Glosse:Diagnose: schwierig

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Rückenleiden, Schmerzen im Steißbein oder kerngesund? Serdar Dayat, früherer Trainer von Türkgücü München. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images)

Serdar Dayat hat aus gesundheitlichen Gründen bei Fußball-Drittligist Türkgücü München aufgehört, hieß es. Womöglich leidet jedoch vielmehr der Klub an einer Krankheit.

Von Christoph Leischwitz, München

Rückenleiden ist eine Volkskrankheit, warum also sollte nicht mal ein Fußballtrainer davon betroffen sein? Das dachten sich wohl auch die Verantwortlichen beim Drittligisten Türkgücü München, als sie verkündeten, dass Serdar Dayat aus gesundheitlichen Gründen leider nicht weitermachen könne. "Starke Rückenschmerzen" hätten den Ausschlag für die Vertragsauflösung gegeben. Klingt voll aus dem Leben gegriffen, außerdem ist man mit 51 ja keine 20 mehr. Nur Dayat selbst hatte seinen Spielern nie etwas von Rückenschmerzen erzählt.

Was er ihnen in der Halbzeit einer Partie sehr wohl mal gesagt hat: Dass der Klubpräsident während eines Spiels "fünf Mal die Minute" anruft. Vermutlich, um sich nach des Trainers Wohlbefinden zu erkundigen, vielleicht aber auch, um mit ihm - wenn man ihn dann schon am Apparat hat - die Taktik zu erörtern. Dayat soll auch gesagt haben, dass er in diesem Laden langsam depressiv werde, dass er keine Lust mehr habe. Rückenschmerzen können ja auch stressbedingt sein. Bleibt die Frage: Wenn "die Gesundheit selbstverständlich Vorrang" hat, wie Geschäftsführer Max Kothny erklärte, warum spendiert der Verein dann keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall? Oder leidet Dayat doch mehr an Schmerzen im Steißbein - vom Tritt, der ihn hinausbeförderte?

Es ist schon ein Kreuz mit Türkgücü: Offenbar muss dort ständig jemand die Wahrheit verbiegen. Auch im Fall Sercan Sararer. Der Verein weiß seit dem Winter, dass er weg will, Anwälte sind eingeschaltet. Was macht Türkgücü? Suspendiert den Kapitän für ein Spiel und behauptet wochenlang: Sararer bleibt. Nun würde dieser nach ausgestandener Verletzung gerne noch einmal spielen. Geht nicht, Sararer sei immer noch verletzt, sagt der Verein, postete aber am 30. April ein Foto von ihm im Training. Viel Wirbel, rein PR-mäßig aber eher ein kleiner Bandscheibenvorfall.

Türkgücü ruft auch gerne mal nach einer Partie die besten Spieler des Gegners an und fragt, ob sie im Sommer nicht wechseln wollen. Mittlerweile, wie zu hören ist, mit immer weniger Erfolg. Weil es in der Branche nun wohl doch einige gibt, denen der Klub den Buckel runterrutschen kann. Vielleicht sollte man den Verein als Ganzes doch mal in ein MRT legen - eine gute Diagnose ist der Anfang jeder Therapie.

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