Interview:"Wir haben viel gelernt"

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Vorstand Andreas Walter über den Abstieg der Handball-Akademie Bayern aus der Bundesliga, Trainertausch, Talententwicklung, das Verhältnis zu den Klubs und seine Ziele.

Interview von Thomas Becker

SZ: Herr Walter, vor einer Woche ist der letzte Spieltag der A-Jugend-Handball-Bundesliga über die Bühne gegangen - mit Ihrem Team: der Handballakademie Bayern. Zum Schluss gab es noch einen Auswärtssieg. Erzählen Sie doch mal!

Andreas Walter: Ja, 31:30 in Bottwar, unser dritter Auswärtserfolg. Wir haben ja leider nur auswärts gewonnen: in Zweibrücken, Schutterwald und nun in Bottwar. Ansonsten gab es noch zwei Unentschieden und 17 Niederlagen, dabei waren ein paar sehr unglücklich verlorene Spiele. Beim Sieg in Bottwar fiel der entscheidende Treffer in der vorletzten Sekunde, das war natürlich noch mal ein Erfolgsgefühl für die Jungs und ein schöner Abschluss. Es ist auch wichtig für ihre weitere Zukunft, weil wir die Hinrunde nicht so erfolgreich gestalten konnten.

Da lautet die Bilanz 1:21.

Mit dem Last-second-Sieg haben wir dann aber noch die rote Laterne an Bottwar abgegeben.

Zum Klassenerhalt hätte Ihre Mannschaft Rang sechs erreichen müssen - der war am Ende dann doch zehn Punkte weit weg.

Es wäre zu realisieren gewesen, wenn man einfach früher professioneller hätte arbeiten können. Aber das liegt auch daran, dass wir ins kalte Wasser gesprungen sind, ohne jede Erfahrung in der höchsten deutschen Jugendspielklasse - das Resultat kennen wir jetzt. Wir haben aber viel gelernt und hoffen, diese Erfahrung an den Handball in der südbayerischen Region weitergeben zu können.

Nach der bescheidenen Hinrunde gab es einen Trainerwechsel: Für den ehemaligen Bundesligaspieler Robert "Wiggerl" Hofmann kamen Anfang Dezember Reinhart Seiwert und Ulrike Newel von der HSG Isar-Loisach.

Ein großer Teil der Mannschaft hatte mehrere Jahre lang mit Wiggerl beim TSV München-Ost trainiert, eine entsprechende Bindung aufgebaut, aber eben keine Jugendbundesliga-Saison gemeinsam gespielt, wo auch diverse Neuzugänge integriert werden mussten. Und in dieser Saison hat es einfach nicht funktioniert, neben der fehlenden Erfahrung war auch die Vorbereitungszeit einfach zu kurz. Unsere Gegner spielen seit vielen Jahren zusammen und trainieren teilweise zehnmal in der Woche, wie etwa die Rhein-Neckar Löwen. Erschwerend kam hinzu, dass in München die Trainingsmöglichkeiten, sprich Hallenzeiten, sehr überschaubar sind. Für den Leistungssport ist das nicht gerade förderlich.

Mit dem neuen Trainergespann klappte es dennoch, wie das?

Newel und Seiwerth machen bei der HSG Isar-Loisach seit Jahren eine klasse Nachwuchsarbeit. Ulli hat in diesem Jahr mit der männlichen C-Jugend in der Bayernliga den zweiten Platz geholt. Reinhart war immer schon ein Wunschkandidat von uns und zuvor schon als Berater für die Handball Akademie aktiv. Aufgrund seiner Erfahrung mit vielen hochklassigen Mannschaften, er war unter anderem im Trainerstab der schwedischen Frauen-Nationalmannschaft, hätten wir ihn gerne schon früher in irgendeiner Form bei der HAB gesehen. Viel haben auch die Gespräche zwischen Spielern, Eltern und dem Trainerteam bewirkt. Es gab stets Kommunikation, egal, ob wir gewonnen oder verloren hatten.

Das Saisonziel war auf der Akademie-Homepage vorab so formuliert worden: "Mach dich besser!" Hat das geklappt?

Das ist ja sowieso Credo und Ziel für die gesamte HAB. In der Rückrunde haben sich mehrere Einzelspieler extrem verbessert, nochmals einen großen Schritt nach vorne gemacht. Da sind zwei, drei, die vorher gar nicht zum Einsatz kamen, zu Stützen der Mannschaft geworden. Seiwert ist sehr individuell auf die Spieler eingegangen, hat zum Beispiel für die Außen ein Sondertraining in einer von ihm organisierten Halle in Geretsried angeboten - so etwas bringt dich halt weiter.

