Eishockey:Zum Bersten gut gelaunt

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Die Tölzer Löwen liegen in der Oberliga-Finalserie gegen Tilburg 0:2 zurück. Für Trainer Axel Kammerer kein Grund aufzugeben. Bislang habe man es dem Gegner lediglich zu leicht gemacht.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Unter dem Hallendach im Ijssportcentrum Stappegoor im niederländischen Tilburg hängen Lampen, deren Anblick allein in Deutschland apothekenpflichtig wäre. In Form und Farbe sehen sie aus wie arzneiliche Kapseln, nach deren Genuss jeder Schmerz nachlässt und die Welt ein bisschen bunter aussieht. Hierzulande würde so eine Beleuchtung unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, aber in den Niederlanden geht man das Leben bekanntlich ein bisschen beschwingter an. Vermutlich ist das zwar nur ein weiteres Holland-Klischee wie Holzschuhe, Tulpen und Frau Antje. Aber auffällig ist es schon, dass Axel Kammerer, dessen Tölzer Löwen am Sonntag das zweite Finalspiel in der Eishockey-Oberliga bei den Tilburg Trappers 0:2 verloren und nun vor dem Aus stehen, hinterher von "Party pur" schwärmte, von einem DJ, "eine Mischung aus Sascha Hehn und Hansi Hinterseer", von "Bombenstimmung" und von einem "Riesenremmidemmi". Wenn da mal keine Stimmungsaufheller im Einsatz waren.

Der Trainer Kammerer gestand den Gebrauch von Drogen denn auch ohne Umschweife. In Tilburg seien die Menschen so nett, "die fragen dich, ob du noch ein Bier magst", und dann sagt man halt nicht Nein. Aber nein, zur Betäubung habe er nichts zu sich genommen, trotz der Niederlage. Im Gegenteil. Nach dem "intensivsten Spiel der Saison" ist Kammerer mehr denn je davon überzeugt, dass seine Mannschaft mit dem 15-maligen niederländischen Meister und Pokalsieger mehr als mithalten kann. "Ich kann keinem einen Vorwurf machen. Das ist ein Finale auf Augenhöhe, 50:50. Zum Teil haben wir sie an die Wand gespielt. Wir bringen nur leider die Sch... Scheibe nichts ins Tor."

"Jetzt ist Schluss mit lustig": Die Tölzer Löwen (v.l. Daniel Merl und Johannes Sedlmayr) wollen nicht länger den Trappers beim Feiern zusehen, schon gar nicht in ihrer eigenen Halle wie hier beim 2:3 am vergangenen Freitag. (Foto: Manfred Neubauer)

Statt Frust nahm Kammerer nach dem Spiel auf der rund neunstündigen Rückfahrt aus der Provinz Nordbrabant eine andere Stimmung bei seiner Mannschaft wahr: "Es ist nicht so, dass wir jetzt aufgeben." Das Halbfinale in Hannover sei ein "Highlight" gewesen. Aber von dem Erlebnis in der rappelvollen und zum Bersten gut gelaunten Tilburger Halle würden seine jungen Spieler "noch in zehn Jahren sprechen", glaubt Kammerer und erwartet eine drogenfreie Extradosis Motivation. o:2 liegt der Meister der Süd-Staffel gegen den Titelverteidiger zurück, der mit einer Sondergenehmigung seit 2015 in der Oberliga Nord spielt und in diesem Jahr zum zweiten Mal nacheinander im Finale steht. "Eine sehr gute Mannschaft", sagt Kammerer. "Aber jetzt sind sie fällig."

An diesem Dienstag (Beginn 19.30 Uhr, Hacker-Pschorr-Arena) heißt es für die Löwen: Sieg oder Saisonende. Viel zu ändern gebe es nicht. Das Überzahlspiel - angesichts von null Toren bei sechs Gelegenheiten klinge das "etwas schizophren" - sei deutlich besser gewesen als zuletzt, in Unterzahl habe sein Team gar "überragend" verteidigt, findet der Trainer. Das 1:0 für Tilburg, ein Kontertor durch Mickey Bastings (7.), fiel jedoch nach einem Tölzer Fehler, das zweite durch Björn Willemse (27.), als Johannes Sedlmayr auf der Strafbank saß. "Ihre erste Reihe haben wir eigentlich ganz gut im Griff", sagt Kammerer; die zweite Linie der Trappers bereitet mehr Probleme. Vor allem aber müssen die Löwen die eigene Effizienz steigern. In Tilburg gaben sie 39 Schüsse ab, doch Ian Meierdres im Tor der Trappers war nicht zu bezwingen. "Wir machen es ihm zu leicht", hat Kammerer erkannt. "Wir müssen vor dem Tor mehr Verkehr machen, ihm die Sicht nehmen."

Leichter gesagt als getan. Gegen die körperlich robusten Niederländer wirken die Tölzer eher schmächtig. Umso unvorteilhafter, wenn in Beppo Frank einer der stabilsten Verteidiger ausfällt. Der 32-Jährige hatte sich am Freitag beim 2:3 in eine Schlägerei verwickeln lassen und war am Sonntag gesperrt. Schon zuvor hatte Frank unglücklich agiert: Sein Fehler vor dem 1:2 hatte Tilburg auf die Siegerstraße gelotst. Egal. "Am Dienstag sind alle an Bord", sagt Kammerer. "Und, das ist nicht böse gemeint, aber: Jetzt ist Schluss mit lustig."

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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