Eishockey:Geschichte in Uniform

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Oberligist Bad Tölz leistet sich einen Ausrutscher gegen Schlusslicht Schönheide und hofft auf die Rückkehr von Feuerwehrmann Baker

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz/München

Vor ziemlich genau einem Jahr baten die Tölzer Löwen den EHV Schönheide um die Verlegung eines Punktspiels: zu viele Verletzte. Der Oberliga-Neuling aus dem Erzgebirge akzeptierte, durchaus zur Überraschung der Tölzer Verantwortlichen - und musste sich elf Tage später von den Löwen besiegen lassen, 3:4 nach Verlängerung und Penaltyschießen. Kurz vor Weihnachten 2016 rüttelte die Nachricht die Liga durcheinander, dass sich der EHV aus dem Spielbetrieb der dritten Eishockey-Liga zurückzieht. Insolvenz. Das Spiel gegen die Tölzer Löwen wurde abgesagt, alle Partien gegen Schönheide würden mit 5:0 Toren und drei Punkten für den jeweiligen Gegner gewertet, meldete der Verband. Einige Tage später folgte die Rolle rückwärts, das Spiel zwischen Bad Tölz und Schönheide wurde neu angesetzt für den 9. Januar 2017. Und die Geschichte wiederholte sich: Diesmal triumphierte, durchaus zur Überraschung der Tölzer Verantwortlichen, das nur noch schwach schimmernde Schlusslicht beim Tabellenzweiten, 3:2 nach Verlängerung. "Wir haben Einbahnstraßen-Eishockey gespielt", grummelte Löwen-Trainer Axel Kammerer. "Ungefähr 10 000 Torchancen" hätten sie gehabt, von denen sie 9998 vergaben, woraus Kammerer folgerte: "Wir waren offensiv zu schlecht. Schluss. Aus. Deckel drauf."

Die Geschichte der Spielabsagen gegen Schönheide mit anschließender Überraschung war nicht die einzige, die sich in dieser Woche bei den Löwen wiederholte. Die andere liegt allerdings schon elf Jahre zurück. Damals verabschiedete sich Mittelstürmer Jeff Hoad mitten in der Relegationsrunde von der Mannschaft. Der Kanadier reiste nach Hause, um in seiner Heimatstadt Brandon/Manitoba Polizist zu werden. Ohne ihren besten Stürmer gewannen die Löwen nur drei von zehn Spielen und stiegen in die dritte Liga ab. Der Trainer damals hieß: Axel Kammerer.

Stürmer Jordan Baker verpasste das 2:3, weil er sich in Kanada einem Eignungstest für den Feuerwehrdienst stellte. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Entsprechend "wenig begeistert" reagierte der ehemalige Nationalspieler, als vor zwei Wochen der Kanadier Jordan Baker auf ihn zukam und um zehn Tage Sonderurlaub bat. Baker, mit 37 Punkten aus 27 Partien drittbester Scorer der Löwen, eröffnete Kammerer, dass er in seine Heimat müsse, um dort an einem Eignungstest als Feuerwehrmann teilzunehmen. Die Bewerbung läuft seit zwei Jahren. Zähneknirschend stimmte Kammerer zu, auch weil die Saison bisher besser lief als erwartet und man Baker die Chance nicht verbauen wollte. Oberliga-Eishockey ist nah am Profisport. Eine Existenz aufbauen kann man sich damit nicht. Immerhin: Am Freitag wird Baker zurückerwartet.

Nach jetzigem Stand wird der 28-Jährige dann auch dringend gebraucht, wenn die Löwen um 20 Uhr in Sonthofen gastieren. "Wir hatten bisher Glück", sagt Kammerer. Bis auf die mittlerweile auskurierte Gehirnerschütterung von Routinier Klaus Kathan, der am Samstag seinen 40. Geburtstag feierte, blieb das Team von schweren Verletzungen verschont. Nun aber fehlen Daniel Merl (krank), Stefan Reiter (Gehirnerschütterung) und möglicherweise auch Florian Strobl, der am Dienstagabend aus einem 0:2 ein 2:2 machte und Tölz einen Punkt rettete, ehe er ins Torgestänge krachte. Kammerer will darum kein großes Aufhebens machen, "jetzt hakt's halt ein bisserl"; aber es wäre ihm schon recht, wenn Feuerwehrmann Baker gegen den Tabellenachten Sonthofen rechtzeitig zurück wäre. Ein Ausrutscher pro Woche reicht.

Begeisterung sieht anders aus: Trainer Axel Kammerer registriert das 2:3 gegen Schönheide. (Foto: Manfred Neubauer)

Constable Jeff Hoad blieb dem Eishockey übrigens eng verbunden. Der heute 43-Jährige arbeitet als Verbindungsoffizier zwischen der örtlichen Polizei und seinem Heimatklub, den Brandon Wheat Kings.

© SZ vom 12.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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