Fußball:Der Bulle aus Yaoundé

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Franck Evina trifft beim 4:1-Testspielsieg des FC Bayern in Wolfratshausen zweimal - und träumt vom Leben als Fußballprofi.

Von Sebastian Leisgang, Wolfratshausen

Franck Evina wirkte etwas verlegen. Nicht, weil ihm die Situation nicht behagte, im Gegenteil: Nach einer Weile fühlte er sich sogar wohl. Im ersten Moment war er jedoch etwas unsicher vor all den Journalisten samt ihren Mikrofone und Aufnahmegeräten. So schuf Evina einen Kontrast zu dem, was er vorher auf dem Spielfeld gezeigt hatte.

Evina, 17, spielt beim FC Bayern. Mitte Juni errang er mit dem Nachwuchs der Münchner die deutsche U17-Meisterschaft. Beim 2:0 im Endspiel gegen Werder Bremen bereitete er beide Tore vor, hinterher gab er im Bauch des Grünwalder Stadions eines seiner ersten Interviews. Überglücklich sei er natürlich mit dem Titel, sagte er. Und: "Ich will Bundesligaprofi werden." Nun, das sind Sätze, die man bereits x-mal vernommen hat. Doch bei Evina hören sich solche Sätze gar nicht einmal so unrealistisch an.

Der 17-jährige Kameruner fing in Neuperlach mit Fußball an. Dann fiel er den Bayern auf

Evina wurde vor beinahe exakt 17 Jahren in Yaoundé geboren, der Hauptstadt Kameruns. Mit sechs Jahren siedelte er nach Deutschland über, spielte zunächst in Neuperlach Fußball, dann wurden die Bayern auf ihn aufmerksam. Bei den Münchnern startete er durch. In der zurückliegenden Spielzeit gelangen Evina in der Junioren-Bundesliga in 25 Saisonspielen 21 Treffer und neun Assists - eine Bilanz, die selbst Profitrainer Carlo Ancelotti nicht verborgen blieb.

"Seit ich nicht mehr zur Schule gehe, habe ich ziemlich hart an meiner Physis gearbeitet": Franck Evina, wuchtiger Nachwuchs-Torschütze des FCB. (Foto: imago/Ulmer)

So durfte Evina am Donnerstagabend an der Seite von Mats Hummels, Thomas Müller und Kingsley Coman beim ersten Testspiel der Bayern mitmischen. Beim 4:1-Erfolg gegen Bayernligist BCF Wolfratshausen wurde er zur Pause eingewechselt - und erzielte prompt zwei Tore. Evina ist längst ein großes Versprechen. Und dieses will der Angreifer halten.

"Seit ich nicht mehr zur Schule gehe", erzählt er, "habe ich mit meinem Athletiktrainer ziemlich hart an meiner Physis gearbeitet." Evina verkörpert den klassischen Mittelstürmer, den wuchtigen Brecher, der Bälle hält, als Prellbock agiert und im Strafraum seine Vorzüge hat. So vertritt er eine Spezies, der man in Zeiten von falschen Neunern nachsagt, vom Aussterben bedroht zu sein. Den Gegenbeweis tritt Evina an. "Ich bin nicht der Größte, deshalb muss ich umso stabiler sein", erklärt der 1,77-Meter-Mann den Medienvertretern. Schon im Gespräch bekommt man eine Ahnung, wie unangenehm es sein kann, gegen ihn zu spielen. Oder besser: spielen zu müssen.

Kommende Saison spielt Evina bei den A-Junioren des FCB. Dann entscheidet sich, ob er es schafft

Am Donnerstag brachte Evina viele dieser Qualitäten zum Vorschein. Er verstand es, sich gegen die Wolfratshauser Abwehrrecken zu behaupten, den Ball zu sichern und selbst auf engem Raum stets Herr der Lage zu bleiben. Bezeichnend war sein Tor, gerade einmal zwei Minuten nach seiner Einwechslung: Nach einer flachen Hereingabe vom Flügel stand Evina am Fünfmeterraum, dort also, wo ein Torjäger laut der klassischen Fußballlehre stehen muss, und vollendete per Flachschuss. Er hat etwas vom Instinkt Thomas Müllers, seine Spielweise zeichnet sich allerdings weniger durch das Unorthodoxe, denn vielmehr durch die Physis aus.

Nach dem Spiel in Wolfratshausen war freilich Müller, der Schütze zum 2:0, der gefragte Mann - bei Fans wie Journalisten. Um Evina blieb es eher ruhig. Das könnte sich jedoch bald ändern. Kommende Saison läuft Evina für die A-Junioren der Bayern auf. Dann wird sich entscheiden, wohin ihn der Fußball führt. Womöglich ins Profigeschäft? Evina ist es zuzutrauen.

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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