Deutsche Eishockey Liga:Spannung im Netz

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Die Aussprache trägt Früchte: Nach dem Konzentrationsloch in Straubing zeigt der EHC München gegen Meister Mannheim seine beste Saisonleistung. Trainer Jackson ist zufrieden, trotzdem sind nicht alle glücklich

Von Christian Bernhard, München

Jeremy Dehner stand da und war glücklich, daran konnten auch die frischen Spuren der Auseinandersetzung in seinem Gesicht nichts ändern. Zwei sich kreuzende Pflaster oberhalb seiner Nase und eine leicht blutige Stirn verrieten: Hinter Dehner und seinen Mannschaftskollegen lagen 60 intensive und emotionale Minuten. Schrammen hin oder her, der Ertrag dieser Stunde Arbeit zauberte dem Verteidiger des EHC München ein Lächeln ins Gesicht. 5:2 hatte der EHC am Sonntag die Adler Mannheim in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) geschlagen, Dehner hatte dabei nicht nur sehenswert das statistisch gesehen spielentscheidende Tor zum 3:2 erzielt, sondern sich kurz vor Schluss auch noch eine Faustkampfeinlage mit Jamie Tardif geliefert. Eine ungewöhnliche Aktion für den mit 1,76 Metern zweitkleinsten Spieler des EHC, der wenig überraschend erklärte, seine letzte Boxeinlage auf dem Eis sei schon lange her.

In der emotional aufgeladenen Partie gegen den Meister und Tabellenführer, der mit acht Siegen in Serie nach München gekommen war, musste aber auch das sein. Das laut EHC-Trainer Don Jackson "harte Meeting" am Samstag, welches er nach der 1:2-Enttäuschung in Straubing tags zuvor einberufen hatte, trug Früchte. Jackson zeigte sich am Sonntag "sehr zufrieden": Abwehr, Unterzahlspiel, Powerplay, Torhüterleistung - "alles" habe geklappt: "Heute haben die Jungs gezeigt, zu was sie imstande sind." Für Dehner war es schlicht "unser bestes Spiel der Saison".

Die nach Heimsiegen üblichen Feierlichkeiten mit den Fans durfte Danny aus den Birken einleiten. Der Torhüter hatte bei seinem Comeback nach dreiwöchiger Verletzungspause eine starke Leistung gezeigt - speziell zu Beginn des Schlussdrittels, als er die Alleingänge von Christoph Ullmann und Martin Buchwieser vereitelte und dem EHC den Zwei-Tore-Vorsprung bewahrte, ehe Dominik Kahun mit dem 5:2 (48.) alles klar machte. Dennoch war aus den Birken nicht wirklich bester Laune, was nicht daran gelegen haben dürfte, dass 1200 per Sonderzug angereiste Mannheimer Fans seine Vorsänger-Künste mit einem Pfeifkonzert übertönten. Womöglich ist es die Verpflichtung von David Leggio, die ihn beschäftigt. Der Torhüter aus den USA wurde just geholt, als aus den Birken verletzt ausgefallen war. Jetzt hat der EHC zwei Torhüter auf Augenhöhe, nicht mehr eine klare Nummer eins und eine Nummer zwei wie zuvor in aus den Birken und Lukas Lang. So sei das Geschäft eben, sagt aus den Birken, "es ist gut für die Mannschaft, dass wir zwei gute Torhüter haben". Der ehemalige Kölner, der Leggio "den Kollegen" nennt, erklärte: "Alles ist gut, wie es ist." Mimik und Wortwahl wollten in diesem Moment indes nicht zusammenzupassen. Aus den Birken ist es gewohnt, die Nummer eins zu sein; in seinen letzten vier Spielzeiten in Köln hat er immer mindestens 35 Hauptrundenspiele bestritten - in der vergangenen Saison waren es sogar 51.

Nachdem die Kölner im Frühjahr die Verpflichtung des Schweden Gustaf Wesslau bekanntgegeben hatten, löste aus den Birken seinen Vertrag auf und wechselte nach München. Laut Kölns Trainer Niklas Sundblad habe aus den Birken sich zu dem Wechsel entschlossen, Sundblad hätte gerne zwei starke Torhüter in seinem Kader gehabt. Nun muss sich aus den Birken in München auf die für ihn neue Situation einstellen. "Wir wollen, dass beide (Torhüter) spielen", erklärte Jackson am Sonntag und kündigte an, diese Vorgehensweise "eine Weile" beibehalten zu wollen. Jackson hatte dieses Modell bereits in der vergangenen Saison angewandt, damals wurden Niklas Treutle und Florian Hardy abwechselnd eingesetzt, um sich gegenseitig anzutreiben. Jacksons Plan: Kein Torhüter soll sich sicher sein, im nächsten Spiel im Tor zu stehen, beide sollen jederzeit bereit sein. Auch in der aktuellen Spielzeit hatte der EHC-Trainer diese Vorgehensweise im Kopf, erst das Nordamerika-Angebot, das Treutle im August bekam und annahm, durchkreuzte diese Pläne und führte dazu, dass aus den Birken in den ersten Monaten die unumstrittene Nummer eins war.

"Kollege" und Konkurrent: Danny aus den Birken (nach dem 5:2 gegen Mannheim) kämpft mit Zugang David Leggio um den Stammplatz im Tor. (Foto: Foto2Press/Imago)

Am Freitag steht für den EHC das nächste Top-Spiel zu Hause an, dann gastieren die Kölner Haie in der Olympia-Eishalle. Bis vor wenigen Wochen hätte es keine Diskussionen gegeben, wer dann im Münchner Tor stehen würde. Nun aber wird sich aus den Birken trotz der starken Vorstellung gegen den Tabellenführer die ganze Woche gedulden müssen, bis er erfährt, ob er gegen jenen Verein, für den er in den letzten fünf DEL-Spielzeiten das Tor gehütet hat, wieder zwischen die Pfosten darf.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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