Eishockey:Wechsel-Kurs

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„Seine Playoff-Werte sind unglaublich gut“: Für Bad Nauheim wehrte Mikko Rämö in der Relegation 94,5 Prozent aller Torschüsse ab – eine Top-Quote. (Foto: Peter Kolb/imago)

"Wir mussten nachbessern": Mit dem finnischen Torhüter Mikko Rämö, 37, sehen sich die Tölzer Löwen für die Abstiegsrunde in der zweiten Bundesliga gut präpariert.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Aktien. Die Zukunft der Geldanlage heißt Aktien. Sagt jeder halbwegs rechtschaffene Bankberater. Für Guthaben auf dem Sparkonto gibt es keine Zinsen mehr, und der Bitcoin-Handel ist, nun ja, in etwa so seriös ist wie ein blinder Hellseher. Aber der Deutsche fremdelt mit Aktien. Sagen die Anlageberater. Warum das so ist? Niemand weiß es. Dabei folgt die Börse eigentlich ganz simplen Regeln. Eine heißt: "Sell on good news, buy on bad news". Heißt frei übersetzt: kaufen, wenn ein Papier billig ist, verkaufen, wenn es etwas abwirft.

Ein Beispiel: Die Tölzer Löwen gewannen vergangene Woche zwei Spiele und kletterten vom letzten Platz der DEL 2 auf den vorletzten. Gute Nachrichten. Also verkauften die Löwen respektive lösten am Montag den Vertrag mit dem österreichischen Verteidiger André Lakos, 38, dessen Papiere in der Kurstadt zuvor ins Bodenlose gefallen waren. Schlechte Nachrichten für Lakos also, der am Dienstag prompt vom tschechischen Klub Orli Znojmo verpflichtet wurde, von dem er vor der Saison erst nach Tölz gewechselt war. Zugegeben, an der Stelle wird es etwas kompliziert.

Niemand - außer er wäre im Besitz einer geeichten Glaskugel - kann mit Gewissheit sagen, wie sich Kurse weiter verhalten. Der Wertpapierhandel unterscheidet sich darin nicht wesentlich vom Transfermarkt im Sport. Ob Lakos sich in Znojmo zu dem Spieler zurückentwickelt, der er dort mal war und den sie in Bad Tölz zu finden gehofft hatten? Beim Schlusslicht der internationalen Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) glauben sie jedenfalls daran. "Wir glauben, dass auf dem Eis und in der Kabine unseres Teams ein wenig der Führungsspieler und eine Schlüsselpersönlichkeit fehlt. André ist mit seiner Erfahrung ein Spieler, der uns in dieser Hinsicht helfen könnte", sagt Sportmanager Rostislav Docekal.

Ebenfalls nicht ganz börsenüblich war die an sich gute Nachricht vom Mittwoch aus Bad Tölz: Die Löwen besetzten die frei gewordene Kontingentstelle mit dem finnischen Torhüter Mikko Rämö, 37, vom EHC Lustenau, Tabellenelfter der österreichisch-italienisch-slowenischen Alps Hockey League. Andreas Mechel, bisher die Nummer eins in Tölz, verzeichnete zuletzt eine kontinuierlich ansteigende Formkurve, sein Trainer Rick Boehm sagte vergangene Woche noch: "Es ist wie an der Börse: Der Trend ist positiv." Andererseits soll man ja antizyklisch handeln...

"Wir wollten uns für alle Situationen präparieren", erklärte Geschäftsführer Christian Donbeck am Mittwoch, "das ist jetzt ganz wichtig für die Playdowns". Seit Wochen waren die Löwen auf der Suche nach einem Schlussmann, "der mit der Situation und Druck umgehen kann", wie Donbeck es formuliert. Boehm bezeichnete das Ansinnen des Klubs als "angemessen und legitim", Mechel war über die Suche informiert. Donbeck sagt, man wolle sich nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben, um die Klasse zu halten. Die Frage sei aber gewesen: "Wer ist bereit, zu diesem Zeitpunkt der Saison einen Top-Torwart abzugeben?" In Lustenau waren sie dazu bereit. Weil Aufsteiger Tölz sich erst im April für die DEL 2 qualifiziert hatte, sei der Markt für Torhüter damals leergefegt gewesen. "Jetzt mussten wir nachbessern", sagt Donbeck.

Rämö, Landsmann der beiden Löwen- Stürmer Tuomas Vänttinen und Joonas Vihko, spielte vor seinem Engagement in Lustenau zwei Jahre für die Roten Teufel Bad Nauheim in der DEL 2. Er kennt die Liga und kann offenbar mit Druck umgehen. Vergangene Saison verzeichnete er in der Relegationsrunde eine Abwehrquote von 94,5 Prozent, pro Partie kassierte er nur 1,5 Treffer. "Er bringt Erfahrung mit, hat alles mitgemacht, und seine Playoff-Werte sind unglaublich gut", sagt Donbeck. Rämö erhält einen Vertrag bis Saisonende. Gesucht wird jetzt noch ein Verteidiger als Ersatz für Lakos. Wie Börsen-Guru André Kostolany einst sagte: Alles ist möglich. Auch das Gegenteil.

© SZ vom 11.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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