Eishockey:Hand- und bibelfest

Lesezeit: 3 min

Gut gerüstet: Konrad Abeltshauser, 1,96 Meter groß, 102 Kilo schwer, beim Medizincheck. (Foto: Markus Fischer/Gepa)

Konrad Abeltshauser hat noch kein Spiel für den EHC München bestritten. Trotzdem wird der 23-jährige Verteidiger bereits als WM-Kandidat gehandelt. "Schmeichelhaft", findet der Tölzer

Von Johannes Schnitzler, München

Dahoam is wos Herz is, steht auf Konrad Abeltshausers linker Brust. Das Tattoo hat er sich in Kanada stechen lassen, so viel zur Interpunktion. Aber egal, es kommt ja auf den Kern an.

Seit vergangener Woche gehört der Eishockeyprofi Konrad Abeltshauser, zuletzt sechs Jahre in Nordamerika unter Vertrag, dem EHC München an. Er sagt: "Ich denke, dass ich mich hier gut weiterentwickeln kann. Ich bin nah an zu Hause, meinen Freunden, meiner Familie, den Bergen." Diese Heimatverbundenheit hat Abeltshauser sogar auf seinem Körper dokumentiert. Auf seiner rechten Schulter trägt er ein Tattoo mit den Namen seiner Eltern, seiner beiden Brüder und seiner Schwester, daneben ein Edelweiß, "alles heimatliche Motive, alles gut durchdacht". Am interessantesten ist aber ein eher unscheinbarer Schriftzug auf seinem linken Schlüsselbein, Psalm 18.39, ein Zitat aus dem Alten Testament. Der künftige König David dankt Gott darin für seine Rettung vor dem rasenden König Saul und dessen Truppen: "Ich zerschmetterte sie, dass sie nicht mehr aufstehen konnten, dahinsanken unter meine Füße."

Der Psalmist David fährt fort mit den Worten: "Du gürtetest mich mit Stärke zum Streit", auf Englisch: "You armed me with strength for battle" (Psalm 18.40). Worte, wie für den Eishockeyprofi Abeltshauser gemacht: 1,96 Meter groß, 102 muskulöse Kilo. Wer ihn sieht, glaubt sofort, dass er seine Feinde zu zerschmettern pflegt. Er aber sagt: "Vor mir muss keiner Angst haben, ich bin kein Schlägertyp."

Abeltshauser ist eher ein ruhiger Typ, bodenständig, seine Sprache ist bedächtig. In Kanada sei er "ganz gerne zu den Bibelstunden gegangen". Die meisten Klubs bieten wöchentliche Gebetsrunden an, mit seiner Gastfamilie habe er "ab und zu" die Kirche besucht, wenn es der Spielplan zuließ. Er bezeichnet sich als gläubigen Menschen. Für einen Weichspüler sollte man ihn aber nicht halten. Abeltshauser sagt: "Wenn's mal eine bayerische Härte braucht, bin ich dabei."

Der 23-Jährige hat beim EC Bad Tölz das Eishockeyspielen gelernt. Neben Yasin Ehliz, der heute bei den Nürnberg Ice Tigers spielt, und Thomas Merl (Kassel, vormals München) setzte der Klub auch auf ihn, als er nach der Insolvenz 2009 ein neues Team aufbauen wollte. Doch der 17-Jährige wählte einen anderen, nicht weniger steinigen Weg. Im Import Draft der Canadian Hockey League, der Dachorganisation der drei erstklassigen kanadischen Junioren-Eishockeyligen, zogen die Halifax Mooseheads ihn in der ersten Runde. Abeltshauser wechselte in die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia an die kanadische Ostküste und gewann mit den Mooseheads den Titel in der Quebec Major Junior Hockey League. Mit den deutschen Junioren holte er 2010 Gold bei der B-WM und machte die San José Sharks auf sich aufmerksam, 2012 holte er abermals Gold und wurde zum besten Verteidiger des Turniers gewählt. Beim Farmteam der Sharks erhielt er seine ersten Einsätze in der zweitklassigen American Hockey League - doch auch nach seinem Wechsel in die Organisation der St. Louis Blues blieb ihm der ganz große Durchbruch verwehrt. Als sein neuer AHL-Klub Chicago für diese Saison schließlich mehrere erfahrene NHL-Verteidiger verpflichtete, ließ Abeltshauser seinen Agenten den deutschen Markt sondieren, wie es in der Branche heißt. "Mein Ziel war ja die NHL und nicht die AHL." Doch selbst in der AHL kam er nur noch sporadisch zum Einsatz.

Als der EHC München anklopfte, öffnete Abeltshauser höflich die Tür.

Die ersten beiden Partien zu Hause gegen Köln (3:0) und in Augsburg (6:4) hat er noch von der Tribüne aus verfolgt, seine Eindrücke waren positiv: "Ich glaube, wir können viel erreichen." Er will Playoff-Erfahrung sammeln, "und vielleicht klappt es ja nächstes Jahr mit der Champions League". Der Vergleich mit europäischen Top-Vereinen sei ein reizvolles Ziel. Viele Experten trauen Abeltshauser nach wie vor eine internationale Karriere zu, er wird als WM-Kandidat gehandelt. "Ich müsste nicht zweimal überlegen", sagt Abeltshauser. Druck empfinde er vor seiner Premiere an diesem Freitag bei Meister Mannheim und seinem Heimdebüt am Sonntag (16.30 Uhr) gegen Krefeld dennoch nicht. "Ich finde es eher schmeichelhaft, dass ich mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht werde. Aber man kann nichts erzwingen." Siehe NHL. Man kann sich nur Ziele setzen.

An seine Rolle im Kader des EHC hat Abeltshauser noch nicht viele Gedanken verschwendet. "Ich bringe mich gerne offensiv ein, kann aber auch defensiv spielen. Ich spiele einen schnellen ersten Pass und bin für meine Statur ganz beweglich, glaube ich", sagt er. Und niemand weiß besser, dass Größe allein nicht zählt. Schließlich war es der Psalmist, der den Riesen Goliath besiegte.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: