Dritte Liga:Haching hadert

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"Ich weiß auch nicht, was ich verbrochen habe": Die SpVgg Unterhaching gleicht gegen Osnabrück in Unterzahl einen Zwei-Tore-Rückstand aus. Letztlich macht die Mannschaft von Trainer Christian Ziege aber einen Fehler zu viel - und steckt nach dem 3:4 tief im Abstiegskampf

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

"Ich hoffe, Sie hatten trotzdem ein bisschen Spaß." Es waren die letzten Worte des Stadionsprechers am Samstagnachmittag, und sie wirkten wie ein übler Nachtritt angesichts der Mienen, die man auf der Unterhachinger Südtribüne und unten drunter beim Gang in die Kabine beobachten durfte. Selbst Christian Ziege, der stets stoische Trainer der SpVgg, fluchte beim Schlusspfiff - doch die Wut in seinem Gesicht wich bald einem Ausdruck der Fassungslosigkeit. Das lag wohl auch daran, dass es selbst in einer langen Profikarriere, wie Ziege sie hatte, nicht viele Partien gab, die so viel Dramatik, Emotion und gefühlte Ungerechtigkeit in so wenigen Spielminuten bündeln, wie dieses Drittliga-Spiel gegen den VfL Osnabrück. "Ich weiß auch nicht, was ich oder die Mannschaft verbrochen haben", sagte Ziege hinterher, um Fassung bemüht. Denn seine Mannschaft hatte ja nicht nur 3:4 verloren. Sie hat mittlerweile in sieben Spielen in Serie nur einen Punkt geholt und sinkt in der Tabelle immer tiefer.

Die erste Stunde ist schnell erzählt: Unterhaching hatte durch Andreas Voglsammer zwei hervorragende Möglichkeiten (2., 17. Minute), beide waren zudem sehenswert herausgespielt. Die Gastgeber hatten also einmal mehr einen starken Start in eine Partie hingelegt, wieder einmal kam zu wenig dabei rum, und wieder einmal fiel kurz darauf der Gegentreffer nach einem so genannten individuellen Fehler: Simon Kranitz vertändelte den Ball, Osnabrücks Marcel Kandziora schloss den Gegenzug erfolgreich ab (23.

). Die weiteren Chancen der Hachinger blieben ungenutzt. Den nächsten schweren Fehler in der Abwehr beging dann Sascha Herröder, der seinen Gegenspieler Stanislav Iljutcenko im Strafraum enteilen ließ - Florian Hagn konnte den gebürtigen Russen nur noch mit einem Foul vom Torschuss abhalten. Den fälligen Elfmeter zum 0:2 verwandelte der einstige Hachinger Nicolas Feldhahn (56.). Ziege reagierte, stellte auf das zu Saisonbeginn erfolgreiche 3-5-2-System um und brachte Angreifer Pascal Köpke. Der 19-Jährige traf dann auch in der 67. Minute zum Anschluss. Mit diesem 1:2 begann aus einem eher langweiligen Spiel ein unvergessliches zu werden.

Es folgten: zwei Riesenchancen zum Ausgleich (70.) und kurz danach eine rote Karte für Hachings Torwart Michael Zetterer, der Addy Waku Menga am Knöchel traf (73.). Zu dieser Notbremse hatte Zetterer Kapitän Benjamin Schwarz genötigt, der den in seinem Rücken heraneilenden Menga schlicht nicht bemerkt hatte - allerdings hatte auch kein Mitspieler Schwarz vor der Gefahr gewarnt. Die Szene war ein gutes Beispiel dafür, dass die vielen "dummen Fehler", von denen Ziege auch diesmal sprach, gar nicht so individuell sind, wie sie zunächst erscheinen mögen. Sie geschehen im Kollektiv und sie sind der unmittelbare Grund für Hachings niederschmetternde Erfolglosigkeit. In diesem Fall endete die Kettenreaktion bei Sascha Bigalke, der mit Keeper Zetterer das Feld verlassen musste. Der 21-jährige Felix Ruml rückte ins Tor und kassierte per Elfmeter das 1:3, abermals durch Feldhahn.

Ziege durfte trotzdem seiner Mannschaft auch diesmal "brutale Moral, brutale Einstellung" attestieren, denn Köpke erzielte trotz Hachinger Unterzahl zwei weitere Tore (81., 85.) zum Ausgleich. Der Jubel über das 3:3 dürfte noch auf der Theresienwiese zu hören gewesen sein. Kurz schien trotz aller Hachinger Fehler diesmal ein Gegner die tragische Figur des Spiels zu werden: Menga hatte in der 78. Minute nämlich Fabian Götze angeschossen, als Keeper Ruml schon geschlagen war und zwei Mitspieler auf einen Querpass warteten. Doch nach der 89. Minute kam Menga für die Rolle des Pechvogels nicht mehr in Frage: Er traf volley ins Netz und konnte danach vor Freude minutenlang nicht aufstehen. "Viele Niederlagen kann man erklären. Das, was heute passiert ist, nicht", fand Abwehrspieler Markus Schwabl, der Menga beim 3:4 zu viel Platz gelassen hatte und dann den Schiedsrichter für seine rote Karte vor dem 1:3 kritisierte: Als Zetterer foulte, habe er die Situation bereits geklärt. Aus Schwabls Sicht war der Keeper also weder letzter Mann gewesen, noch hatte er eine Torchance verhindert.

Der dreimalige Torschütze Köpke dagegen fand schnell rationale Worte. "Das 3:3 war geil, überragend. Dass wir dann das 3:4 bekommen, war natürlich umso bitterer. Aber das ist Vergangenheit. Wir müssen uns jetzt auf Dortmund konzentrieren." Der nächste Gegner, Borussia Dortmund II, ist Drittletzter der Tabelle. Köpke wollte damit wohl klarmachen, dass für die SpVgg Unterhaching nun endgültig der Abstiegskampf begonnen hat.

© SZ vom 29.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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