Eishockey:Irgendwie erleichtert

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Servus, habe die Ehre: Torhüter Martin Morczinietz verabschiedet sich von einer durchwachsenen Spielzeit. (Foto: Christian Endt)

Nach dem Aus gegen Deggendorf plant Oberligist EHC Klostersee für die neue Saison. Die Gewaltvorfälle im Stadion zeitigen bereits erste Konsequenzen

Von Johannes Schnitzler, Grafing

Mit Begriffen wie Todesstoß oder sudden death muss man vorsichtig sein, sie könnten sensible Gemüter in Unbehagen versetzen. Wenn man allerdings behauptet, dass die Eishockey-Saison für den EHC Klostersee mit einem Koma endete, dann macht man sich zwar eines billigen Namenswitzes schuldig, spricht aber die Wahrheit. 3:5 (2:1, 0:2, 1:2) verlor der Drittligist am Dienstagabend das dritte und entscheidende Spiel um die Qualifikation zu den Playoffs der Oberliga Süd gegen den Deggendorfer SC - das 3:5 erzielte der Slowake Jaroslav Koma. "Schade", sagte EHC-Präsident Alexander Stolberg, denn Klostersee hatte schnell 2:0 geführt durch Tore von Valentin Scharpf (3.) und Florian Engel (4.), aber auch schnell das 2:1 kassiert (5.). Zu schnell. "Wenn wir das 2:0 länger gehalten hätten . . .", sagte Stolberg. "Aber ,Hätte, hätte, Fahrradkette' . . ."

Cole Gunner glich noch einmal zum 3:3 (51.) aus, den Rest besorgten laut Stolberg zwei "unglückliche Schiedsrichterentscheidungen". Koma. Aus. Ende.

Der Präsident war dennoch nicht demoralisiert nach einer Saison, die sportlich überhaupt nicht den erwarteten Verlauf genommen, dafür im Umfeld heftigen Wirbel verursacht hat. Er wirkte eher erleichtert. Die letzten Wochen waren überschattet von Berichten über Schlägereien im und um das Grafinger Stadion, die auch die Mannschaft nicht ungerührt ließen. "Sicher spricht man darüber", sagte Verteidiger Nicolai Quinlan dem Magazin Eishockey News. "Aber ich glaube auch, dass aus der ganzen Sache mehr gemacht wird als nötig." Immerhin hatte "die ganze Sache" ein überregionales Echo gefunden, n-tv und der Sport-Informations-Dienst sendeten aus der oberbayerischen Provinz. "Ich war von dem Ausmaß schon etwas überrascht", sagt Alexander Stolberg, dessen Hilferuf nach wiederholten Vorfällen mit gewaltbereiten Fans und Spielen unter polizeilicher Aufsicht die medialen Turbulenzen ausgelöst hatte. Ihm sei klar geworden, dass er etwas unternehmen musste. "Und ich denke, wir haben das Thema ganz gut in den Griff bekommen", sagt Stolberg.

Der Druck der Öffentlichkeit zeitigt bereits Konsequenzen. Erstens: Die sportinteressierten Fans, die - diese Feststellung ist Stolberg wichtig - im Stadion nach wie vor klar in der Überzahl seien, hätten sich bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Verein und der Polizei konstruktiv daran beteiligt, die Vorfälle aufzuklären. Schon bei den letzten Spielen habe man einschlägig bekannten Personen den Zutritt zum Stadion verweigert. Zweitens: In der kommenden Saison werden die Blöcke für die EHC- und Gäste-Fans getauscht. Dadurch sei "ein getrennter Zu- und Abgang gewährleistet".

Wie es sportlich mit dem EHC weitergeht, kann Stolberg noch nicht konkretisieren. Der Klub wird nächstes Jahr 50, eine Saison wie diese, als Tabellenvorletzter nach der Hauptrunde, soll sich auf keinen Fall wiederholen. "Wir versuchen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir uns direkt für die Playoffs qualifizieren", sagt Stolberg - Ziel wäre demnach mindestens Platz sechs. Mit welchem Trainer dies gelingen soll, ist offen. Erster Ansprechpartner ist Johannes Wieser, der das Team in den letzten fünf Punktspielen und in der Playoff-Qualifikation betreute. Der 36-jährige ehemalige EHC-Stürmer ist beruflich allerdings stark im Familienbetrieb eingebunden. Der Lette Andzejs Mitkevics, Wiesers Vorgänger, dessen Vertrag noch bis 2017 läuft, scheint als Cheftrainer nicht mehr infrage zu kommen. Über seine künftige Rolle wird demnächst entschieden.

Was die Mannschaft angeht, kann der Präsident ebenfalls noch keine Angaben machen. Charlie Taft, 24, der US-amerikanische Stürmer, der in 26 Spielen 21 Tore schoss, scheint die Klubführung überzeugt zu haben. Sein mit großen Erwartungen empfangener Landsmann Cole Gunner kehrt indes nach eigenen Angaben auf seinen Posten bei der Air Force zurück. Auch der Verbleib weiterer Schlüsselspieler wie Kapitän Gert Acker und Torhüter Martin Morczinietz ist offen. Lediglich ein Gerücht dürfte die Rückkehr der beiden ehemaligen EHC-Verteidiger Dennis Schütt (Hannover Indians) und Matthias Bergmann (Kaufbeuren) bleiben. Für Namenswitze hätten sie durchaus Vorlagen geliefert.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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