Eishockey:K.-o.-Modus

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"Ich kann mich nicht beschweren": Konrad Abeltshauser, Mitte, feiert mit Keith Aucoin (l.) und Jason Jaffray sein 1:0. Schon das dritte Tor für ihn. (Foto: Imago)

Vor dem Champions-League-Hinspiel gegen Växjö setzt der EHC Red Bull München gegen Düsseldorf die entscheidenden Wirkungstreffer

Von Johannes Schnitzler, München

Die Saison ist noch jung, in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sind gerade einmal sechs Spieltage gespielt. Das Duell am Sonntag zwischen der Düsseldorfer EG und dem EHC Red Bull München schien aber seiner Zeit voraus zu sein. "Das ist ein Spiel mit Playoff-Charakter", sagte DEG-Stürmer Daniel Weiß in der ersten Pause. Weiß' Lippe blutete an der Stelle, wo der Schläger von Maximilian Kastner ihn getroffen hatte, wofür der Münchner mit einer Spieldauerstrafe vorzeitig vom Eis musste. Weiß unterstellte Kastner keine Absicht, aber - altes Eishockeygesetz - "jeder ist für seinen Schläger verantwortlich". Und Kastners Spielgerät hatte nun mal nichts im Gesicht von Weiß zu suchen.

Es war von Beginn an ein offenes und zugleich enges Spiel, "sehr intensiv", wie EHC-Trainer Don Jackson sagte. Eine Auseinandersetzung, die bisweilen ins Ruppige lappte. München muss zu diesem Zeitpunkt der Saison bereits auf drei Spieler verzichten, Düsseldorf auf vier; die Zahl erhöhte sich während des Spiels sogar auf fünf, als DEG-Kapitän Daniel Kreutzer (ohne Münchner Zutun) in die Bande rasselte und mit einer Schulterverletzung ausschied. Wären nicht auch die Raubeine Tim Conboy und Steve Pinizzotto unter den Lädierten, es hätte wohl nicht lange bis zur obligatorischen Playoff-Prügelei gedauert. Abgesehen davon enthielt das Spiel alle Komponenten eines K.-o.-Duells. Und letztlich waren es die berüchtigten Kleinigkeiten, die zum knappen Münchner 2:0 (0:0, 0:0, 2:0) führten.

Der EHC erlebt gerade, was es heißt, als Titelträger durchs Land zu fahren. Den Münchnern pfeift dank Eigentümer Red Bull ohnehin ein rauer Wind ins Gesicht. So aber gibt jeder Gegner noch ein paar Prozent mehr. Das verriet DEG-Coach Christof Kreutzer, als er seinem Team bescheinigte, "gegen den deutschen Meister ein gutes Spiel geliefert" zu haben. Die Betonung der Bedeutung des anderen hebt die eigene Leistung zusätzlich hervor. Kreutzer spürt aber auch schon den Erwartungsdruck, unter dem die DEG nach zwei erfolgreichen Jahren steht. Als wäre es bereits Februar und Düsseldorf abgeschlagen Letzter, setzte Kreutzer in der Pressekonferenz zu einer Medienschelte an, gekrönt von dem Appell: "Wir müssen doch zusammenhalten!" Minutiös hatte Kreutzer zuvor referiert, dass Maxi Kammerer, 20, der Shooting Star der DEG, sich am Vormittag fünf Mal übergeben habe: "Um 4.19 Uhr, um 4.51 Uhr, um 5.33 Uhr, um 7.34 Uhr und noch einmal um 10.05 Uhr." Angesichts solcher Widrigkeiten hätte sich sein Team mindestens einen Punkt verdient gehabt, fand Kreutzer. Und keine Vorhaltungen, nur weil Düsseldorf nun drei der ersten fünf Spiele verloren hat.

Die Liga, so kann man es auch sehen, wird immer enger. Und sie fängt sofort damit an. Am Sonntag hatte zunächst München die besseren Chancen, ehe Düsseldorf begann, körperlich dagegenzuhalten. Aucoin, Flaake, Kahun, Seidenberg und Wolf hatten Möglichkeiten für den EHC, die DEG antwortete durch Milley, Dmitriev, Davis und Daschner. Aber sowohl Matthias Niederberger (DEG) als auch Danny aus den Birken (EHC) parierten famos. "Vielleicht brauchen wir ein dreckiges Tor", sagte Münchens Nationalspieler Jerome Flaake in der zweiten Pause, als es noch immer 0:0 stand. "Ich glaube, wer hier das erste Tor schießt, wird gewinnen." Flaake sollte recht behalten. Ausgerechnet als Düsseldorf mit einem Mann mehr auf dem Eis war, überwand Konrad Abeltshauser Niederberger mit einem platzierten Handgelenkschuss zum 1:0 (48.). Für Abeltshauser war es bereits der dritte Saisontreffer und sein sechster Scorerpunkt, er führt damit die Teamwertung an: "Ich kann mich nicht beschweren", sagte der 24-jährige Tölzer, den der EHC zum urbayerischen Gesicht der Franchise aufbauen möchte. Das 2:0 (53.) durch Richie Regehr in Überzahl war Niederbergers einziger Fehler. Wie in den Playoffs hatten die Special Teams und die Torhüter entschieden.

Und wie in den Playoffs, wenn alle zwei, drei Tage gespielt wird, geht es für den EHC gleich weiter. Bereits an diesem Dienstag (18 Uhr, Olympia-Eisstadion) empfängt die Mannschaft von Don Jackson im 1/16-Finale der Champions League die Växjö Lakers zum Hinspiel. Ausnahmsweise treten dann einmal nicht die Münchner in der Rolle des Favoriten auf. Die schwedische Liga zählt zu den stärksten in Europa, und Växjö, der Meister von 2015, zu ihren Spitzenteams. "Das wird eine große Herausforderung für uns. Aber wir wollen die Partie gewinnen", sagt Jackson. In den Playoffs kann man sich keine Durchhänger leisten.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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