gewesen.

Läuft nun alles normal, müssen die Schachspieler des FC Bayern nach zuletzt fünf Jahren dauerhafter Zugehörigkeit in der obersten Spielklasse den Weg in die zweite Bundesliga antreten. Dabei ist die Tradition der Bayern-Schachriege spektakulär. In den Achtzigern und der ersten Hälfte der Neunziger eroberte sie neun deutsche Meistertitel, vier Pokalsiege und waren 1992 Europacupsieger. Renommierte Großmeister wie der deutsche Ausnahmekönner Robert Hübner, der Russe Artur Jussupow oder der Ungar Zoltan Ribli gehörten zum Kader. Ribli, 66, ist noch heute dabei. 1995 zog sich der FC Bayern aus dem Spitzenschach zurück. Man konnte finanziell bei der Akquise von ausländischen Spitzenspielern nicht mehr mithalten. Der Serienmeister Baden-Baden beispielsweise lässt dank eines Großsponsors die weltbesten Spieler für üppige Honorare von 2000 bis 3000 Euro pro Spiel in der Bundesliga einfliegen. Da sitzen schon mal acht Spieler aus acht Ländern an den Brettern - keiner von ihnen mit deutschem Pass.

"Wie die Fußballer gegen Madrid", sagt FCB-Abteilungsvize Schenk

Die Schachabteilung des FC Bayern München konzentriert sich seit längerer Zeit auch auf den Breitensport und die Jugendarbeit. Neun Männer- und drei Frauenmannschaften spielen in den unterschiedlichsten Ligen. Trotzdem schmerzt der wahrscheinliche Abstieg aus der ersten Liga. "Personell waren wir besser aufgestellt als zuvor", sagt der stellvertretende Abteilungsleiter Schenk, der auch zur Mannschaft gehörte, aber aus beruflichen und familiären Gründen jüngeren Akteuren den Vortritt ließ. So kam am Spitzenbrett der Österreicher Valentin Dragnev, 19, zum Einsatz. An Brett zwei folgte der Schweizer Noel Studer, 21. Beide sind inzwischen Großmeister, mussten in der Bundesliga hier und da aber noch Lehrgeld zahlen. "Schade, wir haben als Mannschaft einige knappe Spiele verloren", resümiert Schenk. "So wie die Fußballer gegen Madrid: Besser gespielt, aber das Tor nicht gemacht." Die FCB-Riege wird laut Schenk wohl zusammenbleiben, der sofortige Wiederaufstieg ist das Ziel. Bleiben die Bayern doch noch in Liga eins, darf die zweite Mannschaft von der Oberliga in die 2. Liga aufsteigen.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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