Fußball:Vertrauen in die Unentbehrlichen

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Drei Regionalligisten aus der Region starten abstiegsgefährdet ins neue Jahr. Ihre Trainer stehen dennoch nicht unter Druck.

Von Stefan Galler, Garching/Kirchheim

Das Ende passte zum fußballerischen Herbst des SV Heimstetten. Der Aufsteiger in die Regionalliga war bisweilen ja doch recht schwungvoll unterwegs gewesen, gerade zum Beginn der Saison, doch dann ging einiges schief. Und so war das dann auch mit seinem Sportlichen Leiter Michael Matejka, der vor der letzten Partie des Jahres beim FC Augsburg II ebenfalls schwungvoll unterwegs war in den Katakomben des Rosenaustadions - bis er ausrutschte und sich das Wadenbein brach. In die Winterpause humpelte der 41-Jährige mit einem Gips.

Der SV Heimstetten überwintert nun als Tabellenletzter mit 19 Punkten, womit er sich in guter Nachbarschaft mit zwei anderen Teams aus der Region befindet: Auch der Lokalrivale Garching schwebt zum Jahreswechsel in höchster Abstiegsgefahr, ebenso wie der FC Pipinsried. Sie alle haben 19 Punkte. Das Erstaunliche: Während in Pipinsried zumindest die eine Hälfte des Trainerteams ausgewechselt wurde (Marcel Richter folgt auf Manfred Bender, Mittelfeldstratege Fabian Hürzeler zieht dagegen weiter die Fäden), sind die Trainer in Heimstetten und in Garching völlig außerhalb jeder Diskussion. Durchaus bemerkenswert im Ergebnissport Fußball. Andererseits haben sich sowohl Garchings Daniel Weber als auch das junge Heimstettner Trainerteam mit Christoph Schmitt, Lennart Hasenbeck und Memis Ünver in ihren Klubs praktisch unentbehrlich gemacht.

Nachgefragt bei Michael Matejka, der zusammen mit seinem Vater, dem Präsidenten Ewald Matejka, in der Vergangenheit nicht immer zimperlich mit Übungsleitern umging. Für sein junges Trio spricht der Sportchef aber eine Jobgarantie ohne Rücktrittsversicherung aus: "Die Trainer sind definitiv nicht umstritten, ich gehe auch mit denen wieder in die Bayernliga", sagt er. Es ist derselbe Michael Matejka, der sich in früheren Krisenjahren von anerkannten Branchengrößen wie Frank Schmöller (2010), Claus Schromm (2011) oder Rainer Elfinger (2014) getrennt hat.

Daniel Weber, Garching. (Foto: Claus Schunk)

Für den Fußball-Abteilungsleiter ist die akribische Arbeit Schmitts und seiner Mitstreiter entscheidender als die Punkte. "Was die mit den Jungs auf dem Trainingsplatz machen, finde ich super. Es ist ein System und ein Plan erkennbar, sie sind taktisch und analytisch stark." Dass die Mannschaft es "momentan nicht auf den Platz bringt", liege am fehlenden Selbstvertrauen: "Die Köpfe sind blockiert." In den letzten beiden Heimspielen habe man gesehen, wie viel Charakter im Team stecke: So egalisierte das Team vor der Pause gegen Bayreuth innerhalb weniger Minuten einen 0:3-Rückstand, um dann doch noch "durch ein irreguläres Tor" (Michael Matejka) 3:4 zu verlieren. Beim 3:2 gegen Aschaffenburg lieferte die Schmitt-Elf abermals einen Krimi ab, durch drei Tore von Lukas Riglewski gelang nach 13 sieglosen Partien wieder ein dreifacher Punktgewinn.

Das Mitwirken in der Regionalliga sieht man beim Aufsteiger ohnehin als Zuckerl: "Die Liga ist viel stärker als nach der Gründung im Zuge der Reform 2012", sagt Matejka. Damals hatte sich Heimstetten erstmals für die vierthöchste Spielklasse qualifiziert und zweimal den Abstieg vermieden. Zudem sei heute der Aufwand viel größer, sowohl finanziell als auch organisatorisch. "Ein Abstieg wäre nicht schlimm", findet er. Weil man sich in der Bayernliga leichter täte, junge Talente einzubauen, "und weil die Zuschauer immer mosern, wenn du im Abstiegskampf bist. In der Bayernliga würden wir vorne mitspielen und die Leute wären glücklich".

Während der Sportverein aus der unteren Klasse nach oben geklettert ist, haben die Garchinger einen kleinen Abstieg hinter sich, immerhin hatten sie die Vorsaison als Vierter der Regionalliga abgeschlossen, "als beste bayerische Amateurmannschaft", wie der VfR-Vorsitzende Uwe Cygan betont - weil Meister Sechzig und der Dritte Schweinfurt unter Profibedingungen trainieren. Trainer Daniel Weber ist auch wegen dieses großartigen Erfolgs unumstritten, noch mehr aber, weil ohne ihn der Aufschwung der Garchinger nicht möglich gewesen wäre. Im zwölften Jahr ist der 45 Jahre alte Weber nun schon Trainer des Teams aus dem nördlichen Landkreis München. Er führte den Klub aus der Bezirksliga nach oben, seit zweieinhalb Jahren ist er ohne Unterbrechung Viertligist. "Diese Entwicklung war nicht abzusehen", sagt Cygan. "Eigentlich ist Garching ein klassischer Landesligist. Der Erfolg hat die Strukturen des Vereins überholt." Was im März beinahe dazu geführt hätte, dass man das Abenteuer Regionalliga freiwillig beendet hätte. "Wenn man feststellt, dass einem 100 000 Euro zur Deckung des Etats fehlen, muss man alles hinterfragen", sagt Cygan. Damals sei man "gedanklich schon in der Kreisklasse" gewesen, habe aber dank neuer Sponsoren "die Kurve gekratzt". Dennoch sei schon damals klar geworden, dass die sportliche Zukunft nicht einfach werden würde. Die Weggänge im Sommer, etwa von Innenverteidiger Semi Belkahia (1860 München) oder Torjäger Manuel Eisgruber (Spielertrainer beim SC Maisach) konnten sie dann nicht kompensieren.

Dominik Schmitt, Heimstetten. (Foto: Claus Schunk)

Den Trainer stelle das nicht infrage, sagt der VfR-Präsident: "Auch Pep Guardiola braucht einen treffsicheren Stürmer. Am Coach liegt es nicht, dass wir zu wenig Tore schießen." Man sei "nicht auf Trainersuche", zumal Weber ja auch die Kaderplanung in den Händen habe, er sozusagen Coach und Sportdirektor in einer Person sei. "Da muss man klar sagen: Daniel hat noch nie einem Spieler Zusagen gemacht, zu denen wir im Verein nicht hätten stehen können", sagt Cygan. Aktuell stehen zur Winterpause drei Weggänge fest: Ersatztorhüter Petar Barukcic, 21, zieht nach Hamburg, Matthew Durrans, 20, kehrt zur zweiten Mannschaft des TSV 1860 zurück, und Michael Weicker, 27, wird Spielertrainer der zweiten Mannschaft.

In Garching klingen sie ähnlich gelassen wie in Heimstetten: "Wir haben keine Panik und sind froh um jedes Jahr, das wir in der Regionalliga spielen dürfen", sagt Cygan. Bei einem Abstieg gehe die Welt nicht unter. "Außerdem sind wir 2014 schon mal runtergegangen - und dann Bayernligameister geworden."

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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