FC Bayern München:Crunchtime-Kompetenz

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„Auf diese Intensität müssen wir uns einstellen“: Auf die großen Männer unter dem Korb wartet viel Arbeit – hier stemmt sich Maik Zirbes (links), 2,07 Meter, im Pokal-Halbfinale gegen Ulms Tim Ohlbrecht, 2,11 Meter. (Foto: Langer/imago/Eibner)

Nach dem Pokalsieg bricht für die Basketballer des FCB die entscheidende Phase in Liga und Eurocup an. Ludwigsburg dürfte ein echter Härtetest für ihre Belastungsfähigkeit werden.

Von Matthias Schmid

Nachdem Vladimir Lucic den Schülern fast jeden Wurf, jedes Dribbling und jede Finte näher gebracht hatte, folgte am Ende noch die Königsdisziplin: das Pokal-in-die-Höhe-Recken. Mit dieser Übung könne man nicht früh genug beginnen, merkte der Profi-Basketballer vom FC Bayern mit einem Lächeln an. Also zeigte er auch das, mit einer echten Trophäe sogar. Die Kinder waren mit großem Enthusiasmus dabei.

Die Schüler der Grundschule im Münchner Stadtteil Haidhausen durften am Mittwoch die silberne Auszeichnung stemmen, die Lucic, 28, mit seinen Mitspielern vor zwei Wochen mit einem Finalsieg gegen Alba Berlin errungen hatte. "Der Pokal war sicher der schwerste Titel für uns", sagte Lucic, "die Mannschaft hat einen enormen Druck gehabt, weil wir diesen Wettbewerb eigentlich gewinnen mussten." Die Bayern waren favorisiert, alle anderen hatten nichts zu verlieren, auch die Spieler selbst erwarteten den Titel von sich. "Dass wir das geschafft haben, kann uns weit bringen", glaubt Lucic.

Von Druck erzählte der Serbe bei seinem Besuch in der Grundschule an der Flurstraße nichts. Der Spaß und das Spielerische steht bei dem Schulprogramm des FC Bayern im Vordergrund, 30 Arbeitsgemeinschaften fördert der Klub an Grundschulen in München und Erding. Lucic war nicht der einzige, der den Schülern seinen Sport nahe brachte.

"Das Spiel kommt für uns zu keinem guten Zeitpunkt nach der langen Pause."

Für die Profis war das Training mit Kindern eine willkommene Abwechslung vor den viel beachteten Spielen an diesem Samstag beim Tabellendritten Riesen Ludwigsburg und am Dienstag im Eurocup in eigener Halle gegen Unics Kazan. National und international beginnen nun die entscheidenden Wochen für den FC Bayern. Cheftrainer Aleksandar Djordjevic hätte sich nach der Länderspielpause und vor dem ersten von maximal drei Viertelfinalduellen gegen den russischen Spitzenklub einen leichteren Gegner in der Bundesliga gewünscht. "Das Spiel kommt für uns zu keinem guten Zeitpunkt nach der langen Pause", sagte Djordjevic am Donnerstag, Ludwigsburg hat erst am Mittwoch Ulm mühelos geschlagen. "Das ist natürlich ein Vorteil", sagte der Serbe.

Aber auch seine Basketballer dürften in ansprechender Form sein. Danilo Barthel und Maik Zirbes waren nach dem Pokalsieg mit der Nationalmannschaft unterwegs. Und Djordjevic konnte sich mit eigenen Augen überzeugen, dass sie ganz gut drauf sind. Sie fügten ihrem Trainer eine empfindliche Niederlage in der Qualifikation für die WM 2019 in China zu. Djordjevic betreut im Nebenberuf die serbische Auswahl, und der Olympia-Zweite hatte gegen Deutschland überraschend mit 74:79 das Nachsehen.

Niederlagen mit dem FC Bayern musste der ehemalige Spielmacher schon länger nicht mehr moderieren, in der Bundesliga sind die Münchner seit 17 Spielen unbesiegt. Das soll so bleiben, auch wenn Djordjevic vor der Mannschaft aus Württemberg warnt: "Ludwigsburg spielt einen typischen John-Patrick-Basketball." Der Stil des Ludwigsburger Cheftrainers kann für Teams mitunter sehr anstrengend sein, weil er die Kontrahenten permanent stresst, sie solange piesackt, bis sie Fehler machen. "Auf diese Intensität müssen wir uns einstellen", findet Djordjevic: "Im ersten Spiel ist uns das gut gelungen, auch wenn wir nicht gut begonnen haben."

Bis auf den Langzeitverletzten Milan Macvan (Kreuzbandriss) kann er alle Spieler aufbieten, einzig Point Guard Stefan Jovic plagte sich mit einer im Pokalfinale erlittenen Fußverletzung herum und war deswegen ein paar Tage vom Sport befreit. Obwohl sein Landsmann schon des Öfteren wegen körperlicher Beschwerden pausieren musste, gehört er zu den rentablen Zugängen, die in dieser Saison ein Spiel prägen können und es auf ein höheres Niveau gehoben haben - vor allem in der Crunchtime, jener Phase, in der sich Spiele entscheiden. Djordjevic zählt noch Braydon Hobbs dazu, natürlich auch Jared Cunningham, der in der Verteidigung immer besser werde. "Wir haben gerade bei den Guards mehr Zentimeter, das macht enorm viel aus", sagt Djordjevic.

Auffällig ist vor allem, dass seine Spieler in kritischen Phasen in dieser Saison immer noch zulegen, Rückstände wie gegen Berlin im Pokalfinale aufholen können, um am Ende als Sieger das Parkett zu verlassen. "Wir haben die passenden Spieler dazu geholt und sind im Kern zusammengeblieben, das sind alles Dinge, die wir vorher nicht hatten." Die Absenz des Flügelspielers Macvan gleicht der formstarke Barthel aus. Auch Lucic mag die Position vier unter dem Korb, wo sich die großen, schweren Jungs gegenseitig auf den Füßen stehen. Eigentlich ist seine Position die drei, also weiter weg vom Korb. "Aber ich habe das bei Partizan schon gemacht. Ich fühle mich da wohl und spiele es gerne", sagte Lucic bei seinem Schulbesuch am Mittwoch. Mit 2,04 Metern war er da auch mit Abstand der Längste.

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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