Eishockey:Memories of Heidelberg

Lesezeit: 3 min

Die Playoffs im Fokus: "Ich bin ein Wettkampftyp", sagt Frank Mauer, "ich suche den Wettbewerb." (Foto: Imago Sportfotodienst)

Schnell, wendig, torgefährlich: Nationalspieler Frank Mauer ist mit dem EHC München auf dem Weg zu seinem dritten Meistertitel in Serie. Wenn da nicht der nächste Gegner Mannheim wäre, sein Heimatklub

Von Johannes Schnitzler, München

Über den Fußballspieler Zlatan Ibrahimovic, der in Rosengård aufgewachsen ist, einem nicht sonderlich gut beleumundeten Viertel seiner schwedischen Heimatstadt Malmö, gibt es unzählige Anekdoten. Er selbst sagt dazu: "95 Prozent sind aufgebauscht, zweieinhalb Prozent fast falsch, und der Rest ist die Wahrheit." Fans und Kritiker sind sich einig: Genie oder Größenwahnsinniger, das kommt ganz auf Ibras Tagesform an. In seiner Autobiografie "Ich bin Zlatan" steht ein Satz, der Ibrahimovic als Psychogramm wie auch als Passierschein dient. Er schreibt: "Du kannst einen Typen aus dem Ghetto holen, aber du holst niemals das Ghetto aus einem Typen."

Heidelberg ist eine Großstadt in Baden-Württemberg, Touristen schätzen die ehemalige kurpfälzische Residenz für ihre Altstadt. Vom Philosophenweg führt die Alte Brücke über den Neckar, der sich malerisch durch diese Postkartenidylle schiebt. Die Universität ist die älteste Hochschule auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Heidelberg ist der Gegenentwurf zu einem Ghetto. Und doch wird man es nie ganz aus Frank Mauer herausholen können.

Nach allem, was man über Frank Mauer weiß, hat er damit kein Problem.

Der Eishockeyspieler Frank Mauer ist in Heidelberg aufgewachsen. Sportlich groß geworden ist er gleich in der Nachbarschaft bei den Adlern Mannheim. Als Profi startete er seine Karriere beim Kooperationspartner Heilbronn, ehe er 2008 sein Debüt in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gab. "Ich verbinde viel mit Mannheim", sagt Mauer, "ich habe dem Klub viel zu verdanken". 2015 wurde er mit den Adlern deutscher Meister.

Seit September 2015 spielt Frank Mauer für den EHC Red Bull München. Mit der bayerischen Landeshauptstadt scheint er eine ähnlich innige Beziehung aufbauen zu wollen. 2016 wurde er mit dem EHC auf Anhieb Meister, aktuell steht das Team von Don Jackson mit 99 Punkten wieder auf Platz eins. Fünf Spieltage vor dem Ende der Hauptrunde sieht es so aus, als ob Mauer einen Titel-Hattrick landen könnte. Einer der Münchner Hauptkonkurrenten ist: Mannheim. Nach acht Siegen in Serie liegen die Adler nur fünf Zähler hinter dem EHC. An diesem Freitag (19.30 Uhr) kommt es zum Duell im Olympia-Eisstadion.

Für Frank Mauer sind Spiele gegen die Adler immer noch etwas Besonderes. Trotzdem zählt für ihn nur ein Münchner Sieg. "Ich denke, dass es das erhoffte Spitzenspiel wird", sagt er. Schonung für die Playoffs gebe es nicht, dafür gehe es an der Tabellenspitze zu eng zu. "Alle wollen eine gute Ausgangslage." Für ein Sportlerherz gebe es ohnehin "nur Vollgas". Damit hatte der Sportler Mauer, einer der schnellsten Spieler der Liga, in jüngerer Vergangenheit allerdings so seine Probleme. Verletzungen warfen ihn jeweils zu Beginn seiner beiden Münchner Spielzeiten zurück. Seit einigen Wochen zeigt die Leistungskurve des 28-Jährigen aber wieder konstant nach oben. In Mittelstürmer Dominik Kahun, 21, und Linksaußen Yannic Seidenberg, 33, hat der Rechtsaußen passende Partner gefunden. "Wir spielen auf die gleiche Art und denken ähnlich", sagt Mauer. Kreativkopf Kahun, der defensiver agierende Seidenberg und er brächten jeweils einander ergänzende Komponenten ein.

Was das Trio eint: die Geschwindigkeit. Ein Vorteil angesichts der ständig höher wachsenden Verteidigergebirge? Auch in Mannheims Abwehr warten in Denis Reul, 1,91 Meter, Sinan Akdag, 1,89 m, oder Thomas Larkin, 1,96 m, Zugang aus Zagreb (KHL), großformatige Gegner. "Es muss jedenfalls kein Nachteil sein", findet Mauer. "Du musst aufpassen. Wenn so ein Kleiderschrank dich erwischt, kann das schon weh tun." Neben Kahun, 1,78 m, und Seidenberg, 1,71 m, wirkt Mauer, 1,85 Meter, in seiner Reihe selbst fast schon wie ein Riese. Trotzdem muss er lachen, wenn er sagt: "Da muss ich auf meine Küken schon aufpassen." Mauer gilt als Spieler, der sich mit Eleganz statt mit Gewalt aus Engpässen befreit. Dennoch: "Ich bin ein Wettkampftyp, ich suche den Wettbewerb", sagt er. 2015 war er mit sieben Toren und sieben Vorlagen in den Playoffs bester Scorer der Mannheimer auf dem Weg zur Meisterschaft. "Wenn es eng wird, kann ich noch etwas aus mir herauskitzeln", sagt Mauer.

Ob es für ihn, der die WM 2016 und die Olympia-Qualifikation verpasst hat, noch für die WM im Mai in Köln reicht? "Daran denke ich im Moment nicht. Ich komme immer besser in Fahrt, spüre viel Unterstützung - mal sehen, was kommt." Seine Konzentration gelte zunächst einmal dem EHC München. Mauers Vertrag läuft im Sommer aus, beide Seiten denken aber offenbar wohlwollend über eine Verlängerung nach. "Wir arbeiten daran", sagt Mauer. "Natürlich würde ich gerne bleiben." Mit Dauerbeziehungen kennt er sich schließlich aus: Am Valentinstag hat Frank Mauer seine langjährige Freundin Anna geheiratet. In Heidelberg, seinem alten Kiez.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: