Fußball:Die Regensammler

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Deisenhofens U19 liegt überraschend auf Bundesliga-Kurs

Von Stefan Galler, Oberhaching

Neulich kam ein junger Fußballer aus dem Fränkischen in das beschauliche Oberhaching im Landkreis München. Gerade 18 Jahre alt, aber schon mit Spielerberater im Schlepptau. Helmut Luksch hatte den Agenten, der den Kontakt zu ihm gesucht hatte, vorgewarnt: Die Reise dürfte sich für seinen Mandanten nicht auszahlen. Und tatsächlich schickte der U19-Trainer des FC Deisenhofen das Talent wieder weg, obwohl der junge Mann sehr wohl über fußballerische Fähigkeiten verfügt. "Wir bilden Spieler aus, um sie irgendwann in unserer ersten Mannschaft einsetzen zu können", sagt Luksch. Aber: "Wenn die Anreise zum Training länger dauert als die Einheit selbst, kommt ein Spieler für uns nicht infrage." Eine durchaus bemerkenswerte Aussage für den Trainer des Bayernliga-Tabellenführers, der mit acht Siegen und drei Unentschieden ungeschlagen in die Winterpause gegangen ist - das Nachholspiel am vergangenen Samstag bei den Würzburger Kickers endete 2:2.

Der kleine FC Deisenhofen, ein "Dorfverein", wie Luksch sagt, dessen Männer in der Landesliga Südost spielen, lässt derzeit im ältesten Jugendjahrgang große Klubs wie Jahn Regensburg, die SpVgg Unterhaching, Wacker Burghausen oder eben Würzburg deutlich hinter sich. Eine Entwicklung, die für den Verein durchaus überraschend kommt, wie der Technische Leiter Franz Perneker bestätigt: "So war das sicherlich nicht geplant. Aber wir müssen schon feststellen, dass das nicht nur für die Jungs, sondern auch für den Verein super ist." Auf der Weihnachtsfeier gab es zuletzt kein anderes Thema.

Großen Anteil am Erfolg habe Luksch, sagt Perneker: "Die Jungs stehen auf Heli, das sieht man daran, wie sie in jedem Spiel an ihre Grenzen gehen." Laut Perneker trägt damit auch ein Konzept aus dem Jahr 2000 erste Früchte. Damals verpflichtete sich der Vorstand, im Jugendbereich nur noch geschulte Trainer einzusetzen. Das sprach sich herum. Die Nachwuchsabteilung genießt mittlerweile einen ausgezeichneten Ruf. "Unser Vorteil ist auch, dass wir im Münchner Raum gut zu erreichen sind."

All das hätte vielleicht dazu beigetragen, dass die U19 solide im Mittelfeld der Bayernliga überwintert, erklärt jedoch nicht den gegenwärtigen Erfolg. "Wir profitieren natürlich auch davon, dass die SpVgg Unterhaching ihre A2 aufgelöst hat und einige zu uns rübergekommen sind", sagt Luksch. Zur SpVgg habe man ein ausgezeichnetes Verhältnis, bekräftigt Perneker, was nicht nur, aber auch damit zusammenhängt, dass deren Cheftrainer Claus Schromm ein alter Deisenhofener ist. "Teilweise gehen Jungs von uns aus der E- oder D-Jugend nach Haching und kommen in der C- oder B-Jugend wieder zu uns zurück", sagt Luksch, der einst U19-Coach bei der SpVgg war.

Damals schnupperte er mit seiner Mannschaft Bundesliga-Luft. Insofern weiß er, was auf seine Deisenhofener zukommen würde, falls sie auch am Ende der Saison an der Tabellenspitze stehen sollten: "In der Bundesliga müssten wir Woche für Woche ums Überleben kämpfen. Aber wenn wir das Unmögliche schaffen, dann wollen wir dieses Abenteuer auch angehen und den Jungs diese Chance nicht verbauen." Alleine schon deshalb, weil man in einer Bundesligasaison schon mal ganz automatisch nicht aus der Bayernliga absteigen kann. Der Sprung ins Oberhaus sei zwar groß, aber machbar. Oder, wie es der 47-Jährige mit Blick auf den österreichischen Extremsportler Felix Baumgärtner ausdrückt: "Der Mensch springt von der Stratosphäre mit einem Fallschirm auf die Erde. Warum sollen dann nicht ein paar junge Fußballer aus Deisenhofen in der Bundesliga mithalten können?"

Noch ist es ein weiter Weg bis zum Titel, weshalb Luksch "nur von Spiel zu Spiel" schauen will. Aber eines sei auch klar: Auf der Erfolgswelle wollen sie auch über die Winterpause hinaus weitersurfen. Denn, so Luksch: "Man muss das Wasser sammeln, so lange es regnet."

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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