Fußball:Auffrischender Wind über Giesing

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Ciao, TSV: Maximilian Wittek verteidigt künftig in Fürth. (Foto: Marc Mueller/Getty)

Der Kader des TSV 1860 ist im Umbruch. Zum Auftakt erscheinen ein Dutzend Feldspieler

Von Markus Schäflein, München

Die Aufstelltafeln mit der Werbung für die Wurstsemmeln flogen durch die Gegend, die Männer im Biergarten hielten mit aller Kraft die großen Sonnenschirme fest, die Wirtin Christl flüchtete ins Innere des Löwenstüberls. Als die ausgiebige Trainingseinheit beim offiziellen Auftakt des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München beendet war, fegte ein heftiger Sturm über Giesing, der das nahende Gewitter ankündigte. Zuvor hatten die Löwen einen traumhaften Sommernachmittag erwischt, etwa 300 Anhänger waren erschienen, um die neue Mannschaft zu begutachten - oder besser gesagt: um zu sehen, was von der alten noch übrig ist. Nur 16 Feldspieler, darunter vier Nachwuchskräfte, waren anwesend. Trainer Kosta Runjaic fand das aber nicht beunruhigend: "Es gab schon Vereine, die mit weniger Spielern in die Vorbereitung gestartet sind."

Zu den zahlreichen Weggängen gesellte sich zuletzt noch Kapitän Christopher Schindler, der vor einem Wechsel zum englischen Zweitligisten Huddersfield Town für rund 1,5 Millionen Euro Ablöse steht. Auch Valdet Rama und Dominik Stahl, deren Verträge auslaufen und mit denen Runjaic nicht plant, waren nicht anwesend. Daniel Adlung fehlte ebenfalls, über eine Vertragsverlängerung wird offenbar noch gepokert. "Wir sind intern am Besprechen und haben auch eine Meinung zu der Personalie, die ich aber nicht berichten werde", sagte Runjaic. Dabei muss er sich mit dem neuen Sportchef Thomas Eichin absprechen, nachdem Oliver Kreuzer mitten in der Transferperiode entlassen wurde.

Bei den beiden zuletzt verliehenen Spaniern Ilie Sanchez und Rodri, deren Verträge noch aus der Ära von Eichins Vorvorgänger Gerhard Poschner stammen, gestaltet sich die Lage unterschiedlich: Sanchez' Sommerurlaub wurde verlängert, er soll in der kommenden Woche zum Team stoßen. Rodri hingegen wird gar nicht mehr nach Giesing kommen: "Mit ihm sind in der Vergangenheit einige Sachen passiert, die nicht gut für das Teamgefüge waren", erklärte Runjaic, "daher möchte ich nicht mit ihm zusammenarbeiten." Ansonsten gelte, dass "alle Spieler, die fit sind und hier unter Vertrag stehen, auf dem Gelände trainieren werden und eine faire Chance bekommen. Man hat sich irgendwann für diese Spieler entschieden, sie verdienen gutes Geld. Jetzt liegt es an ihnen, zu zeigen, dass sie ins System passen und die Qualität haben." Das betrifft etwa den lange verletzten brasilianischen Innenverteidiger Rodnei oder den Angreifer Stefan Mugosa.

In Torwart Jan Zimmermann (Heidenheim) und Außenverteidiger Marnon Busch (Bremen) waren zum Start nur zwei externe Zugänge anwesend. "Dass wir noch Spieler holen wollen, ist kein Geheimnis", sagte Runjaic, aber: "Wann, wie viele und welche, kann ich noch nicht sagen." Eichin, der sich an diesem Montag offiziell vorstellen wird, hat im Hintergrund vorgearbeitet; auch Runjaic hat seine Wunschkandidaten und einige davon längst kontaktiert. "Es gibt vielleicht Spieler, die wir wollen, die aber nicht in die zweite Liga gehen möchten", sagte er, "und es gibt auch welche, die 1860 als etwas Besonderes empfinden."

Besonders ist Sechzig in der Tat. Es steht mal wieder ein großer Umbruch bevor, ähnlich wie vor zwei Jahren, als sich Poschner austobte; vom Tor über die Viererkette bis ins Sturmzentrum wird sich das Stammpersonal voraussichtlich überall ändern. Das komplette Trainerteam wurde schon einmal ausgetauscht - in Assistent Tuncay Nadaroglu, den er noch aus Darmstadt kennt, Torwarttrainer Andreas Menger (VfB Stuttgart), Fitnesscoach Zvonko Komes und dem Fitness-Spezialisten Michael Sulzmann erhielt Runjaic seine Wunschkandidaten. "Seitens Verein und Investor sind mir da alle Wünsche erfüllt worden", sagte der neue Übungsleiter.

Runjaic mochte aber nicht von einem Umbruch sprechen, Eichin nennt es auch lieber ein Projekt. Die Anhänger debattierten zum Auftakt über Hoffnungen und Zweifel, ohne Konkretes zu wissen. "Die Fans hätten vielleicht ein bisschen euphorischer sein können", stellte Runjaic fest, "aber das braucht noch Zeit." Sie haben viel erlebt, also warten sie erst einmal ab, ob der frische Wind nicht erneut in stürmische Zeiten führt.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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