Fußball:Fehl am Platz

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"Vollkatastrophe": Die Neu-Einteilung der Landesligen trifft Wolfratshausen und Geretsried hart. Beide fühlen sich buchstäblich versetzt.

Von Stefan Galler, Andreas Liebmann, Wolfratshausen/Geretsried

Sie dürfen sich weiterhin auf ihr Derby freuen, die beiden Landesligisten TuS Geretsried und BCF Wolfratshausen. Die Rahmenbedingungen hatten sie sich allerdings ganz anders vorgestellt. Beide sind am Montag bei der Ligeneinteilung durch den Bayerischen Fußball-Verband (BFV) umquartiert worden, von der Gruppe Südost in die Gruppe Südwest. Dass man ihnen damit wenigstens ihr Nachbarschaftsduell ließ, vermag Geretsrieds Abteilungsleiter Ibro Filan allerdings kaum zu trösten. "Das wäre ja auch noch schöner, wenn sie zwischen diesen vier Kilometern die Grenze gezogen hätten", sagt er. Sein Ärger ist groß, die Überraschung war bös.

Einige Tage zuvor, erzählt Filan, habe er einen BFV-Funktionär getroffen und sei vorgewarnt worden, dass etwas Derartiges passieren könne. Doch dann habe er sich über die Landkarte gebeugt, und die Umgruppierung sei ihm so unwahrscheinlich vorgekommen, dass er wieder beruhigt gewesen sei. Bis zum Montag. "Das ist eine Vollkatastrophe", schimpft Filan. "Ich weiß nicht, was die Leute sich dabei gedacht haben."

Filan ist nicht allein mit seinem Ärger. TuS-Trainer Florian Beham hatte sich unmittelbar nach der Einteilung zu Wort gemeldet und gemutmaßt, es sei weniger um geografische Gesichtspunkte gegangen, als um persönliche Befindlichkeiten einzelner Funktionäre. "Anders kann man sich diese Farce nicht erklären", sagt Beham. Filan formuliert etwas zurückhaltender. Vielleicht hätten andere beim BFV "etwas mehr gebohrt", um ihre Interessen durchzusetzen, sagt er. Doch auch ihm ist nicht klar, wieso nicht etwa Dachau oder Karlsfeld umgruppiert wurden, die nicht nur deutlich westlicher liegen, sondern auch eine bessere Anbindung gen Westen haben. Auf der Fahrt zu manchen neuen Gegnern, sagt Filan, kämen sie künftig direkt an Dachau vorbei - doch bis dahin wären sie dann schon fast eine Stunde lang unterwegs. "Man hätte sich vorher mal Gedanken machen und das etwas abklopfen sollen", findet er, so reiße man sie "gnadenlos" aus einer Liga, in der sie etabliert seien, in der die Spieler einander seit Jahren kennen und gemeinsam nach Spielen fortgingen: "So raubt man denen den Spaß." Er denke sehr wohl noch über einen Einspruch nach, auch wenn dieser vermutlich "nur Zeit und Geld" koste.

"Man muss auch mal ein bisschen Solidarität zeigen", sagt Verbandsspielleiter Janker

Manfred Fleischer hat diesen Gedanken bereits verworfen. "Wir müssen nach vorne schauen", sagt der Vorsitzende des Bayernliga-Absteigers BCF Wolfratshausen. Die Erfolgsaussichten einer Beschwerde seien ihm zu gering, es gebe ja keine festen Vorgaben für die Ligenzusammenstellung: "Da ist alles interpretierbar." Natürlich sei es nicht ganz einfach, bei der Einteilung allen gerecht zu werden, räumt er ein - wirklich verstehen kann er sie aber auch nicht. Sein Landkreis sei Richtung Münchner Südosten orientiert, "da sind wir daheim". Grünwald, Deisenhofen, da seien viele alte Bekannte. Nun via Starnberg oder Mittlerem Ring das schwäbische Land zu bereisen, sei "sicher kein Vorteil". Von der sportlichen Stärke hält BCF-Chef Fleischer beide Gruppen für vergleichbar. Er erwartet allerdings im ohnehin zuschauerarmen Isar-Loisach-Stadion nun noch weniger Zuschauer. "Für uns ist das sehr ungünstig. Spaß macht das mit Sicherheit keinen." Dass es den TSV Bogen noch viel ärger erwischt hat - der Klub bei Straubing ist aus der Landesliga Mitte in den Südosten verpflanzt worden und hat nun einen zusätzlichen Reiseaufwand von 1000 Kilometern -, ist zwar kein Trost für Fleischer. Er nimmt es aber zumindest zur Kenntnis.

Josef Janker, Vorsitzender des Verbands-Spielausschusses, nennt ausgerechnet Bogen als einen der Gründe für die Einteilung: "Das ist ein echter Härtefall", sagt er über den niederbayerischen Klub. "Sie hätten in die Gruppe Mitte kommen sollen, aber die ist voll, da konnten wir nichts machen. Und deshalb blieb nur der Südosten, im Südwesten hätten sie sogar 1600 Kilometer mehr gehabt." Somit mussten Klubs aus der Südost-Staffel weichen.

Der zweite Grund für die Einteilung von Wolfratshausen und Geretsried in die Südwestgruppe sei der FC Garmisch-Partenkirchen gewesen: "Damit haben wir drei Vereine drin, die nahe beisammen liegen." Der BFV-Funktionär kann die Kritik nur bedingt nachvollziehen: "Man muss auch mal ein bisschen Solidarität mit anderen Vereinen zeigen, nicht immer nur den eigenen Vorteil suchen", sagt Janker, der mittlerweile mit BCF-Chef Fleischer "ein gutes Gespräch" geführt haben will. "Es wäre schön gewesen, wenn Geretsried auch auf den Verband zugekommen wäre, anstatt an die Öffentlichkeit zu gehen. Meine Art ist das jedenfalls nicht", sagt Janker.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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