Eishockey:Zwei Jahre in der Hölle

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Sekundenglück: Shawn Weller bejubelt Tyler McNeelys Ausgleich zum 2:2 – die Dresdner Stadionuhr zeigte 59:59 Minuten. (Foto: Lutz Hentschel/imago)

Die Tölzer Löwen erreichen erstmals seit dem Aufstieg in die DEL 2 die Playoffs und treffen im Viertelfinale auf Heilbronn.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Kevin Gaudet entlockte die Frage nur ein mildes Lächeln. Ob er so ein Spiel schon einmal erlebt habe, wollte Dresdens Presseconférencier Marcus Schmidt vom Trainer der Tölzer Löwen wissen. "Ich habe schon viel erlebt in 28 Jahren als Trainer", antwortete Gaudet. Sicher: Ein Spiel, in dem sein Team in der letzten Sekunde den Ausgleich schießt, in der Verlängerung die Chance zum Sieg hat und sich trotzdem nach Penaltyschießen 2:3 (1:1, 0:1, 1:0) geschlagen geben muss, erlebt man nicht alle Tage. Aber es war ja alles noch mal gut ausgegangen. Tyler McNeelys Abfälscher zum 2:2, als die Tölzer Löwen bereits alles auf eine Karte gesetzt und ihren Torhüter für einen weiteren Feldspieler vom Eis genommen hatten, sicherte Platz fünf in der Abschlusstabelle der DEL 2. Nach 52 Spieltagen gehört Tölz - nach zwei Jahren, in denen der Klassenerhalt erst über die Abstiegsrunde gelungen ist - erstmals seit der Rückkehr in die zweite Eishockey-Liga zum Kreis der Teams, die in den Playoffs um den Titel spielen, mehr noch: Sie haben sich direkt und ohne den Umweg über die erste Playoff-Runde für das Viertelfinale qualifiziert. Gegner sind vom 13. März an die Heilbronner Falken.

Eben wegen dieser jüngsten Tölzer Vergangenheit (die vor seiner Zeit geschah) hatte Gaudet aber Verständnis für die Gastgeber. Die Dresdner Eislöwen pendelten an diesem Sonntag nervlich permanent zwischen Himmel und Fegefeuer, oder wie Gaudet es ausdrückte: "Wenn du in den Playoffs bist, spielst du ohne Druck, dann spielst du für den Spaß. Playdowns sind die Hölle." Als Riku Helenius den letzten Penalty von Johannes Sedlmayr spektakulär mit der Fanghand aus dem Winkel gefischt hatte, stand aber auch für Dresden fest, dass sie die nächsten Tage ohne den ultimativen Druck angehen können: Als Tabellenzehnter schafften die Eislöwen gerade noch so den Sprung in die erste Playoff-Runde gegen Bad Nauheim.

Dass seine Mannschaft bis zur letzten Sekunde eines Spiels gefährlich sein kann, hatte Kevin Gaudet schon am Freitag erlebt. Im Heimspiel gegen eben jene Roten Teufel aus Bad Nauheim, den direkten Tabellennachbarn, war es Shawn Weller gewesen, der den Puck bei Spielzeit 59:59 ins leere Tor gelöffelt und damit das Viertelfinal-Ticket gelöst hatte. "Ich bin stolz", sagte Gaudet. "Was wir hier erreicht haben, ist super. Meine Spieler haben das ganze Jahr gekämpft, wir hatten nur in zwei Spielen eine komplette Mannschaft." Auch in Dresden musste er in Markus Eberhardt, Sasa Martinovic und Niklas Heinzinger auf eine halbe Abwehr verzichten. Umso besser tun den Löwen ein paar freie Tage zusätzlich.

Gegen Heilbronn im Viertelfinale wird Kevin Gaudets Erfahrungsschatz dann sicher wieder um die eine oder andere Anekdote reicher werden. Alle vier Duelle in dieser Saison verliefen spektakulär: Dreimal hieß der Sieger Bad Tölz (5:4, 8:6, n.V. 3:2), einmal gingen die Falken als Gewinner vom Eis (n.V. 6:5). In der K.-o.-Runde heißt es dann wieder: Himmel oder Hölle.

© SZ vom 03.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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