Deutsche Eishockey Liga:Von Torhütern und Türstehern

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Bereit für den neunten DEL-Titel: EHC-Chefcoach und „Trainer des Jahres“ Don Jackson. (Foto: M. Engelbrecht/imago)

In der Neuauflage der Endspielserie 2018 trifft Titelverteidiger München im Viertelfinale auf DEL-Rekordmeister Berlin. Ein Zwischenzeugnis nach 52 Hauptrundenspielen.

Von Christian Bernhard und Johannes Schnitzler

Das Finale der vergangenen Saison findet in diesem Jahr einfach zwei Runden früher statt: Titelverteidiger EHC Red Bull München trifft im Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) auf Rekordmeister Eisbären Berlin, der sich nach durchwachsener Saison in den Pre-Playoffs souverän gegen Straubing durchsetzte. Alle vier Punktspiele in dieser Hauptrunde gingen an den EHC, der auch beide Playoff-Duelle bislang gewann: 2017 setzte sich das Team von Don Jackson im Halbfinale mit 4:1 Siegen in der Best-of-seven-Serie durch, 2018 im Finale mit 4:3. EHC-Kapitän Michael Wolf warnt dennoch: "Berlin hatte sicherlich keine perfekte Saison, was auch ihrem Verletzungspech geschuldet war. Inzwischen sind aber viele angeschlagene Spieler zurück, deshalb müssen wir von Anfang an richtig Gas geben." Den Anfang machen beide Teams an diesem Mittwoch, 19.30 Uhr, in der Olympia-Eishalle. Der EHC geht mit folgender Aufstellung an den Start:

Tor

Danny aus den Birken: "Spieler des Jahres", "Torwart des Jahres" - mehr muss man nicht sagen über den 34-jährigen gebürtigen Düsseldorfer, der sich nach Meinung vieler Experten von Jahr zu Jahr steigert. Wurde ganz gegen seine Gewohnheit "ein bisschen schwitzig", als bei seiner Ehrung am Samstag der ehemalige Nationalkeeper Helmut de Raaf die Bühne betrat: "Das war eine tolle Laudatio von Helmut, das hat mir viel bedeutet", sagte Aus den Birken. "Er war immer mein Idol." Mehr noch: "Als ich mit 15 Jahren von zu Hause weg bin nach Mannheim, hat er als mein Trainer ein bisschen die Vaterrolle übernommen." Jetzt kann Aus den Birken mit seinem Idol gleichziehen: De Raaf gewann von 1990 bis 1993 mit der Düsseldorfer EG in der Bundesliga vier Titel in Serie.

Kevin Reich: Die Nummer zwei hatte keinen guten Saisonstart, Tiefpunkt waren acht Gegentore in Iserlohn. Fing sich aber, je länger die Spielzeit wurde.

Abwehr

Keith Aulie: Übernahm von Steve Pinizzotto den Job als Türsteher. Tat das nicht für sein Ego, sondern für die Mannschaft. Imposante Physis und imposante +25 in der Plus-Minus-Bilanz. Kurz: Wenn Aulie auf dem Eis ist, kommen Gegentore nicht rein.

Konrad Abeltshauser: Der 1,95-Meter-Verteidiger kann entwaffnend Bairisch reden. Entwaffnet Gegenspieler boarisch zupackend. +23 in der Plus-Minus-Bilanz.

Yannic Seidenberg: Circa einen Meter kleiner als Abeltshauser. Justierte in den letzten Wochen aber sein Visier und kam so noch auf zehn Tore. Mit 27 Punkten bester offensiver Abwehrspieler beim EHC. Dass der 35-Jährige erst seine dritte Saison als Verteidiger spielt? Wenn es ihn nicht stört.

Derek Joslin: Schoss zusammen mit Seidenberg am häufigsten aufs Tor (131 Mal) und stand pro Spiel länger auf dem Eis als jeder andere Feldspieler (18:51 Minuten). Scorte weniger als in den Jahren zuvor (15 Punkte), aber wichtiger Stabilisator.

Ryan Button: Wurde zwischenzeitlich zum Stürmer umfunktioniert und machte seine Sache überraschend gut. In seiner angestammten Rolle als Verteidiger verlässlicher als im vergangenen Jahr.

Daryl Boyle: Mr. Unauffällig. Der Nationalspieler ist offensiv nicht mehr so bestimmend wie früher, was unter anderem an veränderten Überzahl-Formationen liegt. Macht im Vergleich zu manchem Teamkollegen aber auch deutlich weniger Fehler.

Andrew Bodnarchuk: War fast immer dabei (50 Einsätze), stach aber kaum hervor, was nicht an seiner Körpergröße von bescheidenen 1,80 Meter lag. Läuferisch gut.

Emil Quaas: Lehrjahre sind Wanderjahre für den 22-jährigen gebürtigen Berliner. Kam diese Saison in der DEL (13 Spiele, ein Tor, vier Vorlagen), in der Champions League (8/0/0) und für Kooperationspartner SC Riessersee in der Oberliga (28/10/20) zum Einsatz. Gaudibursch mit seriöser Arbeitseinstellung.

Angriff

Jason Jaffray: Stand öfter im Anzug neben dem Eis als auf Schlittschuhen. Eine Hüftverletzung zwang den 37-Jährigen zu mehreren Monaten Pause. Nach einem kurzen Comeback muss sich der Kanadier einer Operation unterziehen. Saisonende.

