FC Bayern:Wenn die Erde bebt

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"Er macht das prima": Ehrenpräsident Uli Hoeneß (re.) mit seinem Nachfolger Herbert Hainer beim Euroleague-Spiel gegen Villeurbanne. (Foto: Mladen Lackovic/Imago)

Die Basketballer des FC Bayern deklassieren Villeurbanne in der Euroleague.

Von Ralf Tögel, München

Blickt man einmal kurz auf den Mikrokosmos Basketball, dann können 40 Minütchen die Welt verändern. Die Basketball-Welt. So lange dauert ein sportlicher Vergleich in dieser Sportart, Nettospielzeit. Am Montag bebte beim FC Bayern die Erde wie lange nicht mehr, der deutsche Meister hatte den ersten Wettbewerb mit einer peinlichen Heimniederlage gegen vermeintlich klar unterlegene Bonner verlassen. Einer der beiden angepeilten Titel war zum frühestmöglichen Zeitpunkt perdu. Es gab Fragen: Ist die Mannschaft vielleicht gar nicht so gut, wie alle denken?

Nur zwei Tage später ist die Basketballwelt des FCB wieder in Ordnung. Das Team hat mit einem 104:63 gegen den französischen Vertreter Asvel Villeurbanne in der Euroleague gezeigt, dass es vielleicht sogar noch besser ist, als viele Konkurrenten befürchten - wenn es mit der nötigen Arbeitsauffassung aufs Feld geht, wie am Donnerstagabend im Audi Dome.

Und mit ordentlich Wut im Bauch: Vladimir Lucic hechtete nach einem Ball, Danilo Barthel fummelte mit energischem Abwehrspiel dem Gegner den Ball aus den Fingern, Maodo Lo trieb das Spielgerät in Höchsttempo nach vorne und Greg Monroe schnappte sich den Rebound unter dem gegnerischen Korb. Da waren gerade mal zwei der 40 basketballweltverbessernden Minuten gespielt, 9:0 führten die Münchner bereits, die Spieler des französischen Doublesiegers sahen sich einer Lawine an Spielfreude und Entschlossenheit ausgesetzt - die sie mit großer Wucht vom Parkett fegte. Lediglich zu Beginn des zweiten Viertels kam so etwas wie das Duell zweier gleichwertiger Konkurrenten zustande, als Amine Noua, mit 16 Punkten Villeurbannes bester Werfer, per Dreier auf 28:38 verkürzte.

Der Asvel-Center ballte die Fäuste, in diesem Moment hatten die Gäste offenbar wieder Hoffnung, dass man sich achtbar aus der Affäre ziehen kann. Schließlich ist Asvel Villeurbanne - der Klub wird von Frankreichs NBA-Legende Tony Parker als Mehrheitseigner und Präsident zu neuer Blüte geführt - mit Siegen gegen Olympiakos Piräus und Panathinaikos Athen in die Euroleague-Spielzeit gestartet. Nicht einmal 120 Sekunden später war der Rückstand durch Punkte von Lucic (12) und Topscorer Lo (19), die aus einer sehr starken Auswahl herausragten, wieder auf 18 Zähler (48:30, 16.) angewachsen. Zur Freude der 5318 Zuschauer und zum Entsetzen der Gäste sahen die Münchner dennoch nie einen Grund, das Engagement zurückzufahren. "Natürlich waren wir alle enttäuscht", sagte Kapitän Danilo Barthel mit Blick auf den Pokal-K.-o.: "Ich hoffe, dass wir daraus gelernt haben." Spielmacher Lo, der nach der Pleite deutliche Worte gefunden und die Einstellung kritisiert hatte, sieht ebenfalls einen therapeutischen Effekt: "Wir müssen mit dieser Energie und Intensität auftreten, das war ein Schritt nach vorne."

Zur Pause führte der deutsche Meister 57:35, nach drei Vierteln 83:51, das Spiel war längst entschieden, aber das war immer noch kein Grund für die Bayern, in Tempo und Entschlossenheit nachzulassen. Das 104:63 war der zweithöchste Sieg in der höchsten europäischen Spielklasse, nur Darussafaka Istanbul wurde noch deutlicher bezwungen (116:70). Die Wiedergutmachung war trefflich gelungen, was auch Trainer Dejan Radonjic zufrieden zur Kenntnis nahm: "Das war eine gute Leistung, eine sehr gute Reaktion nach unserem Pokalspiel. Wir haben einige Dinge verbessert, vor allem in der Defensive, was notwendig und sehr wichtig war." Der breite Kader der Münchner kam dem hohen Tempo zupass, jeder Spieler wollte und konnte sich in die Scorerliste eintragen, man merkte jedem Akteur das Bemühen an, den jüngsten Fauxpas zu tilgen. Besonders gut gelang dies noch Paul Zipser (12) und Mathias Lessort. Der Center war im Übrigen der einzige aktuelle französische Nationalspieler auf dem Parkett, er bekam von Radonjic viel Spielzeit, für die er sich mit zehn Punkten und einigen spektakulären Dunks bedankte.

Lessort darf beispielhaft für das große Potenzial im Kader stehen, das längst nicht ausgeschöpft sei, wie Lo fand: "Wir sind gerade dabei, als Team weiter zusammenzukommen." Trainer Radonjic erinnerte daran, dass er noch nicht sonderlich lange mit komplettem Kader trainiere, die Feinabstimmung geschehe üblicher Weise in den ersten Wochen der Saison. Wie weit der Schritt nach vorne nun war, wird man schon am Sonntag feststellen, dann gastieren die Bayern zum Bundesligaduell in Oldenburg. Die Niedersachsen standen im Vorjahr im Playoff-Halbfinale und sind wie der FCB mit drei Siegen in die Saison gestartet. Trainer Radonjic erwartet "die nächste Reaktion".

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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