Fußball:Vorsprung durch Verhandlungstechnik

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Kurz nach Daniele Bruno gewinnt Haching auch das Rennen um Jim-Patrick Müller. So weit in seiner Planung war die SpVgg zum Trainingsauftakt noch nie

Von Stefan Galler, Unterhaching

Eigentlich hatte Claus Schromm gedacht, der Angriff aus Südostasien sei bereits abgewehrt. "Im April haben die Thais schon einmal angefragt, aber damals schien er immun gegen die Offerte zu sein", sagt der Trainer der SpVgg Unterhaching. Im zweiten Versuch hatte der thailändische Fußballmeister Buriram United dann mehr Glück: Alexander Sieghart wechselt nun doch in sein Heimatland. Entscheidend sei gewesen, dass er sich ein Bild von seinem neuen Klub gemacht habe, wie Schromm sagt: "Er ist hingeflogen, hat sich umgeschaut und die professionellen Strukturen dort gesehen." Als Sieghart zurück in Haching war, bat er den Coach um ein Gespräch und eröffnete ihm seinen Wechselwunsch. "Wenn ein Spieler solche Perspektiven bekommt wie Alex bei diesem Verein, dann gebe ich grünes Licht, das bin ich diesen Jungs schuldig", sagt Schromm. Der in Bangkok geborene Sieghart war vor einem Jahr vom FC Bayern II nach Haching gewechselt und hatte sich schnell einen Stammplatz erkämpft.

Ohne Gegenleistung haben sie den 21 Jahre alten Offensiv-Allrounder vermutlich nicht ziehen lassen. "Sein neuer Klub hat sich sehr um ihn bemüht, so dass das Gesamtpaket bei diesem Transfer letztlich stimmt", sagt Klubchef Manfred Schwabl leicht verklausuliert. Schromm ergänzt: "Ich gehe davon aus, dass das Geld schon da ist, sonst hätte ihn der Präsident nicht gehen lassen."

Doch die Unterhachinger zählen nicht nur ihre Einnahmen, die durchaus wichtig sind, wollen sie in der kommenden Saison doch die Rückkehr in die dritte Liga in Betracht ziehen. Sie feilen auch weiterhin am Kader - und präsentierten schon kurz nach Siegharts Weggang einen Neuen: Daniele Bruno, 20 Jahre alter Offensivspieler, der zuletzt beim Zweitligaaufsteiger Würzburger Kickers unter Vertrag stand, wechselt in den Sportpark. Ein ehemaliger Juniorennationalspieler, A-Jugend-Meister 2014 mit der TSG Hoffenheim, wo er unter dem heutigen Cheftrainer Julian Nagelsmann spielte. "Ein Fußballverrückter, ein Spielertyp wie unser Thomas Steinherr", sagt Schwabl - und verkündet gleich den nächsten Neuen: Jim-Patrick Müller, 26 Jahre alter Mittelfeldspieler, hat für zwei Jahre unterschrieben. Am Donnerstag traf sich der SpVgg-Chef mit Müller und dessen Berater in der Holledau, um alles klar zu machen. Es sei Eile geboten gewesen, so Schwabl, die halbe Regionalliga habe Jagd auf Müller gemacht, unter anderem der SV Wacker Burghausen und dessen Trainer Uwe Wolf. "Aber offenbar hat ihn unser Konzept überzeugt", sagt Schwabl, der in dem erfahrenen Offensivmann nicht nur eine Topbesetzung für die Außenbahn sieht: "Er kann auch mal auf der Zehn spielen, wenn Sascha Bigalke ausfällt."

Alexander Sieghart, 21, wechselt aus Unterhaching zu Meister Buriram United in seine Heimat Thailand. (Foto: Robert Michael/Imago)

Jim-Patrick Müller war zuletzt für Drittligameister Dynamo Dresden aktiv, kam auf 21 Saisoneinsätze und verfügt über Zweitligaerfahrung aus seiner Zeit in Regensburg und Sandhausen. Er stammt aus einer echten Fußballer-Familie: Großvater Heini gehörte 1961 zur Meistermannschaft des 1. FC Nürnberg und stand im Team der Clubberer, das im folgenden Jahr im Europapokal gegen Benfica Lissabon 3:1 gewann. Vater Bernd Müller spielte Ende der achtziger Jahre als Mittelstürmer für die SpVgg Unterhaching, traf in 32 Zweitligaspielen zehn Mal und stieg zum Ende seiner Profi-Laufbahn 1997 mit der frisch fusionierten SpVgg Greuther Fürth noch einmal in die zweite Liga auf.

Die Personalplanungen seien damit weitgehend abgeschlossen, sagt Schwabl. Felix Bachschmid, 19, ist derzeit im Probetraining, hier sei noch keine Entscheidung gefallen. Handlungsbedarf könnte noch auf der Torwartposition entstehen, schließlich hat sich Stefan Marinovic durch den Gewinn der Ozeanien-Meisterschaft mit der neuseeländischen Nationalelf selbst ins Schaufenster gestellt. "Sein Traum ist es, irgendwann höherklassig zu spielen, am liebsten in England", verrät Schwabl. "Wir werden ihn nicht offensiv anbieten, aber wenn es Interessenten gibt und das Paket passt, sind wir gesprächsbereit." In diesem Fall würde definitiv ein gestandener Schlussmann kommen, stellen Schwabl und Schromm klar.

Jim-Patrick Müller, 26, feierte in der vergangenen Saison mit der SG Dynamo Dresden den Titel in der dritten Liga. Er wechselt zur SpVgg Unterhaching. (Foto: Imago/Robert Michael)

Der Trainer ist mit der Kaderplanung völlig zufrieden, schließlich weiß er so früh wie nie, mit welcher Mannschaft er in die Saison geht. "Es ist toll, wenn man beim ersten Training jeden mit Namen kennt. Damit haben wir einen großen Vorsprung im Vergleich zum letzten Jahr, als viele Personalentscheidungen sehr spät gefallen sind." Und so zählen sich die Unterhachinger selbst durchaus zum erweiterten Favoritenkreis, was Regionalligameisterschaft und Teilnahme an der Aufstiegsrunde angeht, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. "Es wird eine enge Liga. Auch Burghausen und Schweinfurt rüsten brutal auf, und Bayern gehört immer zu den Aspiranten", sagt Schromm. Schwabl ergänzt: "Wenn du im Vorjahr Vierter warst, kannst du schlecht sagen, dass du jetzt Sechster werden willst. Aber wir wollen vorerst den Ball flach halten."

Durch den früh feststehenden Kader und die neue Konstellation im Präsidium - Schwabl wird nunmehr von vier Kollegen unterstützt - sieht auch der Klubchef gute Chancen, dass bis spätestens zur Lizenzierung für die Drittligasaison 2017/18 im kommenden Frühjahr die Rahmenbedingungen stimmen: "Wir wollen uns jetzt wirtschaftlich so aufstellen, dass wir nicht mit Hängen und Würgen und nur durch Spielerverkäufe unsere finanzielle Leistungsfähigkeit sichern, sondern stabil sind durch die Zusammenarbeit mit Partnern und Investoren", sagt Schwabl. Man könne nach dem "Hickhack" zuletzt endlich in Ruhe arbeiten. Und das, sagt er, wolle man nutzen.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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