FC Bayern:Auf Krücken zum Spitzenspiel

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Volle Ausbeute: Michael Plattner gewinnt gegen Versbach sein Doppel und beide Einzel – damit hat er seine Saisonbilanz auf 15:1 Siege ausgebaut. (Foto: Claus Schunk)

Tischtennis-Regionalligist München ist nach dem Sieg gegen Tabellenführer Versbach zurück im Titelrennen. Und das, obwohl seine Nummer eins gar nicht einsatzfähig ist.

Von Andreas Liebmann, München

Das Prozedere ist einfach. Man schiebt das verletzte Körperteil vor ein Röntgengerät, bekommt eine nicht allzu schicke Bleischürze umgehängt, es macht klick oder klack oder so ähnlich, danach geht es zurück ins Wartezimmer. Irgendwann wird man zum Radiologen gebeten, der einem den Befund erläutert.

Auf dieses Pläuschchen konnte Florian Schreiner am Samstag nicht warten. Ohne das Ergebnis seiner Untersuchung zu erfahren, verließ er die Notaufnahme. Er musste zum Sport. Sein Tischtennis-Abteilungsleiter Rudi Kahler vom FC Bayern München hatte ihm ein paar alte Krücken vom Speicher mitgebracht, damit durften die beiden nun keine Zeit verlieren - wenn Schreiner zum Spielbeginn nicht in der Halle wäre, hätten sie wohl kaum eine Chance, ihr Spitzenspiel gegen Versbach zu gewinnen. "Es war sehr knapp", sagte Kahler.

Schreiner, 23, ist die Nummer eins des FC Bayern. Sein Team ist viel zu gut für die Regionalliga, der Wiederaufstieg in die dritte Liga ist eigentlich ein Muss. Dummerweise gilt das in gleichem Maß für den SB Versbach um den ehemaligen Erstligaprofi Nico Christ. Das Hinspiel vor drei Wochen endete unentschieden, dennoch belegten die Unterfranken in der Tabelle mit zwei Punkten Vorsprung Rang eins, den einzigen Aufstiegsplatz - weil die Münchner im Herbst ersatzgeschwächt in Magdeburg verloren hatten. Ein Sieg war nun also die einzige Chance für die Münchner, zumindest gleichzuziehen, und das gelang. 9:4 gewannen sie ihr Heimspiel, auch weil Schreiner rechtzeitig in der Halle ankam. "Und das, obwohl wir am Morgen noch tieftraurig waren", wie Kahler sagte. Denn da hatten sie ja erst erfahren, dass ihre Nummer eins tags zuvor eine rutschige Rolltreppe hinuntergepurzelt und der Fuß seitdem bedenklich angeschwollen war.

Gewonnen hat Schreiner dann natürlich: nichts. Seine Anwesenheit war laut Reglement aber vonnöten gewesen, um ihn ganz oben in den Spielbericht eintragen zu dürfen. Mit dieser taktischen Aufstellung musste er dann zwar ein Doppel und zwei Einzel im Dienste der Mannschaft kampflos abgeben, der Rest des Teams konnte dafür aber auf den angestammten Positionen bleiben. Und der Rest des Teams machte das Allerbeste daraus - auch weil die Versbacher nicht minder überraschend ohne Nico Christ erschienen waren. "Eine Magenverstimmung" gaben sie als Grund an. Die Münchner jedenfalls gewannen bis auf Ersatzspieler Nico Longhino, der in fünf Sätzen unterlag, zuvor aber im Doppel mit Michael Plattner gesiegt hatte, all ihre Matches. Vor allem die Münchner Jugend-Nationalspieler bewiesen starke Nerven. Daniel Rinderer lag gegen Versbachs Spitzenspieler Andreas Ball im fünften Satz bereits 7:10 zurück, aber drehte die Partie. Und auch Felix Wetzel im mittleren Paarkreuz wehrte nach 3:7-Rückstand im fünften Durchgang gegen Thomas Theissmann mehrere Matchbälle ab, ehe er den Bayern den 9:4-Gesamtsieg sicherte.

Schreiner kehrte danach natürlich ins Krankenhaus zurück, um seine Diagnose zu erfahren. Die klinge "schlimmer, als sie ist", sagte Kahler, "eine Fersenbeinfraktur". Drei bis vier Wochen werde der ehemalige deutsche Jugendmeister ausfallen, "drei Spiele müssen wir überstehen". Bitter sei das natürlich trotzdem, denn fortan geht es um das Spielverhältnis, und da hat Versbach etwas Vorsprung. Der, so glaubt Kahler, wäre schon weg gewesen, hätte Schreiner am Samstag spielen können. Die Hoffnung, dass die Franken anderswo stolpern werden, ist gering. Gleich am Sonntag trugen sie noch ihr Gastspiel bei der SpVgg Thalkirchen aus. Sie gewannen knapp mit 9:5. Thalkirchen war ohne seine Nummer eins angetreten, die Versbacher dagegen hatten Nico Christ nachreisen lassen. Ganz fit dürfte der noch immer nicht gewesen sein, er unterlag jeweils in fünf Sätzen Michael Dudek und Daniel Weber. Zwei dicke Überraschungen also. Und auch den Versbachern ist bewusst: Für den Rest der Saison zählt im Fernduell nun jedes einzelne Match.

© SZ vom 15.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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