Fußball:Wieder im Dienst

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"Eine Riesenchance": Steven Toy, hier noch im Trikot des SV Heimstetten, leitet nun den Kirchheimer SC an. (Foto: J. Simon)

Steven Toy wollte den Fußball hinter sich lassen - jetzt ist er Spielertrainer in Kirchheim

Von Stefan Galler, Kirchheim

Am Vormittag ist ein Meeting im Büro, später muss er dann Berichte schreiben und abends, na klar, da ist Training. Steven Toy ist gut beschäftigt, somit dürfte die Erholung, die er sich im Frühsommer gegönnt hat, ganz schnell passé sein. Der 27-jährige Fußballer war neun Wochen lang in Amerika unterwegs, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in einigen Ländern Mittelamerikas. Der Trip von Mai bis Ende Juli war Teil seiner neuen Lebensplanung, in der es für den Fußball nicht mehr so viel Platz hätte geben sollen wie früher. Eigentlich. "Ich habe mein Studium als Bauingenieur fertig gemacht und wollte nicht mehr leistungsbezogen kicken, mich einfach auf meine erste Arbeitsstelle konzentrieren", sagt Toy. Deshalb hat er seinem früheren Klub, dem SV Heimstetten, schon im vergangenen Winter reinen Wein eingeschenkt. "Höhere Ligen sind für mich zeitlich nicht mehr drin", sagte Toy damals und steht auch heute noch dazu.

Dabei ist der neue Klub des Außenverteidigers seit dieser Saison nur noch eine Spielklasse tiefer angesiedelt als Regionalliga-Absteiger Heimstetten: Ausgerechnet dessen Gemeinderivale, der Landesligist Kirchheimer SC, hatte nach der Trennung von Coach Michael Hofmann bei Toy angefragt, ob er sich vorstellen könnte, als Spielertrainer anzuheuern - zwei Tage nach dessen Rückkehr aus Amerika. Sein alter Schul- und Studiumskumpel Fabian Löns, ein altgedienter Kirchheimer Spieler, wusste aus erster Hand, dass Toy an einer Trainertätigkeit interessiert war und flüsterte genau das den KSC-Verantwortlichen. Die fackelten nicht lange und holten den früheren Unterhachinger an Bord, obwohl jener noch keine Trainerlizenz hat. Toy hat sich das Wissen einfach selbst angeeignet, durch seine Arbeit unter Lehrmeistern wie Alfred Ruthe, Harry Deutinger, Claus Schromm, Rainer Elfinger und Vitomir Moskovic ist er quasi Autodidakt: "Ich habe mir dann angehört, was der Sportliche Leiter Robert Eckerl mir erzählte, tags darauf habe ich das Spiel in Ismaning angeschaut (1:3, d. Red.) und dann sofort zugesagt", so Toy. "Es ist ja echt eine Riesenchance für mich."

Auch wenn seine ersten vier Partien mit zwei Unentschieden und zwei Niederlagen nicht gerade berauschend gelaufen sind, ist der Trainer-Novize zuversichtlich, dass es bald bergauf geht: "Ich habe ein gutes Gefühl, die Mannschaft zieht mit und entwickelt sich gut", sagt er. Allerdings habe die konditionelle Verfassung der Spieler durch die lange Relegation - Kirchheim rettete sich erst in letzter Sekunde vor dem Abstieg in die Bezirksliga - erheblich gelitten: "Das müssen wir jetzt nach und nach aufholen."

Auch von Vereinsseite ist man mit der Arbeit Toys zufrieden: "Ich habe nur den besten Eindruck von ihm", sagt Fußball-Abteilungsleiter Christian Boche. "Er erreicht die Mannschaft, das Training macht den Spielern Spaß und der sportliche Erfolg stellt sich sicher bald ein." Und das früher, als Boche dachte. Denn vor einer Woche fegten die Kirchheimer Aufsteiger Manching mit 6:0 vom Feld. An diesem Samstag reist der SC, der zurzeit auf Relegationsplatz 16 steht, nun zum Tabellenzwölften TSV Velden, drei weitere Punkte würden Kirchheim guttun.

Steven Toy lässt sich von kurzfristigen Aufs und Abs aber nicht aus der Ruhe bringen. Er möchte seiner Mannschaft auch eine Philosophie vermitteln: "Ich bin selbst Abwehrspieler, deshalb ist mir ein 1:0 lieber als ein 5:2." Auf alle Fälle wolle er "ich selbst bleiben", sich also nicht verbiegen lassen, nur um kurzfristig gut anzukommen. Und der alt eingessene Kirchheimer ist ein echter Teamplayer, das hat er schon beim SV Heimstetten gezeigt, wo er Vize-Kapitän war. Beim KSC muss und kann er sich auf die Unterstützung seiner Co-Trainer Kevin Staudigl und David Schittenhelm verlassen: "Die beiden sind nah dran am Team und helfen auch mal aus, wenn ich nicht kann."

Dass es bei ihm nicht zu einer Profikarriere gereicht hat, nimmt Toy gelassen: "Bei Haching habe ich mal ein paar Wochen in der ersten Mannschaft unter Matthias Lust mittrainiert, aber dann hat man mir gesagt, ich solle es im nächsten Jahr wieder probieren." Das war ihm zu vage, weshalb er auf die berufliche Laufbahn setzte. "Ich bin eben Realist", sagt er und muss weiter. Das nächste Meeting steht auf dem Plan.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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