Fußball:Alles andere als närrisch

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Schiedlich, friedlich, null zu null: Kölns Hamdi Dahmani (links) und Hachings spät eingewechselter Josef Welzmüller gehen als Freunde auseinander. (Foto: imago/Manngold)

Fußball-Drittligist SpVgg Unterhaching holt bei Fortuna Köln seinen ersten Punkt im Kalenderjahr 2018.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Es geht jetzt langsam los mit den stressigsten Tagen des Jahres für die Rheinländer. Zumindest für diejenigen, denen die fünfte Jahreszeit so richtig am Herzen liegt. Im Kölner Karneval ist die Stimmung stets am Siedepunkt, die einen verbringen ihre Abende auf Sitzungen der Vereine oder auf rauschenden Bällen; die anderen ziehen bei jeder Gelegenheit mit tausenden Jecken bei Umzügen durch die Straßen. Wer sich bei diesem vollgepackten Programm in der Endphase der närrischen Tage beispielsweise an diesem Wochenende ein bisschen Ruhe gönnen wollte, war am Samstagnachmittag im Kölner Südstadion perfekt aufgehoben. Die Aufregung beim Drittligaspiel zwischen der heimischen Fortuna und der SpVgg Unterhaching hielt sich dort nämlich in engen Grenzen, zwischendurch konnte man auch mal für ein paar Minuten die Augen zumachen und verpasste nicht allzu viel.

Und am Ende stand das folgerichtige Resultat - ein 0:0, das zumindest Gästetrainer Claus Schromm durchaus wohlwollend zur Kenntnis nahm - immerhin punktete seine Mannschaft erstmals im Kalenderjahr 2018: "Schön zu wissen, dass es Unentschieden im Fußball noch gibt", sagte der 48 Jahre alte Coach und spielte darauf an, dass sein Team seit dem 2:2 im Hinspiel gegen die Fortuna am 5. August 2017 kein einziges Remis mehr verbucht hatte. Nach den beiden Niederlagen zuletzt in Karlsruhe (1:3) und zu Hause gegen Wehen Wiesbaden (0:1) war es dem Hachinger Übungsleiter vor allem darum gegangen, dass sein Team die eigene Bude sauber halten sollte. "Zu Null zu spielen hatte schon eine hohe Priorität", so Schromm.

Dass Trainer oftmals eine ganz eigene Sicht der Dinge haben und Darbietungen ihrer Mannschaft feiern, die mitnichten der Erwartungshaltung des Publikums entsprechen, ist kein neues Phänomen. Und doch ist es immer wieder verblüffend, wenn einer aus der Gilde der Fußballlehrer zu einer solchen überraschenden Lobeshymne ansetzt. Fortuna-Trainer Uwe Koschinat etwa bezeichnete die erste Halbzeit seines Teams bei der Nullnummer gegen Haching allen Ernstes als "nahezu perfekt", zumindest wenn man "die Qualität des Gegners" mit einrechne. Sollte heißen: Gegen ein so gutes Team wie den Aufsteiger aus Oberbayern ist in 45 Minuten nun mal nicht mehr drin als eine Großchance, die eher durch Zufall entstanden war, und zwei halbe Möglichkeiten.

Andererseits hatte man zumindest die rot-blaue Offensive vollständig im Griff gehabt, Sascha Bigalke und der 14-fache Saisontorschütze Stephan Hain, der nach einem gegen den KSC erlittenen Innenbandanriss in die Startelf zurückkehrte, blieben wie ihre Nebenleute vor der Pause völlig wirkungslos. Auf der Gegenseite wurde zunächst Manuel Farrona Pulido nach einer verhunzten Hachinger Ecke und schnellem Kölner Konter in letzter Sekunde von Dominik Stahl abgeblockt (18.), ein Schrägschuss von Lars Bender von der linken Seite flog knapp am hinteren Pfosten vorbei (25.). Die einzig wirklich zwingende Gelegenheit hatte Fortuna-Kapitän Hamdi Dahmani, der eine Bender-Flanke mit dem Rücken zum Tor auf den Kasten köpfelte und die Unterkante der Latte traf, den Abpraller konnte SpVgg-Verteidiger Christoph Greger gerade noch vor Kölns Daniel Keita-Ruel klären (33.). "Fortuna ist hoch angelaufen und hat sehr hoch gepresst, damit hatten wir unsere liebe Mühe. Sie wollten uns nicht ins Spiel kommen lassen und das ist ihnen gut gelungen", sagte Hachings Coach Schromm hinterher.

Nach der Pause hatte sich seine Elf dann besser auf die aggressive Spielweise der Gastgeber eingestellt, "da sind wir besser zurechtgekommen", fand auch Schromm. Prompt hatten die Hachinger auch gleich ihre beste Chance im gesamten Spielverlauf, als Hain von der rechten Seite nach innen querte und per Aufsetzer den linken Pfosten traf, Kölns Torwart Tim Boss wäre wohl machtlos gewesen (55.). Prickelnde Torszenen blieben Mangelware, erst in der 68. Minute zeichnete sich SpVgg-Torwart Korbinian Müller erstmals aus, als er einen Schuss von Robin Scheu aus etwa 20 Metern glänzend aus der Torecke fischte (68.). In der Folgezeit konnten sich die Fans wieder wunderbar am Stadionkiosk verpflegen, es entging ihnen rein gar nichts.

Claus Schromm kann mit dem Zähler gut leben - und freut sich über Marseilers Comeback

Bis dann die relativ turbulente Schlussphase einsetzte, in der beide Mannschaften den einen Punkt noch hätten verdreifachen können. Zunächst hatte die Fortuna Chancen, nach Dahmani-Flanke von der rechten Seite setzte sich Keita-Ruel im Kopfballduell gegen Max Dombrowka durch und zwang Torwart Müller ebenso zu einer starken Parade (84.) wie kurz danach Bender, dessen 17-Meter-Schuss vom Keeper über die Latte gelenkt wurde (86.). Den Schlusspunkt aber hätten fast die Gäste gesetzt - allerdings unter tatkräftiger Mithilfe eines Kölners: Einen Freistoß von Bigalke in den Strafraum köpfte der eingewechselte Thomas Bröker aufs eigene Tor, Fortuna-Schlussmann Boss klaubte die Kugel mit Mühe aus dem Winkel (89.).

Dann war's vorbei, und Hachings Trainer Claus Schromm atmete tief durch: "Jeder hatte seine Chancen, ich kann mit dem Ergebnis sehr gut leben." Und mit einer für ihn sehr erfreulichen Personalie: Luca Marseiler, 20, gab zehn Monate nach seinem Kreuzbandriss ein 20-minütiges Comeback.

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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