Dritte Liga:Jenseits der Verantwortung

Lesezeit: 3 min

Prägendes Duell: Immer wieder begegnen sich Türkgücüs Sercan Sararer und Meppens Torwart Erik Domaschke. Am Ende geht der interne Wettstreit an den Münchner. (Foto: Eduard Martin/Imago Images/Jan Huebner)

Sercan Sararer läuft zu großer Form auf, seit er die Kapitänsbinde bei Türkgücü München abgeben musste. Beim 2:0-Erfolg gegen Meppen erzielt er ein Tor selbst, das andere bereitet er vor.

Von Stefan Galler, München

Serdar Dayat ist ein lockerer Typ. Der Trainer von Türkgücü München mit den langen grauen Haaren redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, manchmal flapsig, immer cool. Und doch dürfte es am 51-Jährigen durchaus genagt haben, dass er in den ersten vier Spielen als verantwortlicher Coach in der dritten Liga keinen einzigen Sieg einfahren konnte. Nach den beiden Erfolgen zuletzt im bayerischen Toto-Pokal (2:0 gegen Unterhaching, 1:0 gegen 1860 München) gelang am Ostersonntag auch in der Liga der erste Sieg: Gegen den SV Meppen setzte sich Türkgücü mit 2:0 (2:0) durch und liegt als Tabellenachter nun zehn Punkte vor dem ersten Abstiegsplatz. "Der Sieg freut mich für die Mannschaft, aber auch für mich selbst." Er sei sehr erleichtert, teilte Dayat in der Pressekonferenz nach dem Spiel mit.

Da ging es ihm deutlich besser als seinem Gegenüber. Der frühere Nationalspieler Torsten Frings tobte nach der Partie über die Niederlage seiner Meppener, denen er zwar ein "gutes Spiel" attestierte, "wir haben läuferisch und spielerisch gut gegengehalten". Was sich seine Spieler jedoch bei den beiden Gegentoren geleistet hätten, sei "katastrophal" gewesen, fand Frings: "Wir haben dem Gegner das Toreschießen durch so krasse individuelle Fehler zu leicht gemacht und uns damit selbst aus dem Spiel genommen", schimpfte der langjährige Bundesligaprofi (Werder Bremen, Borussia Dortmund, FC Bayern) und verwies auf die Tabelle, in der Meppen nur drei Punkte über dem Strich liegt und weiterhin in akuter Abstiegsgefahr schwebt: "Offenbar hat noch nicht jeder bei uns begriffen, dass es um sehr viel geht."

Zwei haarsträubende Fehler bringen Torsten Frings Meppener auf die Verliererstraße

In der Tat war es eine ausgeglichene Partie mit Vorteilen für die Gäste aus dem Emsland in der Anfangsphase. Doch dann folgten die beiden haarsträubenden Schnitzer, die den Treffern vorausgingen: Zunächst ließ sich Jeron Al-Hazaimeh links hinten den Ball von Kilian Fischer abjagen, dessen Querpass konnte Sercan Sararer in der Mitte ganz locker zum 1:0 einschieben (22.) - der damit sein zehntes Saisontor erzielte. Beim zweiten Treffer war dann Meppens Hassan Amin nicht bei der Sache. Diesmal preschte Sararer auf ihn zu, der Abpraller landete direkt vor den Füßen von Noel Niemann, und der frühere Sechziger legte das Ei aus 14 Metern ins Nest der Gäste (36.). "Super, wie Sercan auf den Gegenspieler draufgeht und den Ball erobert", sagte Niemann später bei Magentasport. "Ich habe darauf gelauert, dass der Ball irgendwie zu mir kommt, zum Glück ist er reingegangen", kommentierte der 21 Jahre alte Angreifer. Trainer Dayat erklärte in der Pressekonferenz, dass man die linke Defensivseite des SVM in der Analyse als Schwachstelle ausgemacht habe.

Sercan Sararer war der große Antreiber im Spiel von Türkgücü und an so gut wie jeder Offensivaktion beteiligt. Nach dem Verlust der Kapitänsbinde, die er zuletzt an Torwart René Vollath hatte abgeben müssen, wirkt er in seinem Eifer fast trotzig. Nach wie vor bestreitet der Verein, dass es eine Kontroverse zwischen dem ehemaligen türkischen Nationalspieler und dem Klub über seine Zukunft gegeben habe. Gerüchten zufolge will der 31-Jährige Türkgücü im Sommer verlassen, doch die Verantwortlichen hätten fest vor, die Option auf Vertragsverlängerung zu ziehen. "Es ist beeindruckend, was Sercan für den Verein bringt. Er ist hier und wir gehen davon aus, dass er auch nächste Saison noch hier ist", sagte der Sportliche Leiter Roman Plesche am Rande des Spiels am Sonntag. Eine mögliche Ablösesumme, die man bei einem Transfer kassieren könnte, habe keine Priorität: "Das Wichtigste ist das Sportliche. Wir brauchen den Erfolg", so Plesche, der einmal mehr betonte, dass der Wechsel in der Kapitänsrolle eine Entscheidung von Trainer Dayat gewesen sei. "Das ist auch für Sercan okay. Wenn er solche Tore schießt wie heute, denke ich, dass er sich wohlfühlt", führte Plesche aus.

"Fünf, sechs Punkte" brauche man noch für den Klassenerhalt. Doch eigentlich will Türkgücü weiter nach oben

Doch nicht nur die Offensive, in der Petar Sliskovic wegen erneuter Beschwerden an der verletzten Fußsohle abermals fehlte, konnte gegen Meppen überzeugen. Auch die Abwehr zeigte eine tadellose Vorstellung, ließ bis auf zwei Meppener Abschlüsse in der ersten Halbzeit durch Luka Tankulic (30.) und den früheren Türkgücü-Spieler Tom Boere (31.) in der ersten Halbzeit nichts zu. Nach dem Wechsel stärkte Türkgücü die Defensive, wollte um jeden Preis vermeiden, die Führung wie zuletzt in Duisburg (2:3 nach 2:0) noch aus der Hand zu geben. "Wir haben die Räume sehr gut zugestellt", bilanzierte Dayat, der erst kurz vor dem Schlusspfiff um das 2:0 bangen musste, als Torwart Vollath einen Schuss von Lukas Krüger abwehrte (87.).

Kurz danach war der erste Ligasieg des Trainers perfekt, er lenkte die Aufmerksamkeit sogleich aufs nächste Spiel am Samstag in Saarbrücken. Schließlich gelte es laut Roman Plesche, "noch fünf, sechs Punkte" zu holen, um mit dem Abstieg endgültig nichts mehr zu tun zu haben. Doch eigentlich plant der ambitionierte Aufsteiger ja vielmehr, sich noch nach oben zu orientieren: "Ich hoffe, wir sind am Ende da, wo wir sein sollten", sagte Dayat. Wie gewohnt cool und ein bisschen flapsig.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: