EHC München:Raum für Erfahrungen

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Bei seinem DEL-Debüt kassiert Münchens allein gelassener Torwart Daniel Fießinger fünf Gegentreffer.

Von Christian Bernhard

Markus Keller wusste genau, wie sich sein Kollege am anderen Ende des Eises fühlte. Der Torhüter der Augsburger Panther dachte an sein erstes Spiel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zurück, das er mit den Eisbären Berlin 3:7 gegen Kassel verlor. "Fürchterlich" sei es gewesen, erzählte Keller, während er gut gelaunt in den Katakomben des Augsburger Curt-Frenzel-Stadions stand. Die Fans hatten ihn mit Sprechchören in die Kabine verabschiedet, es war ein schöner Derby-Sonntag für Keller gewesen.

Das konnte Daniel Fießinger nicht von sich sagen. Der 23-jährige Torhüter des EHC Red Bull München kam in Augsburg zu seiner DEL-Premiere - und musste bereits in der zweiten Drittelpause fünf Gegentreffer verarbeiten. Nach der 2:5-Niederlage hievte er seine Tasche, wie es sich für einen jungen Spieler im Team gehört, auf das Wägelchen, mit dem die Taschen zum Bus gebracht werden, und sagte ruhig: "Das ist bestimmt nicht das Spiel gewesen, das ich mir vorgestellt habe." Im Großen und Ganzen sei er aber zufrieden, "darauf kann man aufbauen".

Vor der Partie in Augsburg wirkte Daniel Fießinger nicht ganz so allein wie während des Derbys. (Foto: Eibner/imago)

Rückendeckung hatte er da bereits von Don Jackson bekommen. "Daniel hat ohne Frage einen sehr guten Job gemacht, ich ziehe meinen Hut vor ihm", betonte der EHC-Trainer und stellte klar, es sei eine bad night für München gewesen. Das hatte viel mit fehlender Disziplin zu tun. Elf Zweiminutenstrafen kassierte der Tabellenführer - und Augsburg bedankte sich: Viermal schlug es im Mitteldrittel in Fießingers Kasten ein, viermal waren die Panther in Überzahl. "Er hat nicht viel Unterstützung gehabt", fand Keller. Fießinger sprach von "schwierigen Situationen". Bei so viel Unterzahl seien immer ein oder zwei Gegner frei. "Deswegen bin ich nicht so traurig."

Mark Voakes, der die zwei EHC-Tore erzielt hatte, tat es besonders für Fießinger leid: "Er kämpft hart für uns. Du kannst nicht gewinnen, wenn du das ganze Spiel in Unterzahl bist." Auch vom Gegner gab es aufmunternde Worte. Simon Sezemsky gratulierte seinem Allgäuer Landsmann zum Debüt - und zu einem "soliden Spiel". Dann verriet er, dass Fießingers Premiere zuvor durchaus thematisiert worden sei: "Wir sollten ihn testen." Fießinger war im brisanten Derby zum Einsatz gekommen, weil Kevin Reich sich krank abgemeldet hatte und Danny aus den Birken sich noch von einer Operation am Bein erholt. Normalerweise geht der 23-Jährige in der Oberliga Süd seiner Torwarttätigkeit nach, dort hat er in dieser Saison 16 Spiele für Münchens Kooperationspartner SC Riessersee bestritten. In Augsburg sah er sich plötzlich einem viel höheren Tempo und anderer Passqualität ausgesetzt. "Die Pässe sitzen hier viel besser", konstatierte er.

„Hut ab“: Daniel Fießinger vor der Partie in Augsburg. (Foto: Eibner/imago)

Aus dem Training kannte er das schon, von Dienstag bis Donnerstag trainiert er in München mit dem EHC und Torwarttrainer Patrick Dallaire. Dann entscheidet sich Woche für Woche, ob es zu den Spielen nach Garmisch-Partenkirchen geht oder er das Münchner Trikot überzieht - oft auch kurzfristig, erzählte er.

Fießinger versucht, so viel wie möglich von aus den Birken und Reich aufzusaugen. "Da habe ich zwei vor mir, zu denen ich aufschauen kann." Besonders imponiert ihm aus den Birkens Ruhe. Reich und aus den Birken sind statistisch gesehen das Beste, was die DEL derzeit in Sachen Torhütern zu bieten hat. Ihre Ausfälle aber kann selbst der sehr tief besetzte Münchner Kader kaum auffangen. Bei Fießingers Premiere im Derby saß auf der Bank der 18-jährige Christopher Kolarz von den Red Bull Hockey Juniors, der schnell noch nachlizenziert werden musste.

Jackson hofft, dass Reich an diesem Dienstag einsatzfähig ist. Dann bestreitet der EHC bei Djurgarden Stockholm das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions Hockey League (CHL). Reichs Einsatz sei "realistisch", glaubt der Trainer. Beim Stichwort Schweden wurden auch bei Fießinger Erinnerungen wach. Im letzten CHL-Vorrundenspiel in Karlstad hätte er eigentlich spielen sollen. Dann erkrankte er, konnte nicht mitfliegen, sodass Manager Christian Winkler die Torhüter-Ausrüstung überstreifen und auf der Bank sitzen musste. Diesmal bestieg Fießinger das Flugzeug nach Schweden, sogar mit einem Plus an Erfahrung. Winkler wäre ohnehin verletzt.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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