Fußball:Ein Schritt zurück

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Vom Trainer zum Anschieber? Marcel Richter soll Dachau 65 erhalten bleiben

Von Stefan Galler, Dachau

Auch einige der ganz Großen haben es getan. Allen voran Pep Guardiola. Er nahm sich vor dem Engagement beim FC Bayern eine einjährige Auszeit, nachdem er dem FC Barcelona den Rücken gekehrt hatte; wollte ausspannen und den Kopf frei bekommen. Nun wird Marcel Richter zwar nicht wie der berühmte Trainerkollege gleich in Richtung New York entschwinden, doch auch er, der 34 Jahre alte Noch-Coach des Fußball-Bayernligisten TSV Dachau 1865, möchte "die Akkus aufladen", wenn er im Sommer auf eigenen Wunsch seinen Spind im Sportzentrum an der Jahnstraße geräumt haben wird. "Ich brauche eine Pause", sagt Richter. "Nachdem ich zwei Jahre in Pipinsried und jetzt sieben Jahre in Dachau ununterbrochen als Trainer tätig war, muss ich doch einen gewissen Verschleiß feststellen."

Deshalb wird er definitiv eine Pause einlegen, seinen Trainerschein machen und den 65ern in einer noch nicht näher definierten Funktion erhalten bleiben. "Ich will dem Klub helfen, ich habe hier in den letzten sechs, sieben Jahren etwas mitaufgebaut. Deshalb kommt ein anderer Verein für mich momentan nicht infrage", sagt der gebürtige Sachse, der in Dachau eine Versicherungsagentur betreibt. Auch diese berufliche Belastung ist ein Grund dafür, dass er sich im Fußball etwas zurücknehmen will. Ebenso wie die fußballerischen Ambitionen seines kleinen Sohnes, der beim FC Bayern in der Altersklasse U10 kickt. "Da möchte ich auch mal wieder Zeit haben, mir ein Spiel anzuschauen."

Als A-Jugendlicher war er einst in die Region München gekommen, nachdem er - übrigens wie der frühere Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack - die Fußballschule Chemnitz besucht hatte. Beim SV Heimstetten fand er unter Trainer Manfred Rauscher ideale Bedingungen, um sich zu entwickeln. Vom damaligen Bezirksoberligisten ging Richter 2002 zum FC Ismaning in die Bayernliga, ein Jahr später innerhalb der Liga zum TSV 1860 München II. Mit dem stieg der 1,90-Meter-Schlacks stieg in die Regionalliga auf, wurde Torschützenkönig und rechnete fest damit, bald in den Profibereich wechseln zu können. Doch dann stiegen die Löwenprofis aus der Bundesliga ab, die Verantwortlichen reagierten mit Panikkäufen und gaben den eigenen Talenten in der zweiten Liga keine Chance. Noch heute ärgert ihn diese verpasste Gelegenheit. Richter hängte noch ein Jahr an der Grünwalder Straße dran, dann ging er zurück nach Ismaning.

Seine erste Station als Coach war zwischen 2007 und 2009 der damalige Landesligist FC Pipinsried, damals noch in der Rolle des Spielertrainers. Ebenso wie in den ersten Jahren bei Dachau 65. Richter führte den Verein von der Bezirksliga bis in die Bayernliga. Doch das soll nach Meinung der Verantwortlichen noch nicht das Ende der Fahnenstange sein - bald wird ein Dreijahresplan vorgestellt: "Wir wollen uns so aufstellen, dass wir in zwei, drei Jahren die Regionalliga angreifen können", sagt Dachaus Fußball-Chef Konrad Kirschberger. Marcel Richter sieht die Voraussetzungen dafür im Verein gegeben: "Man muss zwar erst einmal genau prüfen, wie die Auflagen des Bayerischen Fußball-Verbandes sind, aber als Klub und mit einer fast 50 000-Einwohner-Stadt im Rücken ist das Potenzial sicherlich gegeben."

Der scheidende Coach ist in die Suche nach seinem künftigen Nachfolger voll integriert. Es sollen nur noch Details offen sein, noch bis Monatsende dürfte der Klub das Geheimnis um den neuen Mann an der Seitenlinie lüften. "Es wird jemand sein, der eine ähnliche Philosophie hat wie ich", verrät Richter. "Den Zuschauern in Dachau gefällt, wie wir Fußball spielen, daran soll sich auch nichts ändern." Abgesehen vom Ertrag, denn damit ist der 34-Jährige nicht immer zufrieden. Aktuell liegt der TSV auf einem gesicherten Bayernliga-Mittelfeldplatz, nach oben und unten dürfte sich nicht mehr viel verändern. Ebenso wie an seiner geplanten Auszeit für die neue Saison - oder? "Außer es kommt ein Angebot, das so reizvoll ist, dass es mich doch noch umstimmt", sagt Marcel Richter und ergänzt ganz entspannt: "Man soll nie nie sagen."

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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