Fußball:Eisenstollen im Schietwetter

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„Er war jetzt mal dran“: Finn Porath, von den Kollegen oft übersehen, am Sonntagnachmittag im Zentrum aller Glückwünsche. (Foto: Claus Schunk)

In einem kampfbetonten Spiel gegen Halle rettet HSV-Leihgabe Finn Porath Unterhaching mit seinem ersten Tor einen Punkt.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Ein Kompliment? "Ja, vielleicht, könnte man so sehen", sagt Finn Porath, auch wenn sich Komplimente eigentlich ein bisschen anders anfühlen. Angenehmer. Nach dem Spiel gegen den Halleschen FC hatte der Mittelfeldspieler der SpVgg Unterhaching noch ein bisschen Schädelbrummen, Unterschenkel und Knie dürften den einen oder anderen blauen Fleck davongetragen haben. Aber fast schon genauso oft gefoult zu werden wie der Routinier und Regisseur im Team, Sascha Bigalke, das kann kein Zufall sein. "Ich glaube, die Gegner sind jetzt gut auf uns eingestellt", sagt Porath. Mit anderen Worten: Sie wissen, wen sie stoppen müssen, um die spielerisch starken Hachinger zu stoppen. Porath ist einer von ihnen.

Dem Halleschen FC gelang das in der ersten Halbzeit im Hachinger Sportpark ganz gut, Trainer Claus Schromm wollte sogar einen "Mantel des Schweigens" über die ersten 45 Minuten dieser Drittliga-Partie legen - seine Mannschaft hatte überhaupt nicht in die Partie gefunden und war durchaus verdient 0:1 zurückgelegen. Immerhin reichte es noch für ein 1:1. Unterhaching hat in diesem Jahr allerdings noch kein Spiel gewonnen und steht auf dem siebten Rang. Die anfangs ruppige Partie mündete später noch in eine ansehnliche, Foulspiele wurden mit zunehmender Spieldauer seltener, weil beide Teams Gefahr liefen, das bei drei Grad und Nieselregen kampfbetonte Spiel nicht mit voller Mannschaftsstärke zu beenden. Beide mussten auch noch in der ersten Halbzeit je einen Spieler wegen Gelb-Rot-Gefahr auswechseln, bei den Hachingern war das Innenverteidiger Christoph Greger. Weshalb Kapitän Josef Welzmüller zum ersten Mal seit Ende November wieder länger als zehn Minuten spielen durfte.

Obwohl Porath oft gefoult wurde, spielte er auffällig und war an einigen Torraumszenen beteiligt. In der schwachen ersten Halbzeit war er der erste Hachinger, der halbwegs gefährlich auf Halles Tor schoss (28.). In einer lange chancenarmen Partie fiel dann das 0:1 kurz vor der Pause wie aus dem Nichts: Fabian Baumgärtel zog aus 18 Metern ab, Hachings Keeper Korbinian Müller streckte sich zu spät, der Aufsetzer landete im langen Eck (43.). "Wir waren einfach zu unkonzentriert, wir haben den Gegner zu Chancen eingeladen und waren oft zu hektisch", ärgerte sich Innenverteidiger Maximilian Nicu. Stephan Hain hätte in der Nachspielzeit beinahe noch ausgeglichen, traf aber aus kurzer Distanz den Ball nicht richtig.

"Er war jetzt mal dran", sagte Trainer Schromm über Finn Porath, dem in der 53. Minute der Ausgleich gelang. Es war das Unterhachinger Premierentor für den Flügelspieler, zwölf Tage vor seinem 21. Geburtstag. In anderen Partien sei er schon öfter freistehend übersehen worden, erzählte Schromm, diesmal sah ihn Jim-Patrick Müller, Porath köpfelte unbedrängt aus kurzer Distanz ein. Danach lief er jubelnd zur Bank und zeigte sich selbst ein paar Mal den Vogel. Ich, mit dem Kopf, unglaublich, sollte das wohl heißen. 13 Minuten später wäre Porath beinahe noch das Siegtor gelungen, doch Marvin Ajani spitzelte ihm nach Zuspiel von Bigalke in letzter Sekunde vor dem leeren Tor den Ball weg. Doch dank seines Treffers, eingeleitet und abgeschlossen von je einem Flügelspieler, konnte Schromm diesem Nachmittag auch noch etwas Gutes abgewinnen: "Vor diesem Spiel hatten wir nur vier Tore über Außen erzielt, und alle gehen auf das Konto von Thomas Hagn."

Was tun, um ins Spiel zu finden? Um sich der vielen Fouls zu erwehren? "Dagegen halten", antwortet Porath. Es dauere eine Weile, aber dann foulten sie vermehrt zurück, "das sind dann oft keine schönen Spiele". Porath spricht da aus Erfahrung. Er ist vom Hamburger SV ausgeliehen, bei dem er 2016 auch schon dem Profikader angehörte. Beim HSV spielt man derzeit selten schön, sondern gegen den Abstieg. Porath saß erstmals gegen den FC Bayern auf der Bank, gegen Hoffenheim wurde er für eine Spielminute eingewechselt, eine Woche später hätte er in der Startelf stehen sollen, dann riss ihm im Training ein Außenband und er verlor erst einmal den Anschluss. So suchte er im fernen Haching nach einer neuen Herausforderung.

Aller Voraussicht nach wird er das schöne Spiel noch länger vermissen: Am kommenden Samstag spielt Haching beim Drittletzten Chemnitz, im darauf folgenden nächsten Heimspiel gegen Lotte wird der heimische Rasen wohl immer noch tief und holprig sein. Was denn helfen könne, um diese triste Jahreszeit zu überstehen? "Eisenstollen", sagte Porath. Tore schießen hilft bei Hamburger Schietwetter natürlich auch.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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