Fußball:Mut zur Lücke

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Drittligist SpVgg Unterhaching stopft zurzeit viele Löcher, nur um neue aufzureißen. Für das Präsidium könnte das Folgen haben

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Soweit ist es jetzt also schon gekommen, dass wirklich niemand mehr von dem einst so umstrittenen Transfer profitiert hat. Vor einem Jahr wechselte Stürmer Andreas Voglsammer vom damaligen Fußball-Drittligisten SpVgg Unterhaching zum Zweitligisten 1. FC Heidenheim. Der Transfer war angeblich nötig gewesen, um die SpVgg vor dem finanziellen Abstieg zu retten. Dann stieg die Mannschaft allerdings sportlich ab, und Hachings Präsident Manfred Schwabl hat erst am vergangenen Montag wieder betont, dass der Voglsammer-Verkauf dafür entscheidend gewesen sei. Und Voglsammer? Hat vor zwei Tagen seinen Vertrag in Heidenheim aufgelöst, ohne in 25 Einsätzen auch nur ein einziges Tor geschossen zu haben. Am Mittwoch wurde bekannt, dass er zum Zweitligisten Arminia Bielefeld wechselt.

Bei der SpVgg gibt es viele personelle Veränderungen, die bei genauerem Hinsehen wenig Sinn ergeben und im Nachhinein größere Probleme bereiten als zuvor. Voglsammers Notverkauf ist nur ein Beispiel von vielen. Am vergangenen Freitag veröffentlichte die SpVgg eine Pressemitteilung mit der Überschrift "Lücken geschloßen" (sic). Demnach habe man auf die Rücktritte der Jugend-Koordinatoren Markus Oberleitner und Mike Frühbeis reagiert, indem man Daniel Wimmer die Belastung einer Doppelfunktion nimmt. Der 33-jährige Fußballlehrer war bis zur Winterpause Co-Trainer der ersten Mannschaft unter Claus Schromm. Die Mannschaft spielte insgesamt viel besser als gedacht und erreichte im DFB-Pokal spektakulär das Achtelfinale. Nun ist Wimmer ausschließlich Leiter des Nachwuchs-Leistungszentrums (NLZ). "Die aktuelle Situation hat diesen Schritt notwendig gemacht. Jetzt kann Daniel Wimmer seinen Fokus komplett auf die sportliche Ausbildung der NLZ-Spieler legen", sagte Schwabl zur Begründung.

Der Verkauf von Stürmer Andreas Voglsammer (re. mit Präsident Schwabl) rettete die SpVgg finanziell, kostete sie aber die dritte Liga. (Foto: imago/Buthmann)

Wimmer selbst möchte darüber nicht viele Worte verlieren. Er sagt allerdings: "Ich hätte schon gerne als Co-Trainer weitergemacht." Zumal sich diese Tätigkeit seiner Meinung nach gar nicht auf seine Arbeit im NLZ ausgewirkt hätte. Umgekehrt glaubt aber nicht nur Wimmer, dass er die Arbeit von Frühbeis und Oberleitner allein aus logistischen Gründen gar nicht übernehmen kann. "Das größte Problem ist ein zeitliches", sagt Frühbeis. So fänden etwa viele Jugendspiele gleichzeitig statt. Wie Wimmer da auf sich allein gestellt die Spieler auf und neben dem Platz kennenlernen und ein Vertrauensverhältnis schaffen soll, das ist Frühbeis ein Rätsel. Wimmer sagt selbst: "Ich kann die beiden eigentlich nicht ersetzen." Es gibt also nach wie vor eine organisatorische Lücke, die nicht geschlossen ist. Frühbeis vermutet ohnehin einen anderen Grund dafür, warum Wimmer nicht mehr Co-Trainer des Regionalligisten ist: "Da wird es mit der Harmonie nicht mehr ganz gepasst haben." Er meint damit das Verhältnis von Cheftrainer Claus Schromm zu Wimmer, aber auch zu Daniel Kaiser, der ebenfalls nicht mehr dem Trainerstab angehört. Andererseits räumt Schwabl gleichzeitig ein, dass Schromms neuer Co-Trainer Steffen Galm zeitlich sehr eingespannt ist. Als Heilpraktiker habe er eine Praxis zu führen und werde nicht bei jedem Training dabei sein.

Auch der Vorstand selbst leidet schon seit Längerem unter Personalnot. Dass es immer noch keinen Termin für die Jahreshauptversammlung des Vereins gibt - ursprünglich sollte sie einmal am 4. Dezember stattfinden - begründet Schwabl damit, dass man aktuell ein neues Team zusammensetze und in Verhandlungen mit einem "strategischen Partner" stehe. Es gibt allerdings noch einen weiteren Grund: Die Bilanz des abgeschlossenen Geschäftsjahres (bis 30. Juni 2015) ist noch nicht endgültig geprüft. Das bestätigte der Kassenprüfer der SpVgg, Christoph Hütt, auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Die Verzögerung habe auch damit zu tun, dass Schatzmeister Robert Perchtold bereits im vergangenen März zurückgetreten ist. Seitdem ist Perchtolds Position vakant, und Hütt fehlte ein wichtiger Ansprechpartner. Beim Fehlen eines Schatzmeisters handele es sich darüber hinaus um einen "Satzungsverstoß", sagt Hütt, zumal kein Nachfolger ernannt wurde. Bei diesem Verstoß handele es sich zwar um "keinen Verstoß mit unmittelbaren Folgen für den Vorstand", wie Christian Keidel, Vereinsrechtsexperte von der Münchner Kanzlei Martens, erklärt. Kassenprüfer Hütt sagt jedoch, er könne nach aktuellem Stand nicht sagen, ob das aktuelle Präsidium bei der anstehenden Versammlung entlastet werde. Man habe dem Präsidium einen Fragenkatalog vorgelegt, der erst vor ein paar Tagen beantwortet worden sei. Die Antworten würden nun geprüft, so Hütt.

"Ich kann die beiden eigentlich nicht ersetzen": Daniel Wimmer, Ersatzmann für die Jugend-Koordinatoren Oberleitner und Frühbeis. (Foto: Claus Schunk)

Sicher ist nur, dass durch die Verzögerung ein weiterer Verstoß eingetreten ist: Laut Klubsatzung soll nämlich in jedem Kalenderjahr eine Jahreshauptversammlung stattfinden. Dies ist 2015 aber nicht geschehen.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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