Michael Wolf: Musste mit 37 die längste Verletzungspause seiner Karriere einlegen. Hat mit 38 trotzdem nichts an Spielintelligenz, Antritt und Abschlussstärke eingebüßt. Verlor bei der Verabschiedung vor seinem 699. und letzten Hauptrundenspiel den Kampf gegen die Tränen. Liegt im ewigen Torjägerduell mit Nürnbergs Patrick Reimer Kopf an Kopf (336:336). Der Leit-Wolf wird dem EHC fehlen.

Patrick Hager: Auch der Nationalspieler war verletzt. Kam deshalb nur auf sechs Tore, aber 82 Strafminuten. Löste mit einem Foul an Straubings Eriksson heftige Diskussionen aus. Sagt: "Eishockey ist ein Kontaktsport. Ich gehe nicht raus, um jemanden zu verletzen. Aber um hart zu spielen." Spielte bisweilen überhart.

Jakob Mayenschein: Der 21-Jährige hat diese Saison an der Patrick-Hager-Uni im Fach "Gift und Galle" graduiert. Sonst als Paarlauf-Duo mit Quaas Einsätze in der DEL (35/2/8), Champions League (13/2/0) und Oberliga (7/4/4). Erzielte gegen Malmö in der letzen Sekunde das Siegtor.

Yasin Ehliz: Der Tölzer hatte nach seinem missglückten NHL-Abstecher Anlaufschwierigkeiten. Wirkte nach dem Wechsel aus Nürnberg via Calgary und Stockton verunsichert. Drehte dann aber auf (zehn Tore) und profitierte von seinen erfahrenen Linienpartnern Hager und Wolf.

Trevor Parkes: Champions-League-MVP. Hatte mit neun Toren in neun Spielen großen Anteil daran, dass der EHC als erstes deutsches Team im CHL-Finale stand. Beeindruckende Statur, imposante Wucht. Zwölf Tore in 41 DEL-Einsätzen sind für den Zugang aus Augsburg ausbaufähig.

Frank Mauer: Teil der gefürchteten Münchner Unterzahl-Spezialeinheit. Auch mit 30 pfeilschnell und torgefährlich (15 Saisontreffer, persönlicher Bestwert). Bildete lange mit Mark Voakes und Maximilian Kastner eine harmonierende Reihe.

Mark Voakes: Hat laut anatomisch nicht bestätigten Aussagen mehrerer Teamkollegen Augen im Hinterkopf. Ist damit der legitime Nachfolger von Keith Aucoin und Dominik Kahun als Spielmacher. Fünf seiner zwölf Treffer waren entscheidend - EHC-Spitzenwert.

Maximilian Kastner: Durchstarter. Machte bis zu seiner Verletzung im Januar den Schritt von der fleißigen Arbeitsbiene zum verlässlichen Scorer (fünf Powerplaytore), ohne seine Malocher-Qualitäten zu verlieren (+24). Wird zum Auftakt gegen Berlin wohl passen müssen, könnte aber in der Serie noch zum Einsatz kommen.

Andreas Eder: Zweiter Aufsteiger. Sein harter Schuss fand elf Mal den Weg ins Tor, davon allein drei Mal gegen Berlin. Legte auch körperlich zu und bestritt alle 52 Hauptrundenspiele.

Tobias Eder: Der jüngere und von einigen Beobachtern als noch talentierter eingestufte Eder kam auf 27 Einsätze, oft an der Seite von Bruder Andreas. Sammelte dank seines Spielverständnisses zehn Scorerpunkte, was ihn Gerüchten zufolge für einen Wechsel nach Düsseldorf empfahl.

Maximilian Daubner: Einer der jungen Wilden, 21, der die Chance ergriff, als mehrere Stürmer verletzt waren. Hat keine Angst und verschaffte sich mit sieben Toren in 29 Spielen Respekt.

Matt Stajan: Der NHL-Veteran (1003 Spiele) stand im Schnitt länger als jeder andere EHC-Stürmer auf dem Eis (18:11 Minuten). Überzahl, Unterzahl, Fünf gegen Fünf: Jackson vertraut dem 35-Jährigen, der mit 13 Toren intern die Nummer zwei war. Tempo gehört nicht zu seinen Stärken.

John Mitchell: Verpasste neun DEL-Spiele verletzt, sicherte sich mit 38 Scorerpunkten trotzdem den roten Helm des EHC-Topscorers. Sehr guter Bully-Spieler und kaum von der Scheibe zu trennen.

Justin Shugg: Für die Eisbären gefährlicher als der Klimawandel. Schoss ein Drittel seiner neun Saisontreffer gegen Berlin. Seine 23 Vorlagen wurden teamintern nur von Mitchell und Voakes (je 25) getoppt. Erweckt zuweilen den Eindruck, als ginge er auf Teddybärenjagd. Soll heißen: schöpft sein Potenzial nicht immer aus.

Mads Christensen: War dreimal Meister mit Berlin und dreimal mit München. Unermüdlicher Kämpfer, aber nicht unverwundbar: Musste von allen EHC-Profis diese Saison am längsten zuschauen. Auch sein Einsatz im Viertelfinale ist fraglich. Trainierte am Montag mit dem roten Trikot des Rekonvaleszenten, die Entscheidung fällt "von Tag zu Tag".

Trainer

Don Jackson: "Trainer des Jahres", endlich. Mehr muss man über den 62-jährigen DEL-Rekord-Trainer (acht Titel) eigentlich nicht sagen. Außer: "Ohne meine anderen Coaches und die Spieler wäre das nicht möglich. Ich bin stolz auf sie." Sagt mehr über Jackson als jede Laudatio.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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