FC Bayern München:Cool bleiben

Lesezeit: 3 min

Am Sonntag beginnt das mit Spannung erwartete Basketball-Finale zwischen München und Berlin. Obwohl der Titelverteidiger FC Bayern den Heimvorteil hat, wehrt er sich gegen die Favoritenrolle.

Von Ralf Tögel, München

Ob er schon richtig wach ist? Devin Booker grinst, gleich steht das Vormittagstraining an, dann sagt er mit seiner tiefen, sonoren Stimme: "Yeah, man." Ob er sich aufs große Finale gegen Berlin freue? "Ich bin bereit." Es gab ja eine Diskussion wegen der einwöchigen Pause zwischen Halbfinale und Finale in der Basketball-Bundesliga, sowohl die Münchner als auch Berlin hatten die Endserie ja mit maximalem Tempo gebucht und die jeweiligen Gegner Vechta und Oldenburg mit einem Sweep, einem 3:0 in der Best-of-five-Serie, aus dem Wettbewerb gefegt. Deshalb verstrichen die beiden Termine während der Woche ungenutzt, wofür wenige Spieler so recht Verständnis haben. "Das ist definitiv zu lang", brummt auch Booker, "aber nicht meine Entscheidung."

Auf den Center der Münchner kommt nun an diesem Sonntag (18 Uhr) im Eröffnungsspiel der Finalserie um den deutschen Meistertitel eine wichtige Rolle zu, denn die Bayern haben das Offensivreboundspiel als eine der großen Stärken von Alba ausgemacht. "Dann werde ich das verhindern", sagt Booker lapidar, das ist ja seine Aufgabe, "darauf werde ich den Fokus haben." Devin Booker, 28 Jahre alt, geboren in Whitmire, South Carolina, Vereinigte Staaten von Amerika, Vater von drei kleinen Kindern, den offenbar nichts aus der Ruhe bringen kann. Ob er nicht ein bisschen zu relaxt ist, so kurz vor dem Höhepunkt der Saison? "So bin ich halt, das ist mein Naturell", sagt er und grinst.

Ganz nebenbei ist dieser Devin Booker einer der besten Center in der Liga, wenn nicht in Europa. Das zumindest hatte Svetislav Pesic behauptet, nachdem er als Trainer des FC Barcelona sein Euroleague-Spiel bei den Bayern verloren hatte. Auch wegen einer Klasseleistung von Booker. So einen, sagte der ehemalige Bayern-Coach, der gerade für zwei weitere Jahre bei den Katalanen unterschrieben hat und somit nächste Saison erneut im Audi Dome zu Gast sein wird, hätte auch er gern in seinem Team. Das dürfte nicht passieren, denn der Kontrakt des Centers in München läuft zwar aus, aber man wisse schon, was Klub und Spieler aneinander hätten, sagt Pesic. Nicht der Vater diesmal, sondern der Sohn, Marko Pesic, der Geschäftsführer des FC Bayern. Die Vertragsverlängerung mit dem coolen 2,05-Meter-Brocken Booker dürfte recht weit oben auf seiner Prioritätenliste stehen. Zunächst allerdings gibt es noch diese Kleinigkeit zu erledigen: die Titelverteidigung.

Der Respekt vor dem Gegner ist groß, die Münchner sehen sich nicht als Favorit. Nicht zuletzt weil Berlin wie die Bayern makellos ins Finale eingezogen sind: Dem 3:0 gegen Ulm folgten drei souveräne Siege gegen den Hauptrundenzweiten Oldenburg, zweimal gewann Alba auf fremdem Parkett. Schon im Vorjahr trafen diese beiden Teams im Finale aufeinander, damals setzten sich die Bayern in einer spektakulären Serie 3:2 durch - nachdem sie die erste Partie vor eigenem Publikum verloren hatten. Alba ist auch die einzige deutsche Mannschaft, die den FC Bayern in dieser Saison auf eigenem Terrain bezwingen konnte. Doch Nihad Djedovic hat eine plausible Erklärung für das 70:78 im Pokal-Viertelfinale: "Kaunas, Berlin, Mailand, Madrid und wieder Alba, in zehn Tagen." Es waren in der Tat harte Weihnachten für die Münchner, die sich innerhalb von ein paar Tagen mit Gegnern höchster Qualität konfrontiert sahen, was selbst in diesem so tief wie edel besetzten Kader Verschleißspuren hinterlassen hatte. "Zu einem anderen Zeitpunkt hätten wir gewonnen", ordnete Djedovic diese Niederlage ein, als Favorit für die Serie aber sehen sich die Münchner dennoch nicht. "Es kann immer alles passieren", sagt Djedovic, "sie haben viel Konstanz in ihrem Spiel, das ist eine Mannschaft, die immer ihr System spielt, egal wie es steht." Soll heißen, dass man die Berliner zu keiner Zeit einer Partie abschreiben sollte, egal wie es steht.

Das Halbfinale gegen Vechta sei dafür ein guter Test gewesen, findet Djedovic, denn die Niedersachsen würden einen ähnlichen Basketballstil spielen. Schnell, etwas unorthodox, unbekümmert. Immer wenn die Münchner scheinbar enteilt waren, kam der Aufsteiger mit viel Einsatz und Leidenschaft zurück. Man wisse also, was man zu erwarten habe, nur dass Berlin eben klar besser besetzt sei als Vechta.

Bayern-Trainer Dejan Radonjic erinnert in diesem Zusammenhang an die jüngste Steigerun seiner Auswahl. Das Viertelfinale gegen Braunschweig geriet zäh, gegen Vechta hingegen steigerte sich sein Team deutlich. Angesichts der längst nicht ausgeschöpften Möglichkeiten in diesem Ensemble der Hochtalentierten gibt das berechtigten Anlass für weiteren Leistungszuwachs: "Alba ist eine sehr gute Mannschaft mit viel Qualität auf allen Positionen. Wir müssen als Team dagegen halten, aber dafür sind wir bereit." Booker sagt: "Erst mal das erste Spiel gewinnen und dann weitersehen."

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: