FC Bayern München:Stühlerücken am Campus

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Bayern-Präsident Uli Hoeneß sah in Timon Pauls (links) einen Mann für höhere Aufgaben. Die übernimmt der 26-Jährige nun - allerdings nicht in München, sondern in Augsburg. (Foto: Lackovic / Imago)

Präsident Uli Hoeneß höchstpersönlich sah in Chefscout Timon Pauls einen Mann für höhere Aufgaben: Die übernimmt der 26-Jährige nun - als Technischer Direktor beim FC Augsburg.

Von Christoph Leischwitz

Maxime Awoudja kam gerade ins Reden darüber, wie gut man doch eigentlich in der ersten Halbzeit gespielt und dann aber viele "einfache Fehler" gemacht habe, da rief jemand seinen Namen. Holger Seitz, der Trainer der U23 des FC Bayern München, sammelte seine Spieler zusammen für eine Kabinenansprache, freundlich, aber bestimmt. Kurze Zeit später dröhnte plötzlich ein lauter Knall durch die Gänge des Grünwalder Stadions. Offensichtlich war die Tür wieder aufgesprungen, denn fünf Sekunden später folgte ein ebenso lauter Knall. Dann war die Tür wohl zu, die Zwischentür ebenfalls. Trotzdem war sehr gut zu hören, wie die Mannschaft zusammengestaucht wurde.

Es hatte sich hörbar einiges aufgestaut bei Holger Seitz. Die zweite Halbzeit beim 1:1 (1:0) gegen den Abstiegskandidaten 1860 Rosenheim war gespickt mit Unkonzentriertheiten, Lustlosigkeiten und Eigenwilligkeiten. Nach dem 1:0 durch Awoudja (18.) hatte Wooyeong Jeong einen Handelfmeter verschossen, trotzdem schien die Entscheidung nur eine Frage der Zeit zu sein. Unter anderem der zum zweiten Mal eingesetzte kanadische Profi Alphonso Davies veranstaltete viel Wirbel. Aber mit zunehmender Dauer verstrickten sich die Bayern immer mehr in Einzelaktionen. Das Resultat waren schnelle Gegenstöße der Gäste, die in der zweiten Halbzeit genug Chancen hatten, das Spiel zu drehen - Markus Einsiedler gelang der verdiente Ausgleich (75.). Eine der schlechtesten Saisonleistungen wurde obendrein auch noch von Sport1 bundesweit live übertragen. Trainer Seitz zeigte sich "sehr überrascht" und "irritiert" vom Auftritt seiner Mannschaft. "Das werde ich so auch nicht akzeptieren", sagte er wenige Minuten nach der Kabinenansprache. Seine Mannschaft hatte das zu diesem Zeitpunkt wohl schon verstanden.

Für die Aufstiegsspiele gegen den Sieger der Regionalliga Nord sind die jungen Bayern schon qualifiziert, weil der punktgleiche Tabellenzweite VfB Eichstätt und viele weitere Vereine auf eine Lizenz zum Aufstieg verzichteten. Der einzige Anreiz, in der Regionalliga noch vollen Einsatz zu zeigen, ist der Anspruch, am Ende tatsächlich auch vor den Eichstättern zu stehen und offiziell Meister zu werden. Seitz sieht seine Aufgabe darin, dass sich vor den Duellen mit dem VfL Wolfsburg II oder dem VfB Lübeck keine Passt-schon-Mentalität einschleicht. Wohl auch deshalb wollte er am Montagabend ein Zeichen setzen. Die Bayern-Verantwortlichen dürften sich darüber freuen, dass mit dem Finalspiel um den Premier League International Cup gegen die zweite Mannschaft von Dinamo Zagreb am 2. Mai in London noch ein besonderes Spiel ansteht.

Seitz' Wutausbruch ist aber zugleich auch ein Indiz dafür, dass im Nachwuchsbereich der Bayern die Ansprüche gestiegen sind. Leistungen einzelner Spieler nahe an der Arbeitsverweigerung gab es in den vergangenen Jahren immer wieder. Das Ziel Aufstieg wurde dann meist doch wieder anderen Zielen untergeordnet. Jetzt aber will der Verein nichts unversucht lassen. Weil man das Potenzial sieht, sich mithilfe hauseigener Talente dauerhaft in Liga drei halten zu können.

Einen großen Beitrag dazu hat in den vergangenen Jahren Timon Pauls geleistet. Vor gut drei Jahren wurde er zum Chefscout für die Jugend bis 15 Jahre ernannt. Ein Jahr später öffnete der neue Campus des FC Bayern, das Nachwuchs-Leistungszentrum stellte sich neu auf und steckte deutlich mehr Zeit in die Verpflichtung und Förderung der jüngeren Talente. Jenen Spielern also, die jetzt für die U17 oder die U15 spielen. Letztere gilt als besonders starker Jahrgang.

Präsident Uli Hoeneß hatte Pauls seinerzeit den verantwortungsvollen Job zugetraut, in der Hoffnung, dass dieser seine steile Karriere fortsetzt und bald größere Aufgaben übernimmt. Das tut er nun. Allerdings nicht beim FC Bayern. Mit 26 Jahren verlässt Pauls den Verein schon wieder. Nach SZ-Informationen wird sein Vertrag zum Monatsende aufgelöst. Es musste schnell gehen, weil der FC Augsburg dringend einen Mann für eine sehr viel größere Aufgabe benötigt: Pauls soll Nachfolger des gerade beurlaubten Technischen Direktors Stephan Schwarz werden.

Interesse an der Verpflichtung des akribischen Organisators hatten offensichtlich mehrere Vereine gehabt. Ende des vergangenen Jahres berichteten die Stuttgarter Nachrichten, dass der damalige Sportdirektor des VfB Stuttgart, Michael Reschke, Pauls holen wollte. Sein Weggang löst dem Vernehmen nach am Campus ein Stühlerücken aus. Wer sein Nachfolger wird, steht noch nicht fest. Mehrere Nachwuchs-teams haben noch Titelambitionen. Es ist also eine gute Zeit, sich für größere Aufgaben zu empfehlen.

© SZ vom 17.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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