Fußball:Aussprache mit den Kopflosen

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Michael Schütz verlässt den VfB Hallbergmoos. Der Klub hätte gerne mit dem Trainer weitergemacht.

Von Andreas Liebmann, Hallbergmoos

René van Santvliet war überrascht, einerseits. Er bedauert, was passiert ist, und hält es für alles andere als unausweichlich. Andererseits war der Abteilungsleiter des Fußball-Landesligisten VfB Hallbergmoos keineswegs ahnungslos, ganz im Gegenteil: Er stand ja live dabei, als es am vergangenen Montag zum Bruch kam zwischen seiner Mannschaft und deren bisherigem Trainer Michael Schütz. Es war eine Teambesprechung in ziemlich schlechter Laune: 1:1 hatte die Mannschaft am vergangenen Freitagabend nur gespielt gegen den ASV Dachau, dabei hatten die Gäste aus Dachau nach zwei Platzverweisen binnen weniger Minuten fast eine halbe Stunde lang zwei Spieler weniger auf dem Platz gehabt. "Kopflos" nannte Schütz das Gesehene nach Abpfiff. Nun stand also die Nachbesprechung mit den Kopflosen an - und am Dienstagabend musste van Santvliet dann jene Pressemitteilung verschicken, der zufolge Trainer Schütz zurückgetreten war.

"Er hat den Rückhalt der Spieler nicht mehr gespürt", teilt van Santvliet mit, "ob das so stimmt, sei dahingestellt." Der Abteilungsleiter glaubt nicht so recht, dass es wirklich so arg stand um das Binnenverhältnis. "Vielleicht kam diese Besprechung zu spät, vielleicht hatte sich auf beiden Seiten ein bisschen was aufgestaut", vermutet van Santvliet, er glaube dennoch, dass die Mannschaft bis auf wenige Phasen, in denen es gerade mal nicht so gelaufen sei, hinter ihrem Trainer gestanden habe; und er selbst, daran lässt van Santvliet keinen Zweifel, hätte gerne weitergemacht mit dem Coach. Nun bleibe ihm nichts anderes übrig, "als dem Michi alles Gute zu wünschen" und - sofern er keine längere Pause einlege - einen Verein, in dem es seinen Vorstellungen entsprechend laufe. Bis zur Winterpause wird der langzeitverletzte Spieler Anselm Küchle das Training leiten.

Irgendwie nicht seine Welt: Trainer Michael Schütz hat zuletzt am Rückhalt in der Mannschaft des VfB Hallbergmoos gezweifelt. (Foto: Marco Einfeldt)

Der VfB Hallbergmoos spielt zurzeit mal wieder deutlich unter seinen Möglichkeiten. 28 Punkte aus 18 Partien, Tabellenplatz acht, das ist weit weniger, als der Kader hergeben sollte. Ohne viel Mühe könnte der Klub ein routiniertes Team formen, in dem alle zehn Feldspieler Bayernliga-Erfahrung hätten, die Hälfte davon hat sogar schon Regionalliga gespielt. Das wiederum sieht van Santvliet gelassen. "Ich sehe die Saison nicht als verkorkst an, zumal da noch viel passieren kann", sagt er. Viele Teams lägen noch "eng beieinander". Die Tabellenspitze mit Aufsteiger TSV Wasserburg (43 Punkte) und dem SE Freising (42) ist allerdings nur noch mit dem Fernglas zu erkennen. 0:1 ging das Derby vor zweieinhalb Wochen in Freising verloren, beim Ex-Klub von Michael Schütz, der nach sieben Freisinger Jahren zuletzt vergeblich versucht hatte, den SB Chiemgau Traunstein vor dem Abstieg aus der Bayernliga zu bewahren. Zwölf Partien hatte der 48-Jährige dort Zeit, sechs Siege, sechs Niederlagen. In Hallbergmoos zog er nun nach 18 Spielen einen Schlussstrich.

Erfolgsdruck, sagt van Santvliet, gebe es nicht in Hallbergmoos. "Wir haben seit Jahren einen Kader, mit dem es möglich sein sollte, mal nach oben zu schauen", weiß er, "aber das war nicht das Ziel für diese Saison." Es sei ein Übergangsjahr, das schwierig begonnen habe, mit fünf Auswärtsspielen, mit Weggängen im Sommer und auch noch nach der Vorbereitung, mit Verletzungen wie dem Kreuzbandriss von Angreifer Anselm Küchle. Und: "Wir haben bewusst jüngere Spieler verpflichtet", sagt van Santvliet. Mit dieser Verjüngung wolle er vorbauen für die Zeit, in der die Älteren mal nicht bereit seinen, auf diesem Niveau Fußball zu spielen. Kurzum: Der Verein war gar nicht unzufrieden. Schütz, der am Mittwoch nicht für eine Erklärung zu erreichen war, offenbar schon. "Ich musste jeden einzelnen Spieler immer wieder neu motivieren", zitiert ihn die Online-Plattform fupa, "das ist irgendwie nicht meine Welt." Nach dem 1:1 zuletzt gegen Dachau hatte er festgestellt, dass sein Team trotz Überzahl "nicht mehr zusammengespielt" habe. "Die erste Halbzeit war grottig, aber dann war der Gegner an der Wand", berichtet van Santvliet. Die Spieler hätten es aber nicht mehr geschafft, Schütz' Vorgaben umzusetzen. In der Aussprache am Montag sei es dann zu einigen Punkten gekommen, "die ihn taktisch infrage gestellt" hätten, interpretiert van Santvliet. "Für ihn war die Entscheidung unumstößlich."

Dass der Verein langfristig mit dem Trainer plante, zeigt auch die Personalie Alfred Ostertag. Mit der Verpflichtung des erfahrenen Co-Trainers hatte der VfB ein Dream-Team aus Freisinger Tagen wiedervereint. Ostertag, 58, ist vorerst geblieben und werde, wenn im Winter ein neuer Trainer feststehe, "unser erster Ansprechpartner als neuer Co-Trainer" sein, versichert René van Santvliet. In den ausstehenden drei Partien aber solle Ostertag "sich ein Stück weit rausnehmen", also: pausieren. "Michi und Fredi stehen gemeinsam für eine bestimmte Philosophie", erklärt er. Interimstrainer Küchle habe aber "vielleicht ein paar andere Ideen".

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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