Eishockey:Mauer mit vier Buchstaben

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"Ich bin hier, um der Mannschaft zu helfen, in der Liga zu bleiben:" Mikko Rämö, Torwart, 37 Jahre alt, Stoiker aus Finnland. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit 40 Paraden hält Mikko Rämö Tölz gegen Dresden im Spiel. Das 2:1 zeigt, wie abhängig die Löwen von ihrem Torwart sind.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Italien kennt man dank Goethe als Land, in dem die Zitronen blühn, die USA gelten als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Finnland ist bekannt als Land der tausend Seen. Und das ist gut so. Als Land der tausend Worte hätte es Finnland eher schwer. Die finnische Sprache, Suomi, gehört laut Wikipedia "zum ostseefinnischen Zweig der finno-ugrischen Sprachen, die eine der beiden Unterfamilien des Uralischen darstellen". Damit ist es, wie jedes Kind weiß, entfernt mit dem Ungarischen und eng mit dem Estnischen verwandt. Anders ausgedrückt: Außerhalb Finnlands versteht kein Mensch, was Finnen sagen. Vermutlich sind sie deshalb außerhalb ihrer Heimat so wortkarg. Mikko Rämö, Torwart der Tölzer Löwen, sagte bei seiner Vorstellung knapp (und auf Englisch): "Ich bin hier, um der Mannschaft zu helfen, in der Liga zu bleiben." Punkt. Des Weiteren spricht der Stoiker Rämö lieber wie ein Sanguiniker aus dem Zitronenblütenland, mit Händen und Füßen. Am Dienstag in Dresden hielt der 37-Jährige 40 von 41 Schüssen, die Löwen gewannen 2:1. Sie bleiben zwar Letzter der DEL 2. Dank Rämös Hilfe dürfen sie nun aber wieder ein bisschen mehr daran glauben, dass sie in der Liga bleiben. In der Pressestelle der Löwen blätterten sie gleich mal ihr Google-Wörterbuch durch: "Wand" heißt auf Finnisch seinä, was fast so klingt wie Sauna. Und ins Schwitzen kamen die Tölzer.

Nach dem 2:3 gegen Spitzenreiter Bietigheim und dem 2:5 gegen den Vorletzten Bayreuth sahen sie sich auch beim Tabellensiebten Dresden in die Defensive gedrängt. "Wir waren extrem aktiv", sagte Trainer Rick Boehm, bloß effektiv waren sie nicht. Dresdens Coach Franz Steer war angesichts des Chancenplus seiner Mannschaft fassungslos: "Im ersten Drittel haben wir 13:2 Torschüsse! Aber das bringt nichts, wenn man die Top-Chancen nicht nützt." Stattdessen traf Casey Borer im Powerplay zum 1:0 (29.). Dass die Löwen in Führung gingen, sei "typisch für den Spielverlauf", knurrte Steer. "Wir sind an unserer Chancenverwertung gescheitert."

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich längst ein ausgeglichenes Spiel entwickelt. "Im ersten Drittel war Dresden völlig überlegen", gab Boehm zu. "Aber wir haben den Druck überstanden." Die Mannschaft habe sich nach den Niederlagen gegen Bietigheim und Bayreuth etwas beweisen wollen, "auch unser Torwart". Und so steckten die Löwen im letzten Drittel den Ausgleich durch Harrison Reed (54.) weg, als gleich zwei Tölzer auf der Strafbank saßen, und trafen drei Minuten vor dem Ende zum Sieg. "Ein super Schuss von Joonas Vihko genau ins Kreuzeck", schwärmte Boehm.

Seine Mannschaft müsse unabhängig vom Gegner immer so spielen wie gegen Dresden. "Sie kämpft immer, hundert Prozent. Aber gegen manche Gegner wollen sie eher mitspielen", sagt Boehm. Nur: "Egal ob Bietigheim oder Bayreuth: Sie stehen alle vor uns. Und um ehrlich zu sein: Wenn unser Torwart in Dresden oder gegen Riessersee (3:2, d. Red.) nicht so stark ist, verlierst du auch diese Spiele." Am Mittwoch aber stand Mikko Rämö, die finnische Wand. Und damit es jeder weiß, hat er sich das Wort auf den Helm malen lassen. Zur Sicherheit lieber auf Englisch: wall. Vier Buchstaben müssen reichen.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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