Frauenfußball:Bengalos am Grill

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Freuen sich über den Einzug in Runde zwei: Forsterns Pija Reininger und Julia Deißenböck (v. li.). (Foto: Stephan Goerlich)

Die Regionalliga-Frauen des FC Forstern stehen nach einem 2:0-Heimerfolg gegen den 1. FFC Niederkirchen in der zweiten Runde des DFB-Pokals.

Von Raphael Späth, Forstern

In der kommenden Woche schaut ganz Fußball-Deutschland wieder auf die Sportplätze zahlreicher Amateurmannschaften, die es mit den Schwergewichten des deutschen Männerfußballs in der ersten Runde des DFB-Pokals aufnehmen. Während die Fernsehsender daraus ein großes Spektakel machen und gleichzeitig Millionen Zuschauer vor die Bildschirme und in die Stadien locken, geht es bei den Frauen weitaus familiärer zu.

Gut 300 Zuschauer sind es schlussendlich, die die Erstrundenpartie im DFB-Pokal zwischen den Regionalligisten FC Forstern und 1. FFC Niederkirchen hautnah verfolgen wollen. Für die 3000-Seelen-Gemeinde östlich von München ist das schon beachtlich - "heute waren doppelt so viele Zuschauer da wie gewöhnlich", sagt Trainer Thilo Herberholz. "Die Frauenmannschaft ist das Aushängeschild unseres Vereins", ergänzt Simon Hobmaier. Er spielt für das zweite Herrenteam in der Kreisliga und hilft am Sonntag als Stadionsprecher aus. "Die Männer unterstützen heute, wo es nur geht: Als Ordner, am Eingang oder beim Kuchenverkauf", sagt er. Der 26-Jährige hat sich bereit erklärt, das Mikrofon zu übernehmen - und dabei direkt einen Rüffel von den Gästen kassiert. "Ich habe aus Versehen das falsche Niederkirchen durchgesagt. Die beiden Ortschaften mit gleichem Namen liegen nur 40 Kilometer auseinander, das wusste ich nicht."

Die Jüngsten pflegen die Anzeigetafel - bald steht es 99:0

Dabei sollte man Niederkirchen in Forstern doch inzwischen kennen: Bereits 2018 begegneten sich die beiden Klubs im DFB-Pokal, damals siegte Forstern in Rheinland-Pfalz 3:1. Nun also das Rückspiel in Bayern. Die Stimmung am Spielfeldrand passt, beide Lager haben ihre Trommler mit Megafon mitgebracht. Dazu sieht es von der Haupttribüne so aus, als ob hinter der Gegengerade Bengalos gezündet werden - allerdings schmeißt die Herrenmannschaft nur pünktlich zum Anpfiff den Grill an.

Auch die Intensität auf dem Platz ist von Beginn an hoch, es vergehen kaum fünf Minuten, in denen nicht einer der beiden Mannschaftsärzte auf den Platz gerufen wird. Auf der Tribüne werden die Spielunterbrechungen dazu genutzt, um über das Supercup-Finale der Männer zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München vom Vorabend zu fachsimpeln. Vor allem die Aktion von Joshua Kimmich gegen Jadon Sancho am Seitenrand wird heiß diskutiert - eine "klare rote Karte" ist das einstimmige Urteil der Fachjury. "Wo war da eigentlich der Videoassistent?", fragt ein Ordner von den ersten Herren.

Einen Videoassistenten gibt es bei den Frauen nicht - allerdings benötigt Schiedsrichterin Hanf den nach gut 30 Minuten auch nicht, um auf Elfmeter für Forstern zu entscheiden. Die Verantwortung übernimmt Julia Deißenböck, die von Trainer Herberholz als "Ankerpunkt und Herz der Mannschaft" bezeichnet wird. Die 24-Jährige bleibt cool und verwandelt sicher ins rechte untere Eck - die Heimfans am Spielfeldrand sind mehr als zufrieden mit der 1:0-Pausenführung. Die jüngsten Vereinsmitglieder sind für die Anzeigetafel verantwortlich - in der Halbzeitpause führt Forstern deshalb zeitweise schon mit 99:0.

Pünktlich zur zweiten Hälfte schmilzt der angezeigte Vorsprung wieder auf einen Treffer zusammen, was allerdings nicht lange so bleibt: Die Kombinationen werden flüssiger, vor allem Deißenböck dreht auf - und entscheidet das Spiel mit dem 2:0 nach einer feinen Kombination mit Zugang Merve Kantar ( 70.). "Wir haben in der zweiten Halbzeit besser gespielt, deshalb sind wir letztendlich auch verdient mit 2:0 als Sieger vom Platz gegangen", sagt die Matchwinnerin nach dem Spiel.

In der zweiten Runde des DFB-Pokals winkt nun das große Los gegen einen Bundesligisten. In der vergangenen Saison war der VfL Wolfsburg zu Gast - damals strömten 2500 Zuschauer ins kleine Forstern. "Gegen Bayern München hätte ich in dieser Saison auch nichts", sagt Deißenböck: "Grundsätzlich wünsche ich mir einen Bundesligisten, der wieder einige Zuschauer ins Stadion lockt. Das wäre schon cool."

Kurz nach den Frauen absolvieren dann die Männer ihren letzten Saisontest - "wer jetzt noch unterklassigeren Fußball sehen will, kann sehr gerne dableiben", verkündet Simon Hobmaier.

© SZ vom 05.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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