Fußball:Vogel-Perspektive

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Gestern China, heute Schwaben: Die beiden Münchner Gianluca Gaudino und Felix Pohl (v.l.) stoppen Illertissens Matthias Jocham. (Foto: Eibner)

Die Amateure des FC Bayern starten mit einem 1:1 unbeschadet, aber nicht zufrieden in die Spielzeit. Mit prominenter Besetzung und neuem Trainer wollen die Münchner ihre hohen Ansprüche in dieser Saison erfüllen

Von Ralf Tögel, München

Verena Sailer zum Beispiel. Sprint-Europameisterin über 100 Meter sowie mit der Staffel. Oder Chrischa Hannawald. Der ewig in kurzen Hosen spielende Handballtorwart, immerhin mit EM-Silber dekoriert. Ansonsten? Ist die kleine Stadt Illertissen, Landkreis Neu-Ulm, knapp 17 000 Einwohner, am Rande des Freistaates gelegen, nicht im Übermaß durch herausragende Sportler auffällig geworden. Wäre da nicht der FV Illertissen, der in der vierthöchsten Spielklasse kickt und in den vergangenen beiden Jahren in Bayern jeweils der beste Verein im nicht bezahlten Fußball war. Dass der Fußballverein dennoch weder Meister wurde, noch um den Aufstieg spielen konnte, zeigt indes, dass es bessere Teams in der Regionalliga geben muss. Mannschaften jenseits der Amateurspieler-Welt. Wie die des FC Bayern München II, der am Mittwochabend im Vöhlin-Stadion vor knapp 1700 Zuschauern in die Saison startete.

Mit einem 1:1, das der neue Münchner Trainer Heiko Vogel letztendlich als nicht zufriedenstellend einstufte. Was nicht für die Leistung der Seinen galt, von der war er sehr angetan: "Mit dem Spiel war ich über die Maßen zufrieden", konstatierte der FCB-Trainer, was "qua Ergebnis nicht belohnt wurde". Vogel ließ damit keinen Zweifel daran, welche Mannschaft im Schwäbischen die Bessere war, "über Ballbesitz brauchen wir gar nicht zu reden", erklärte er, "der lag jenseits der 80 Prozent". Doch dieses Übergewicht habe seine Mannschaft nicht umzumünzen gewusst. Der ersehnte Saisonstart, der wegen der China-Reise der Bayern-Profis verschoben worden war, fiel dennoch in den Augen des Trainers positiv aus. "Die Mannschaft hat die Vorgaben offensiv wie defensiv hervorragend umgesetzt", teilte Vogel mit.

Damit meinte er ein gepflegtes und variables Kurzpassspiel, schnelle Balleroberung mittels frühem Gegenpressing und schnelle Kombinationen. So geschehen in Minute 57, als Milos Pantovic einen so gearteten Spielzug mit der Führung abschloss. Eine Unachtsamkeit nur sieben Minuten später bedeutete jedoch den Ausgleich, Marc Hämmerle verwandelte einen berechtigten Foulelfmeter, Münchens Korbinian Burger hatte Andreas Frick gefoult. Weil die Bayern insgesamt zu viele Chancen liegen ließen - kurz vor Schluss scheiterte der eingewechselte Gerrit Wegkamp besonders aussichtsreich -, blieb es bei der Punkteteilung. Die fiel nicht nur aus Sicht der Gäste für die Gastgeber einigermaßen glücklich aus, wenngleich Vogel die Qualität des Gegners herausstellte: "Hier werden noch einige Teams verlieren, ich erwarte Illertissen im oberen Tabellendrittel."

Der Anspruch des FC Bayern ist freilich ein anderer, daran hat Vogel nie einen Zweifel gelassen. Zwar sei es erste Aufgabe, Spieler für die Profiabteilung auszubilden, doch der Aufstieg darf gerne als Nebenprodukt abfallen. Angesichts der Qualität in diesem Kader an der Schwelle zu den Berufsfußballern, erachten die Verantwortlichen im Junior Team ohnehin die dritte Liga als die geeignetere. Vogel hatte in HSV-Rückkehrer Julian Green und Gianluca Gaudino zwei Profis in der Startformation, beide verfügen über Erfahrung in der Champions League. Zudem waren in Phillipp Steinhart, Felix Pohl, den Jugendnationalspielern Fabian Benko und Sinan Kurt alle weiteren China-Reisenden im Kader, mehr Prominenz bringt kein Konkurrent auf den Rasen. Der Unterschied zu den Profis sei in Sachen Trainingsumfang und Betreuung nicht sehr groß, erklärt Vogel, was für das Gros der Gegner in der Regionalliga, wie etwa Illertissen, natürlich nicht gilt. Deren Akteure pflegen in der Regel einem anderen Beruf nachzugehen.

Kicken können diese Spieler aber auch, was sie Woche für Woche besonders gern in solchen Duellen beweisen. "Illertissen hat das in die Waagschale geworfen, was sie haben", so Vogel, "viel Herz, viel Leidenschaft, viel Einsatz." Für viele seiner Talente, wie etwa den 17-jährigen Benko, sei dieser Männerfußball eine neue Erfahrung - und gleichzeitig Teil eines Entwicklungsprozesses. Diese Ausbildung will der FCB zukünftig deutlich stärker forcieren, deshalb wurde Vogel nicht nur zum U-23-Trainer, sondern gleich zum Sportlichen Leiter des Junior Teams berufen. Die Anbindung an die Profis wird auch durch Hermann Gerland, den Assistenten von Pep Guardiola, weiter verstärkt, denn Gerland war jahrelang verantwortlich für die Amateure und ist ein Förderer und Vertrauter von Vogel. Und es gibt einen so prominenten wie erfahrenen Anschieber im Hintergrund: Uli Hoeneß, der bekanntlich als Freigänger im Nachwuchsbereich engagiert ist.

Ziel des Ganzen? Spieler wie Philipp Lahm zum Beispiel. Oder Thomas Müller.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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