Eishockey:Buhs von der Basis

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In Tölz ausgebildet, in München zum Nationalspieler gewachsen, zurzeit in Nürnberg: Andreas Eder, 23, Doppel-Torschütze beim Deutschland Cup. (Foto: Ulrich Gamel/imago)

Bei den Tölzer Löwen ist man stolz auf die Nachwuchsarbeit des Klubs, die sich auch beim Deutschland Cup zeigte. Warum ausgerechnet dort der neueste Vorstoß des DEB zur Förderung deutscher Spieler nicht gut ankommt.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Als Andreas Eder am Sonntag das 1:0 erzielte, dürften sie in Bad Tölz mitgejubelt haben. Als Eder auch noch das 2:0 erzielte, jubelten sie womöglich noch ein bisschen lauter. Letztlich verlor die Eishockey-Nationalmannschaft ihr abschließendes Spiel beim Deutschland Cup zwar 2:3 gegen die Slowakei und verpasste knapp den Turniersieg. Aber Eder, 23, beim EHC Red Bull München unter Vertrag und bis Monatsende noch an Nürnberg ausgeliehen, ist ebenso wie sein Bruder Tobias, 21 (Düsseldorfer EG), beim EC Bad Tölz ausgebildet worden. Tobias Eder war 2013 deutscher Schülermeister mit dem ECT. Die Eder-Brüder, das sind zwei von ihnen.

Der EC Bad Tölz ist stolz auf seine Nachwuchsarbeit. Die Liste der Nationalspieler und Bundestrainer, die der zweimalige deutsche Meister hervorgebracht hat, ist mehr als 100 Namen lang, darunter Lorenz Funk, Hans Zach oder Axel Kammerer. Beim dreimaligen deutschen Meister in München stehen neben Andreas Eder in Yasin Ehliz und Konrad Abeltshauser aktuell zwei Nationalspieler aus Tölz unter Vertrag, in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) spielen außerdem Tom Horschel (Bremerhaven), Julian Kornelli (Schwenningen), Johannes Huß und Maximilian Kammerer (beide Düsseldorf); auch Kammerer war beim Deutschland Cup unter den Torschützen.

Um die Zahl der Deutschen in der DEL sukzessive zu erhöhen, hat der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) den Deutschland Cup als Plattform genutzt, um auf eine Reduzierung der ausländischen Profis in der höchsten deutschen Spielklasse zu drängen. Derzeit dürfen die 14 Klubs elf sogenannte Kontingentspieler unter Vertrag nehmen, maximal neun dürfen pro Partie zum Einsatz kommen. Seit dieser Saison muss jedes DEL-Team mindestens zwei Spieler einsetzen, die jünger als 23 Jahre sind. Angesichts der Erfolge des Nationalteams bei Olympia (Silber in Pyeongchang) sowie der U20 und U18, die beide in die A-Gruppe zurückgekehrt sind, sei es "an der Zeit, wieder einen Schritt zu tun", sagte DEB-Präsident Franz Reindl. Die Voraussetzung ("genügend deutsche Spieler") sei erfüllt: "Die Hausaufgabe ist gemacht."

Der DEB will bis 2026 dauerhaft um internationale Medaillen mitspielen. Das vor fünf Jahren installierte Nachwuchskonzept Powerplay 26 trägt nach Ansicht des DEB Früchte. Deshalb müsse man die Reduzierung jetzt vorantreiben, am besten schon zur nächsten Saison, sagte DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel: "Es darf keine Zeit verloren werden."

Mehr junge deutsche Spieler in den Profiligen: Das müsste einem Ausbildungsverein wie Bad Tölz eigentlich gefallen. Doch während nach einem Treffen der Sportlichen Leiter mit Schaidnagel zu Wochenbeginn die Unterstützung in der DEL für den Vorstoß des DEB offenbar wächst - München stellte einen entsprechenden Antrag, Düsseldorfs Sportlicher Leiter Niki Mondt sagte der dpa, er sei "guter Hoffnung, dass sich schon zur nächsten Saison oder spätestens zur übernächsten etwas tut" -, gibt es aus Tölz Buhs statt Applaus. "Ich würde dem Herrn Schaidnagel gerne anbieten, mal fünf Jahre bei einem Klub wie unserem zu arbeiten, damit er sieht, wie an der Basis gearbeitet wird", sagt Christian Donbeck, Geschäftsführer beim Zweitligisten Tölzer Löwen. Eine Reduzierung um zwei Ausländer pro Team bedeute, dass allein in der DEL 28 Stellen für deutsche Profis frei werden würden. Was in der DEL 2 passiere (dort sind derzeit fünf Ausländer pro Partie erlaubt), darüber sei noch gar nicht gesprochen worden. "Wo sollen denn die ganzen Spieler herkommen?", fragt Donbeck. "Wir bilden nicht nur für die Nationalmannschaft aus. Wir müssen unseren Zuschauern und Sponsoren auch etwas bieten!"

Arbeitsrechtlich ist eine Beschränkung der Zahl ausländischer Spieler nicht zulässig. Gleichwohl haben sich die Klubs auf eine Reduzierung bis zum Jahr 2026 verständigt, ein sogenanntes Gentlemen's Agreement. "Wenn da nur einer ausschert, platzt die Vereinbarung", sagt Donbeck. Verschärfend komme hinzu, dass von der Saison 2020/21 an zwischen DEL und DEL 2 wieder Auf- und Absteiger ausgespielt werden. Für einen Klub wie die Tölzer Löwen, die ihre Ambitionen auf einen Platz in der DEL öffentlich gemacht haben, wird der Spalt, durch den sie schlüpfen könnten, sehr, sehr eng. Entweder sie schaffen auf Anhieb den Aufstieg - oder die Talente sind weg. Oder, Variante drei, die Donbeck prophezeit: "Es wird ein Wettrüsten geben." Die reichen Klubs wie München oder Mannheim mit ihren eigenen Nachwuchsakademien seien im Vorteil, die ärmeren würden abgehängt. Oder sie stürzen sich in finanzielle Abenteuer. Unterdessen finden ehemalige Nationalspieler wie Marco Pfleger, 28, oder Martin Buchwieser, 30, keine Jobs mehr in der DEL. Buchwieser ging nach Frankfurt, Pfleger kehrte zurück nach Bad Tölz. Dort ist er nun - ein Opfer der U-23-Regel - Topscorer der DEL 2.

"Es ist wichtig, dass DEL, DEL 2 und der DEB da an einen Tisch kommen", sagt Niki Mondt. Ein Treffen "innerhalb der nächsten drei Wochen" sei bereits geplant. Kevin Gaudet, 56, Trainer der Tölzer Löwen, die an diesem Freitag (19.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen Kaufbeuren aus der Länderspielpause starten, sagt, es sei schwierig, die Ansprüche auszubalancieren zwischen den Zielen der Gesellschafter und der Nachwuchsförderung. "Ich freue mich, wenn ich einen jungen Spieler besser machen kann. Aber am Ende ist es dem Zuschauer egal. Am Ende ist es keine Frage von Jung oder Alt, sondern ob du gewinnst oder nicht."

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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