Eishockey:Schusselei in der Slowakei

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Retter nicht nur in einer Notsituation: Torhüter Kevin Reich bewahrte den EHC München in Banska Bystrica vor größerem Schaden. (Foto: Ulrich Gamel/imago)

Konzentrationslücken kosten den EHC München beim slowakischen Topklub Banska Bystrica den dritten Champions-League-Sieg in Serie.

Von Johannes Schnitzler, Banska Bystrica/München

Man konnte es nicht genau erkennen und schon gar nicht hören. Zwischen München und Banska Bystrica liegen gut 700 Kilometer, und das Fernsehbild aus der Zentralslowakei war auch nicht unbestechlich scharf. Aber wenn nicht alles täuscht, hatte Chris Bourque einen kurzen Fluch auf den Lippen. Der 33-jährige AHL-Veteran, der mit der Erfahrung von rund 1000 Spielen in den höchsten Eishockey-Ligen Nordamerikas zum EHC Red Bull München gewechselt ist, hatte am Donnerstagabend am dritten Spieltag der Champions Hockey League die letzte Chance für die Münchner. Völlig allein zog Bourque aufs Tor zu, setzte seinen Schuss ab - und scheiterte am Torhüter der Slowaken. Es wäre kurz vor Schluss das 3:2 und wohl der dritte Sieg im dritten Spiel für München gewesen. Doch Bourque vergab - und sah, nun ja, unzufrieden aus. Im anschließenden Penaltyschießen unterlag der EHC, statt der erhofften drei Punkte nahmen die Münchner, die das Hinspiel klar und deutlich 3:0 gewonnen hatten, nur einen Zähler aus der mit 80 000 Einwohnern fünftgrößten Stadt der Slowakei mit. "Wir hatten viele Chancen, im Powerplay und auch bei Fünf gegen Fünf", sagte Stürmer Derek Roy, 36, der andere erfahrene Nordamerika-Import im Trikot des EHC. "Wir konnten aber daraus kein Kapital schlagen. Daran müssen wir arbeiten."

Nicht nur. Auch ihre Konzentration müssen die Münchner wieder schärfen. Nach nur einer halben Minute spielte Kapitän Patrick Hager einen schlampigen Pass in den Rücken der eigenen Mannschaft und lud Marek Slovak zum Führungstreffer für die Gastgeber ein - das erste Gegentor für den EHC nach mehr als 120 Minuten. Und als Frank Mauer nach tollem Zuspiel von Mark Voakes (5.) und Zugang Philip Gogulla mit seinem ersten CHL-Treffer überhaupt (7.) den EHC vermeintlich Richtung Sieg geschossen hatten, vertändelten Konrad Abeltshauser und Voakes in unseliger Koproduktion vor dem eigenen Kasten die Scheibe. Michal Kabac bedankte sich mit dem 2:2 (9.). Hager und Blake Parlett luden die Slowaken zu weiteren gefährlichen Kontern ein. Leichte Konzentrationsschwächen und schwere Beine wären eine Woche vor dem DEL-Auftakt normalerweise kein Grund zur Sorge und eher die Regel als die Ausnahme. Allerdings haben die Münchner nach Platz zwei in der vergangenen Saison für die aktuelle Spielzeit den Titel in der Champions League als Ziel ausgegeben. Am Donnerstag durften sie froh sein, dass der aufmerksame Kevin Reich im Tor nichts mehr durchließ.

Auch im Spiel nach vorne verschusselten sie einige Gelegenheiten. Der slowakische Meister, ein Spiegelbild der Nationalmannschaft, die nach dem Abtritt der goldenen Weltmeister-Generation von 2002 um Miroslav Satan und Marian Hossa auf athletische Spieler setzt, betonte unterdessen konsequent das physische Moment - Banska Bystrica hat im Durchschnitt das kräftigste Team der CHL. "Sie haben wirklich gut gespielt. Die Niederlage ist hart für uns. Aber das ist ein langer Wettbewerb und wir versuchen ganz einfach, uns in jedem Spiel zu verbessern", sagte Derek Roy. "Und ihr Torhüter war wirklich stark." Dieser Torhüter heißt Tyler Beskorowany und ist in Deutschland wohl bekannt. Der 29-jährige Kanadier spielte 2014/15 für die Düsseldorfer EG und in der Saison darauf für die Nürnberg Ice Tigers in der Deutschen Eishockey Liga. 2015 war er DEL-Torhüter des Jahres. Nach seinem Engagement in Nürnberg legte er ein Jahr Pause ein. In den vergangenen beiden Spielzeiten stand er für die Edinburgh Capitals und die Belfast Giants in der britischen Elite Hockey League zwischen den Pfosten. Mit Belfast - Gegner der Augsburger Panther in CHL-Gruppe C - wurde er vergangene Saison Meister, die Auszeichnungen zum Torhüter und Spieler des Jahres folgten.

"München ist eine der besten Mannschaften in Europa", lobte Beskorowany den EHC, der im Februar immerhin als erste Mannschaft aus Deutschland den Einzug ins Finale der Champions League schaffte. "Gegen diese Jungs zu gewinnen und damit ein Zeichen zu setzen, fühlt sich definitiv gut an. Wir sind immer zufrieden, wenn wir zwei Punkte holen, aber besonders gegen so eine Mannschaft."

München verteidigte trotz der ersten Niederlage im laufenden Wettbewerb Platz eins in Gruppe G und hat mit sieben Punkten nach wie vor beste Aussichten, sich zum fünften Mal in Serie für die K.-o.-Phase zu qualifizieren. Allerdings wird sich das Team von Trainer Don Jackson steigern müssen, wenn es an diesem Samstag (19.45 Uhr) beim HC Ambrì-Piotta punkten will. Die Schweizer schlugen am Donnerstag überraschend die favorisierten Schweden von Färjestad BK 2:1 und verbesserten sich mit ihrem ersten Sieg auf Rang drei. Ein weiterer Erfolg gegen München würde Ambrìs Aussichten auf das Achtelfinale signifikant erhöhen. Das Hinspiel gewannen die Münchner wie gegen Banska Bystrica 3:0. Anzunehmen ist, dass nach zwei Spielen Pause wieder Nationaltorhüter Danny aus den Birken zwischen den Pfosten stehen wird. Zurückkehren in den Kader wird Verteidiger Yannic Seidenberg. Der Nationalspieler hat seine Drei-Spiele-Sperre aus dem Finale der vergangenen Saison abgesessen und ist ab sofort wieder für die Münchner spielberechtigt.

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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