Eishockey:Erding Gladiators vor dem Absturz

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Abschied aus der dritten Liga? Erdings Eishockeyspielern fehlen 120 000 Euro. Der Verein entscheidet am 14. April über ihre Zukunft. (Foto: Renate Schmidt)

Nach der sportlichen Rettung droht Oberligist Erding Gladiators das finanzielle Aus und der Sturz in die Bezirksliga.

Von Florian Tempel, Erding

Finanzielle Pleiten sind im Oberliga-Eishockey offenbar genauso selbstverständlich wie der gepflegte Bodycheck. Regelmäßig müssen Vereine an der Schnittstelle zwischen Profi- und Amateur-Eishockey einsehen, dass ihre zum Saisonbeginn aufgestellte, optimistische Kalkulation acht Monate später partout nicht aufgehen will. 2012 verließen die Passau Black Hawks unfreiwillig die Oberliga Süd, 2014 zogen sich die Mighty Dogs Schweinfurt aus der dritthöchsten deutschen Spielklasse zurück. Dieses Jahr erwischt es wohl die Erding Gladiators. Auch wenn erst der Vereinsrat des Hauptvereins TSV Erding am 14. April den Daumen hebt oder senkt - es müsste schon ein Wunder geschehen, damit die Gladiators in der Oberliga bleiben könnten.

Die Saison 2014/15 endete, wirtschaftlich gesehen, in einem Fiasko. Die Verluste der Eishockeyabteilung haben sich - inklusive Altlasten - auf rund 120 000 Euro summiert. Die Saisonbilanz liegt zwar erst seit dem Ende der sportlich erfolgreichen Playdown-Serie gegen den EV Füssen vor. Das Präsidium hat aber bereits außerordentliche Maßnahmen ergriffen, die man durchaus so interpretieren kann, dass es in Erding kein semiprofessionelles Eishockey mehr geben soll: Coach John Samanski sowie vier Leistungsträger seines Teams bekamen bereits am 12. März die Kündigungen ihrer noch laufenden Verträge zum 14. April in die Hand gedrückt. Das heißt: Samanski und die betroffenen Spieler standen bei den letzten Playdown-Partien bereits ohne gültige Papiere und gewissermaßen unentgeltlich an der Bande respektive auf dem Eis.

Die einseitige Auflösung der Verträge ist nicht nur arbeitsrechtlich fragwürdig. Samanski und die vier Spieler haben sich einen Anwalt genommen und wollen die Kündigungen anfechten. Auch der TSV sucht nun juristische Beratung und hat einen Anwalt eingeschaltet - man sei "arbeitsrechtlich nicht fit", räumt Präsidiums-Mitglied Hermann Meilinger ein. Die Kündigungen, die das sechsstellige Defizit um ein paar Tausend Euro reduzieren sollen, rechtfertigt Meilinger jedoch als notwendige "Schadensbegrenzung".

Die hektische, mit der Einhaltung angeblich wichtiger Fristen begründete Kündigung passt auch so gar nicht zu dem, was der Präsident des TSV Erding, Günther Weidenhammer, noch kurz vor Beginn der Playdowns gesagt hatte. Damals befand er, es wäre zutiefst unsportlich, wenn man schon vor dem Ende der Saison über die Zukunft der Gladiators entscheiden würde, gewissermaßen aus der Loge heraus. Es gelte erst einmal abzuwarten, ob sie den Klassenerhalt sportlich schafften. Das gebiete die Fairness. Das gelang den Gladiators: Samanskis Team gewann die Best-of-five-Serie gegen Füssen 3:2.

Tatsächlich erfolgten die Kündigungen aber noch mitten in der Playdown-Serie. Erding führte nach drei Spielen 2:1 und brauchte einen weiteren Sieg. Es scheint fast so, als ob die TSV-Führung den sportlichen Abstieg in Kauf genommen hätte. Die Rückstufung in die Bayernliga hätte die Situation um einiges erträglicher gemacht. Diesen Gefallen tat ihnen Samanskis Team aber nicht. Nun aber droht den Gladiators ein Absturz drei Klassen tiefer in die Bezirksliga. Zwangsläufig ist die Relegation allerdings nicht.

Anton Weitl, Geschäftsführer des Bayerischen Eissport-Verbands (BEV), sagt, "es gibt noch eine weitere Möglichkeit" - die er jedoch nicht nennen will. BEV-Präsident Dieter Hillebrand, laut Weitl "Volljurist", müsse die Möglichkeit, wie die Gladiators in der kommenden Spielzeit in der Bayernliga spielen dürften, erst noch "juristisch abklären".

Und was sagt der für die Gladiators zuständige Abteilungsleiter Bernd Karbach? Auf Anfragen der Presse reagiert der Geschäftsmann seit Wochen nicht mehr. Seine letzte öffentlich gewordene Idee war eine ebenso verzweifelte wie letztlich untaugliche Aktion: Eine Spendensammlung unter den Fans, die sich mit zehn, 50 oder 100 Euro pro Zuschauer an der Rettung der Gladiators beteiligen sollten. Was diese auch taten: Etwa 8500 Euro kamen zusammen. Für eine Zukunft in der Oberliga war die gut gemeinte Spritze indes viel zu niedrig dosiert.

Karbach will nun - laut Präsidiumsmitglied Hermann Meilinger - zur alles entscheidenden Vereinsratssitzung am 14. April noch einmal "etwas ganz Neues" präsentieren, wie man die Finanzlücke doch noch schließen könnte. Das sei aber "geheime Kommandosache". Er wisse nicht, was Karbach sich ausgedacht habe, sagt Meilinger. Er bleibe jedoch in jedem Fall skeptisch.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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