Fußball:Sprachlos im Sportpark

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Fußball-Drittligist SpVgg Unterhaching holt gegen Erfurt zwei Mal einen Rückstand auf und gewinnt noch mit 4:2 Toren. Dominik Widemann spielt erstmals von Beginn an und hat mit seinen beiden Treffern entscheidenden Anteil am Sieg

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Am vergangenen Donnerstag war Benjamin Schwarz aufgefallen, dass er schon längere Zeit keine Freistöße mehr geübt hat. Also nahm er sich am Freitag nach dem Abschlusstraining noch einmal "hundert Bälle", wie der Allrounder der SpVgg Unterhaching erzählt, und übte. Und am Samstag, im Drittliga-Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt, schupfte er in der 88. Spielminute einen Freistoß aus spitzem Winkel über die verdutzte Mauer zum 3:2 ins Tor, die Partie endete letztlich 4:2 für Unterhaching. Nach dem Sieg sagte Trainer Christian Ziege: "Wenn ich noch einmal sehe, dass er vor dem Spiel keine Freistöße übt, bekommt er ein Problem."

Eine Standardsituation hatte das Spiel entschieden, und eigentlich mag Ziege Standards gar nicht, sein Team soll sich möglichst spielerisch durchsetzen. Doch in diesem Fall - wie vermutlich in allen weiteren, die Punkte einbringen - machte er gerne eine Ausnahme, denn das Team hatte diesmal mehrfach Glück gehabt, und steht deshalb weiter oberhalb der Abstiegsränge.

Zu Beginn der Partie hatte Unterhaching richtig schlecht gespielt. "Wir hatten große Probleme, ins Spiel zu kommen, aus welchen Gründen auch immer", fand Ziege. "Wir sind einfach nicht in die Zweikämpfe gekommen", sagte Andreas Voglsammer. Das galt vor allem für Fabian Götze, der in der ersten Spielminute überlaufen wurde und ein Foul an der Grenze zur Notbremse beging - doch er sah nur Gelb. In der dritten Minute vergab Erfurt die erste Großchance, in der fünften stand es 1:0 für die Gäste: Torwart Michael Zetterer war nach einem Aufsetzer von Carsten Kamlott ebenfalls nicht in den Zweikampf gekommen - in den mit dem Ball, er machte eine überaus unglückliche Figur. Zuvor hatte Danilo Dittrich den Ball verloren, er wurde bereits in der 35. Minute aufgrund akuter Formschwäche ausgewechselt.

Für Dittrich kam Lucas Hufnagel ins Spiel, brachte Schwung und leitete prompt den Ausgleich ein: Mit einem Pass auf die rechte Seite setzte er Markus Schwabl in Szene, seine Flanke verwertete Yannic Thiel per Kopf (41.). Doch unmittelbar vor der Pause nutzte Erfurt das nächste Hachinger Abwehrchaos: Kevin Möhwald und zwei weitere Erfurter waren nach einem Freistoß plötzlich alleine im Hachinger Strafraum. "Wir wollten auf Abseits spielen, ich glaube es war der falsche Zeitpunkt dafür", sagte Kapitän Mario Erb später. Möhwald schob locker ein (45.+1).

Der fliegende Hachinger: In dieser Szene hebt Lucas Hufnagl im Zweikampf mit dem Erfurter André Laurito ab. (Foto: Claus Schunk)

Dass Unterhaching die zweite Halbzeit 3:0 gewann, lag zum einen an einer konzentrierteren Abwehrarbeit, auch Erfurter Konter blieben nun meistens ohne nennenswerten Torabschluss. Der jüngste und der älteste Hachinger auf dem Platz wurden dann zu den entscheidenden Figuren: Dominik Widemann, der erstmals von Beginn an spielen durfte, erzielte den erneuten Ausgleich nach Vorlage von Voglsammer, Schwarz legte mit seinem Freistoß nach, und erneut Widemann erhöhte zum Endstand (90.). "Vor einem Jahr noch in der Bezirksoberliga in Fürstenfeldbruck, und jetzt auf einmal in der dritten Liga mit schon fünf Saisontoren - mir fehlen selber die Worte", sagte ein überwältigter Widemann. Bislang war er nur als guter Konterspieler aufgefallen, der meist bei Führungen eingewechselt wurde. "Torriecher", sagt Widemann auf die Frage, wo der Trainer sonst noch seine Stärke sehe. "Der Vogi legt die Bälle ja super ab, und dann würde ich meine Buden schon machen, hat der Trainer gesagt." "Vogi" hatte auch diesmal bei drei der vier Tore seine Füße im Spiel gehabt, er kommt mittlerweile nicht nur auf fünf Saisontore, sondern auch auf zehn Vorlagen. Und so macht Widemann einerseits Hoffnung, mögliche Lücken schließen zu können, wenn andere Angreifer in der Winterpause verkauft werden - dass der Verein dringend Geld aus Transfererlösen benötigt, um auch finanziell die Klasse halten zu können, ist bekannt. Als möglicher Weggang gilt Pascal Köpke, der diesmal allerdings erst in der 56. Minute eingewechselt wurde und nach einer halben Stunde mit erneuten Oberschenkelproblemen wieder vom Feld musste.

Doch Voglsammer gilt eben als heißester Kandidat, weil als wertvollster, und so würde den Köpkes und Widemanns im Team der wichtigste Ballhalter und Vorlagengeber fehlen. Der 22-Jährige hilft dem Verein, wo er kann. Bislang sei alles "noch ruhig". "Aber wenn der Verein das will, dann muss man bloß auf mich zukommen", sagt Voglsammer. Drei Spiele hat er bis zur Winterpause noch Zeit, seinen Marktwert weiter zu erhöhen.

© SZ vom 01.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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