FC Bayern II:Schwung statt Schlendrian

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Sechsmal Jubeln: Kwasi Wriedt, Joshua Zirkzee, Christopher Richards, Timo Kern und Jeong Woo-Yeong (v. l.). (Foto: imago images/foto2press)

Mit dem 6:1 gegen Halle bestätigen die Münchner ihre beeindruckende Rückrundenform - auch die Defensive steht stabiler als vor der Winterpause.

Von Christoph Leischwitz, München

Es gab nach dem Schlusspfiff noch eine Aktion, die dem Trainer besonders gut gefiel: "Welzi kam direkt nach dem Spiel an und sagte ,auf dem Boden bleiben!'", erzählte Sebastian Hoeneß über seinen Kapitän Maximilian Welzmüller. Klar durften die Spieler des FC Bayern München II sich von den entzückten Fans feiern lassen, klar darf der jeweilige Torjubel auch mal ähnlich originell ausfallen wie das Tor selbst, und die U23-Kicker erweisen sich dabei auch als höchst erfinderisch. Aber so ein 6:1-Erfolg gegen einen Tabellennachbarn, den Halleschen FC, das weckt beim Chef natürlich auch gleich die Besorgnis, dass bald der Schlendrian mitspielen könnte. Und so abwegig ist das nicht: Die jungen Bayern sind klarer Erster der Rückrunden-Tabelle, sie schießen scheinbar Tore, wie sie wollen, das Selbstvertrauen erfährt immer mehr Bestätigung, und dann singen die Fans der zweiten Mannschaft auch noch: "Die Nummer eins der Stadt sind wir!" In Anlehnung an die Tatsache, dass man dank des fulminanten Sieges die Sechziger in der Drittliga-Gesamttabelle überholt hat.

"Wir haben gerade einen Lauf", sagte Hoeneß, diesmal habe sich die Mannschaft gegen Ende auch noch "in einen Rausch gespielt". Doch fast wirkte es, als habe der Trainer ein schlechtes Gewissen: "Die Mannschaft hat mich beeindruckt", sagte er über die Sachsen-Anhaltiner, für sie sei das "Ergebnis natürlich brutal", betonte er. Denn in der ersten Halbzeit habe es Halle geschafft, seiner Mannschaft das Spiel aufzudrücken. Den Unterschied in den ersten 45 Minuten machte Kwasi Wriedt, der nach sechs Minuten eine Flanke von Mert Yilmaz gerade noch erreichte und ins Tor spitzelte. Nach dem verdienten Ausgleich der Gäste (36.) traf er mit einem ähnlichen Tor zum 2:1-Halbzeitstand (38.). Nach der Pause habe man mit einer ebenso "brutalen" Effektivität zugeschlagen, so Hoeneß.

Seine Mannschaft habe sich "in einen Rausch gespielt", sagt Bayerns Trainer Sebastian Hoeneß

Dass sich der Schlendrian doch nicht einschleicht, dafür könnten die Einwechselspieler in Form von Konkurrenzkampf sorgen. Diese brächten schon seit Wochen neuen Schwung hinein, die Mannschaft werde jedes Mal noch besser. "Da hat man heute gesehen, wie viel Qualität wir in der Mannschaft haben. Jeder, der reinkam, hat eine Torbeteiligung - überragend", sagte auch Kwasi Wriedt. So staubte zum Beispiel der von Ajax Amsterdam ausgeliehene Nicolas Kühn nach einem beherzten Sprint des ebenfalls eingewechselten Jann-Fiete Arp ab (83.). Kühn stand bisher noch nicht in der Startelf, als Träger der Fritz-Walter-Medaille gilt er aber als eines der größten Talente des Landes. "Ich habe ihm gesagt, dass er kurz davor steht", erzählt Hoeneß. So groß ist zurzeit die Qual der Wahl, die der 37-Jährige hat.

Zwar fehlte Leistungsträger Nicolas Feldhahn am Montag wegen einer kurzfristigen Erkrankung. Aber selbst das ist momentan kein Problem, weil die Bayern in der Defensive generell stabiler stehen als noch vor der Winterpause. Ein Grund dafür ist das variable Spiel des erst 18-jährigen Angelo Stiller, der gleich mehrere Aufgaben übernimmt: Mal spielt er im zentralen Mittelfeld, mal rückt er als fünfter Spieler in die Abwehrkette ein, er schießt viele Standards, er übernimmt den Spielaufbau. Bis zur Winterpause hatte er gerade einmal acht Minuten im Profifußball verbucht, trotzdem spielt er ausgebufft und wirkte, auch in der starken Phase der Hallenser, in den meisten Fällen gegen das Pressing resistent. Er spiele "mit Auge", sagt Stiller selbst, entscheidet oft also auch schon eigenständig, was in der jeweiligen Situation am ehesten zu tun ist. "Und mit den Innenverteidigern spreche ich mich ab, ob ich reinschiebe oder nach vorne schiebe, das machen wir zu Dritt top", sagte er. Insgesamt sei seine Grundausrichtung natürlich ein wenig defensiver als noch in der U19. Und dann merkt er noch an, dass er sich nicht auf das viele Lob konzentriere, das ihm momentan zuteil wird, dass er auf dem Boden bleiben wollte. Das dürfte seinem Trainer Sebastian Hoeneß dann auch ganz gut gefallen haben.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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