Dritte Liga:Zwang zur Selbstreinigung

Lesezeit: 3 min

Durch ein 0:1 in Erfurt steigt die SpVgg Unterhaching in den Amateurbereich ab. Der Wiederaufbau soll zwei, drei Jahre dauern, wenige Spieler werden ihn mitmachen

Von Stefan Galler, Unterhaching

Am Tag nach dem größten anzunehmenden Unfall, der einer Fußballmannschaft widerfahren kann, war der Präsident der SpVgg Unterhaching schon wieder gefasst. "Klar, dass wir jetzt alle Kräfte bündeln", sagte Manfred Schwabl. "Wir werden die Jugend noch weiter aufrüsten und wollen in zwei, drei Jahren wieder aufsteigen. Aber noch nicht nächste Saison." Der Abstieg seines Vereins aus der dritten Liga in die Regionalliga müsse nun einen finanziellen Selbstreinigungsprozess inklusive erfolgreicher Sponsorensuche in Gang setzen. Oder, wie es Schwabl ausdrückt: "Ich will erst wieder hoch, wenn ich während der Lizenzierung ruhig schlafen kann. Sonst verzichte ich freiwillig."

Samstagnachmittag, zwanzig nach drei, Steigerwaldstadion in Erfurt: Lucas Hufnagel rollt sich über den Rasen, die Hände vors Gesicht geschlagen. Josef Welzmüller sitzt auf dem Boden, lässt sich kaum dazu bewegen, aufzustehen. 0:1 (0:1) haben die Rot-Blauen gerade ihr eigenes Endspiel in Thüringen verloren. Dabei hatte Dynamo Dresden sogar Schützenhilfe geleistet, besiegte Hansa Rostock nach Rückstand 2:1. Ein eigener Sieg hätte zur Rettung gereicht, doch die Elf von Trainer Claus Schromm war schlicht nicht in der Lage, insgesamt elf Ausfälle wegzustecken. "Vor allem in der ersten Halbzeit hatten wir den Kopf nicht frei, aber das ist ja auch klar, wenn man sechs Spieler aus der A-Jugend dabei hat", sagte Schwabl. Neben sieben Langzeitausfällen fehlten auch Andreas Volk (Syndesmoseriss), Mario Erb (Muskelfaserriss), Markus Schwabl (eitrige Angina) und Thomas Hagn (grippaler Infekt).

Dennoch hätte es gut gehen können, Pascal Köpke vergab die größte Chance zur Führung, als er nach einem Pass von Danilo Dittrich frei vor Erfurts Torwart Philipp Klewin auftauchte (39.). Zwei Minuten später folgte der letztlich entscheidende Nackenschlag: Einen halbhohen Rückpass von Welzmüller konnte SpVgg-Torwart Yannik Oettl nicht vor der Torauslinie stoppen, den folgenden Eckball von Sascha Eichmeier bugsierte Maik Baumgarten per Kopf ins Netz.

Im zweiten Durchgang fischte Klewin einen Freistoß von Alon Abelski aus dem Winkel (67.), weitere Großchancen vergaben die beiden U19-Spieler Marco Rosenzweig, dessen Schuss der ehemalige Hachinger Luka Odak von der Linie kratzte (75.), und Michael Krabler, der einmal an Klewin (79.) und einmal am Außennetz (83.) scheiterte.

Dann war es vorbei, und die nächste Hiobsbotschaft folgte: Borussia Dortmund II hatte das Spiel bei Preußen Münster 2:1 gewonnen, wodurch Haching auf den vorletzten Platz abrutschte und auch nicht in der Liga bliebe, falls wie vermutet Zweitligaabsteiger VfR Aalen mangels finanzieller Ausstattung direkt in die Regionalliga rutschen würde. "Minimalziel war, Drittletzter zu bleiben. Nicht mal das haben wir erreicht", sagte Trainer Claus Schromm. "Das ist doppelt enttäuschend, weil vielleicht ein anderer die Lizenz nicht bekommt. Aber wir hätten erst mal selbst die Lizenz bekommen müssen."

Eine Voraussetzung dafür hatte Schwabl in der Winterpause geschaffen, indem er Andreas Voglsammer an den Zweitligisten Heidenheim abgab. "Dieser Verkauf hat uns mindestens fünf Punkte gekostet, das muss ich auf meine Kappe nehmen", sagte der Präsident. "Aber klar ist auch: Zur Gaudi habe ich das nicht gemacht." Auch wenn Schwabl den Konkurrenten, die die Klasse hielten, fair gratulierte, konnte er sich einen Seitenhieb in Richtung Hansa Rostock nicht verkneifen: "Ich hätte keine Lust, wie andere Vereine, durch Landesbürgschaften aus Steuergeldern den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten. Das kotzt mich an."

Nun gehe es darum, eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen. Kein Hachinger Spieler besitzt einen Vertrag für die Regionalliga, "fünf, sechs" aus dem aktuellen Kader sollen bleiben, so Schwabl. Das sei aber nicht nur die Entscheidung der Spieler: "Wir haben in den letzten Wochen genau beobachtet, wer hundert Prozent gegeben hat und wer nur 98."

Es ist jedenfalls nicht alles negativ, sagt der Präsident: "Entgegen allen Unkenrufen gehen wir nahezu schuldenfrei in die Regionalliga." Und mit einem Trainer, den Schwabl für die Idealbesetzung für den Wiederaufbau hält: "Dass Claus weitermacht, ist eine brutal wichtige Entscheidung." Ursprünglich war vorgesehen gewesen, Heiko Herrlich zur kommenden Saison zurückzuholen. "Ich habe mich mit Heiko getroffen und ihm erklärt, dass wir unsere Pläne geändert haben. Er ist ein echter Profi und akzeptiert das natürlich."

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: