Fußball:Markus und seine Brüder

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Der kleine TSV Moosach peilt die Landesliga an, auch dank der Zielstrebigkeit des De-Prato-Clans

Von Stefan Galler, Moosach

Aus der Ruhe hat er sich nicht bringen lassen. Nicht vom Weggang des Trainers Francisco Copado - dass der frühere Bundesligaprofi früher oder später zu einem höherklassigen Verein gehen würde, hatte Markus De Prato erwartet. Dann musste er halt wieder selbst den Trainerjob übernehmen. Im Juni 2016 zog es den langjährigen Unterhachinger nach Gundelfingen, in die Bayernliga, später war Copado auch noch für den hessischen Regionalligisten Watzenborn-Steinberg gearbeitet, ehe er dort im Dezember entlassen wurde.

De Prato dagegen ist immer noch Spielertrainer des TSV Moosach. Denn ihm ist eine Gelassenheit zu eigen, die ihresgleichen sucht. Auch dass sein jüngerer Bruder Stefan, der in der vergangenen Saison 38 Treffer für den TSV erzielt hatte, fast zur gleichen Zeit wie Copado ging und sich dem VfR Garching in der Regionalliga anschloss, schockte ihn nicht. "Er hat ja vor allem von meinen Vorlagen profitiert", sagt Markus De Prato und beeilt sich zu betonen, dass das natürlich ein Scherz war. Er wisse sehr wohl, welch außergewöhnliche Qualitäten der Bruder als Torjäger habe.

Der 29-Jährige blieb cool, brach nicht in Aktionismus aus, versuchte nur, die entstandenen Lücken zu stopfen. Als der Start in die Bezirksliga Ost gegen den Neuling SV Dornach mit 1:4 in die Hose ging, gerieten einige Fußballfreunde in der 1500-Seelen-Gemeinde nahe Grafing in Panik. Nicht so Markus De Prato. Offenbar wusste er genau, dass sich die Qualität seiner Elf früher oder später durchsetzen würde. Ein halbes Jahr später steht der TSV auf Rang eins, vier Punkte vor Aufsteiger Forstinning und mit besten Chancen, diesen Platz auch in den verbleibenden elf Partien zu verteidigen. De Prato ist immer noch unaufgeregt: "Wir wollten uns in der Bezirksliga etablieren, nun könnte es sein, dass wir dieses Ziel sogar durchbrechen. Aber eines ist auch klar: Es werden noch sehr intensive Monate", weiß der Spielertrainer.

Vier Brüder hat Markus De Prato. Florian, 30, ist der älteste, er kickt zusammen mit dem eingangs erwähnten Torjäger Stefan, 25, beim VfR Garching. Neben Markus gehören auch die Mittelfeldspieler Thomas, 27, und Christian, 24, zum Moosacher Kader. Vor zwei Jahren spielten sogar alle fünf gemeinsam beim TSV, Markus war auch damals schon - ehe Copado zwischenzeitlich das Ruder übernahm - Spielertrainer. 55 der 72 Moosacher Tore erzielte das Quintett damals in der Kreisliga, über die Relegation gelang im Sommer 2015 der Aufstieg. "Zum letzten Relegationsspiel in Gräfelfing haben wir für die Fans einen Reisebus gechartert, so viel Promille waren wahrscheinlich noch nie in einem Bus unterwegs", erinnert sich Markus De Prato.

Der Aufstieg war womöglich nur der vorläufige Höhepunkt einer beachtlichen Entwicklung, die der kleine Klub in den vergangenen Jahren nahm, nicht zuletzt dank Markus und seiner Brüder. Über den Kirchheimer SC und den TSV Grasbrunn kam er 2012 zum damaligen Kreisklassisten, wo ein Großteil des Clans bereits kickte. Man bot ihm den Posten des Spielertrainers an, was Markus De Prato vor allem wegen des Mehraufwands zunächst wenig reizte. "Ich war immer schon ein fauler Hund, und ich wusste, wie angreifbar man in dieser Position ist, vor allem für die Mitspieler." Er wuchs hinein in die Aufgabe. Seine erste Saison brachte den Kreisliga-Aufstieg.

De Pratos Philosophie ist so einfach wie zweckdienlich: Der Dorfklub verfügt über keine finanziellen Mittel, also kann man eine schlagkräftige Mannschaft nur über Teamgeist formen. "In den ersten Jahren habe ich mit einem sehr kleinen Kader gearbeitet von Leuten, von denen ich mich auf jeden einzelnen verlassen konnte." Natürlich, betont der 29-Jährige, wolle er so weit wie möglich kommen. "Aber es ist immer noch Amateursport, deshalb muss der finanzielle Aspekt zweitrangig sein." Er sei nicht auf der Suche nach Leuten, die nur kämen, um 300 Euro zu verdienen. "Mir ist wichtiger, dass ein Spieler Herz hat."

Nach der Auftaktpleite gegen Dornach legte Moosach im Herbst eine Serie von 16 Spielen ohne Niederlage hin, dabei erwies sich Zugang Ivan Bacak, der einst bei Croatia Rosenheim in der Kreisklasse spielte, als Glücksgriff: Er traf bislang sieben Mal und integrierte sich perfekt. "Jeder im Team liebt ihn", sagt Markus De Prato. Weil sich der erst 20 Jahre alte Offensiv-Allrounder Matthias Schuster in seinem zweiten Jahr im Seniorenbereich mächtig entwickelte und bereits zehn Saisontore erzielte, konnte Stefan De Pratos Fehlen kompensiert werden. Und durch das starke Kollektiv wurden auch Rückschläge wie der Kreuzbandriss des 19-jährigen Mittelfeldtalentes Maxi Bernhard weggesteckt.

Im Winter nun hat Moosach in Verteidiger Patrick Tresch, 21, vom SV Anzing und Mittelfeldspieler Michael Hainthaler, 22, vom TSV Grafing zwei Talente aus der Region geholt. Denn auch wenn das offizielle Saisonziel der Vereinsleitung eigentlich nur der Klassenverbleib war - mittlerweile haben sie Blut geleckt in Moosach.

Markus De Prato bleibt wie immer unaufgeregt. Seit August 2016 ist er Vater einer Tochter, sein Geld verdient er gemeinsam mit Bruder Florian in leitender Position einer Entrümpelungsfirma. Schon aus diesen Gründen kann er nicht alles dem Fußball unterordnen. Auch wenn es im De-Prato-Clan natürlich oft und viel um Fußball geht. Ihr Vater Sepp hat seinen Jungs als Jugendtrainer bei der SpVgg Unterhaching den Sport quasi in die Wiege gelegt. Den Ausgleich holt sich Markus dann daheim. "Meine Freundin hat mit Fußball gar nichts am Hut. Das tut dann auch mal ganz gut."

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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