Wie geht es für die Spieler nun weiter?

Der Großteil ist in der kommenden Saison zu alt für die A-Jugend und wechselt in den Männerbereich. Einige hatten vor der Saison die Hoffnung geäußert, von einem der Profiklubs wie den Rhein-Neckar Löwen oder Göppingen entdeckt zu werden.

Gibt es entsprechende Angebote?

Vorrangiges Ziel unserer Initiative ist es, die Spieler in München zu halten, um auch im Seniorenbereich wieder die höchste Ebene zu erreichen. Ich weiß von Angeboten aus der Bayern- oder Landesliga. Alles andere ist auch nicht realistisch. Es gibt ja fünf, sechs ehemalige Spieler aus unserer Akademie, die den Sprung in die Handball-Internate in Berlin, Mannheim oder Großwallstadt geschafft haben oder sogar im Kader einer aktuellen Bundesligamannschaft stehen. Aber nach dieser Saison wird keiner einen solchen Wechsel schaffen. Zwei oder drei Jungs, die noch A-Jugend spielen können, werden zum TSV Allach gehen, wo man nun ebenfalls die Jugendbundesliga anpeilt, wobei wir gerne behilflich sind, es gibt bereits Gespräche.

Die Maßnahme, Trainer Robert Hofmann zu ersetzen, brachte indes nicht den gewünschten Erfolg. (Foto: Handballakadmie/oh)

Das klingt nach einem guten Verhältnis zu den Klubs.

Es geht uns ja nicht darum, dass die Akademie immer Bundesliga spielt, sondern dass den Jugendspielern in der Münchner und südbayerischen Region die Möglichkeit gegeben wird, in der Bundesliga Handball zu spielen. Und das wird nur über viel, viel Kooperation unter den Vereinen funktionieren.

Welches Ziel strebt die Handball Akademie nun an?

In der Saison 2021/22 wollen wir wieder Bundesliga spielen - das ist unser Ziel. Es gibt aktuell ein paar riesen Talente. Für die werden wir samstags wieder individuelles Training anbieten, um auch ihnen ein Ziel, eine Perspektive zu geben, damit sie nicht wieder abwandern. Und dieses Training mit Gleichstarken bringt solche Talente weiter. In den Vereinen hat man oft nur fünf, sechs Spieler auf einem hohen Niveau, wenn man aber die Starken aus mehreren Klubs zusammenzieht und dann 20 bis 24 Spieler hat, die auf hohem Level trainieren, dann werden wir das große Ziel, jedes Jahr Handball-Jugendbundesliga in München zu bieten, auch erreichen.

Dafür braucht man auch Geld, wahrscheinlich gar nicht mal so wenig. Was hat der Spaß Handball-Bundesliga nun gekostet?

Ich schätze mal rund 50 000 Euro. Für Trainer, Bus, Halle, Trikots, Trainingslager, solche Dinge. Alles abgefangen über Sponsoren. Allerdings ist das Ganze auch nur machbar, weil viele ehrenamtliche Helfer, die Eltern beispielsweise, das Projekt unterstützt haben. Wichtig sind auch die Zuschauer, die unser Team in großer Zahl bei den Heimspielen unterstützt haben.

Wie geht es nun mit der Akademie weiter?

Wir starten gerade mit Handball-Camps für zehn- bis 14-jährige Jungs, erst jetzt an Ostern und dann nochmals im Sommer. Camps für Mädchen sind auch in Planung. Die Nachfrage ist bereits sehr groß, das liegt sicher auch an der Präsenz der HAB in der Olympiahalle bei der Handball-WM im Januar hier in München. Dazu gibt es die schon etablierte Torwartschule, die bereits einige Talente hervorgebracht hat, und eben das Samstagstraining mit Ulli Newel und ein paar anderen Vereinstrainern, mit denen wir gerade Gespräche führen. Schön wäre, wenn wir möglichst viele Vereine von unserer Idee begeistern könnten, um ein südbayerisches Projekt daraus zu machen. Und hinter allem steht das große Ziel: Jugendbundesliga für immer in München und der Region zu etablieren.

Infos zu den Handball-Camps unter www.handballcamps.ha-bayern.de

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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