FC Bayern:Anderer Basketball

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Trotz anhaltender Leistungsschwankungen zieht der FC Bayern souverän in die Eurocup-Zwischenrunde ein. Mindestziel ist das Viertelfinale, dem stehen aber starke Kontrahenten im Weg

Von Ralf Tögel, München

Nihad Djedovic war ein gefragter Mann. Hier ein Foto, dort ein kurzes Gespräch, da ein kleines Interview. Das war in jüngerer Vergangenheit selten der Fall, aus dem einfachen Grund, weil Djedovic nicht viel gespielt hat. Am vergangenen Mittwoch aber, im letzten Eurocup-Vorrundenspiel gegen Buducnost Podgorica, bekam der Deutsch-Bosnier von Trainer Sasa Djordjevic eine üppige Einsatzzeit zugestanden. Genau 25 Minuten und 29 Sekunden nämlich, in einem vierzigminütigen Basketballspiel ist das viel, gegen den montenegrinischen Meister stand nur Reggie Redding ein paar Sekündchen länger auf dem Spielfeld. Und Djedovic wusste das Vertrauen seines Trainers zu rechtfertigen, er war mit 13 Punkten hinter Maxi Kleber (14) zweitbester Punktesammler beim zähen, aber letztlich deutlichen 80:66-Erfolg gegen Podgorica.

Eigentlich ist das keine besonders spannende Nachricht, gerade weil Djedovic in den vergangenen Jahren seines Wirkens beim FC Bayern einer der gesetzten Spieler war. Der ehemalige Trainer Svetislav Pesic hatte in Djedovic seinen besten Scorer ausgemacht, diesem eine Art Spielgarantie ausgestellt ("Nihad spielt immer") und Freiheiten eingeräumt. Das zahlte sich in der Regel aus, auch wenn der 26-Jährige in der ersten Halbzeit abgetaucht war, rechtfertigte er das Vertrauen und drehte im zweiten Abschnitt auf. Seit Djordjevic die sportliche Verantwortung hat, ist das anders, nun muss sich Djedovic diesen Status erst erarbeiten: "Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich zufrieden bin", beschrieb er sein momentanes Befinden. Immerhin wurde er nach der Podgorica-Partie explizit vom Coach gelobt, der ihm, wie auch Ondrej Balvin, der ebenfalls bisher überschaubare Spielzeiten bekommen hat, eine gute Leistung attestierte. "Beide waren bereit, dieses positive Gefühl nehme ich heute mit nach Hause", sagte Djordjevic.

Der neue Trainer war auch mit der Vorstellung seiner gesamten Mannschaft zufrieden, die zwar schwer in die Partie gefunden hatte (13:13 nach dem ersten Viertel), zur Halbzeit knapp führte (36:31), doch mit einem feinen Schlussspurt den klaren Sieg herauswarf. Djordjevic war aber auch nicht entgangen, dass seine Spieler einmal mehr einen deutlichen Vorsprung aus der Hand gegeben hatten: Vor dem letzten Viertel lag der Gastgeber mit 58:44 in Führung, ließ den montenegrinischen Meister aber auf 62:59 herankommen. Eine Ursache könnte auch die Tatsache gewesen sein, dass die Gäste völlig unbeschwert aufspielen konnten, denn Podgorica stand bereits als Letzter fest: "Sie haben sehr physisch gespielt", fand Kleber, "aber wir haben in den letzten fünf Minuten gezeigt, was wir können."

Diese Leistungsschwankungen begleiten die Mannschaft seit Saisonbeginn, die Ursache ist wohl darin zu suchen, dass vieles nach der Ära Pesic umgekrempelt wird. Djedovic, der als einer der Wenigen schon mehrere Jahre für den FC Bayern aufläuft, bestätigt das: "Wir spielen einen komplett anderen Basketball, das ist mit der Vorsaison überhaupt nicht zu vergleichen." Jeder Trainer habe eine andere Philosophie, er sei momentan ob seiner Rolle "nicht superglücklich", versuche aber mit professioneller und harter Arbeit zu überzeugen. Man muss an dieser Stelle festhalten, dass die Bayern eine starke Eurocup-Vorrunde gespielt haben, von ihren acht Partien haben sie sechs gewonnen, dieselbe Bilanz weist nur Gruppensieger St. Petersburg auf.

Dummerweise haben die Russen den FCB zweimal geschlagen und somit den direkten Vergleich auf ihrer Seite, die Bayern treffen folglich auf einen anderen Gruppensieger: Khimki Moskau. "Wenn sie im Eurocup spielen, dann sind sie ein Favorit, sie haben den Wettbewerb schon gewonnen", beschreibt Djordjevic die hohe Qualität dieser Mannschaft, die in der Vorsaison in der höheren Euroleague notiert war. Zudem spielt Bundesliga-Konkurrent Ulm in der Zwischenrunden-Gruppe H, die vom litauischen Vertreter Lietkabelis Panevezys komplettiert wird. Während die Litauer eine Unbekannte sind, weiß Djordjevic nur zu gut, was in Ulm auf seine Mannschaft zukommt: "viel Kontinuität, richtig guter Basketball, tiefe Bank." Nicht umsonst führen die Ulmer die Liga an, verpassten vor Wochenfrist Meister Bamberg in heimischer Halle eine Abreibung und sind als einziger Bundesligist ungeschlagen. Dort beginnt am 4. Januar die Zwischenrunde für den FCB, an deren Ende die Münchner als einer der zwei Gruppenbesten ins Viertelfinale einziehen wollen.

Spätestens dann werde sich zeigen, wie gut die aktuelle Mannschaft wirklich sei, sagte Djedovic. Dann musste er noch für ein Foto posieren.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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